Kapitel 1

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Piper gähnte und öffnete langsam ihre Augen. Sie brauchte einen Moment, bis sie völlig im hier und jetzt angekommen war, dann warf sie einen Blick auf ihr Handy, welches neben ihr auf dem Nachttisch lag. Das Display zeigte 08:05 an. „Fuck!", murmelte Piper. Sie hatte doch tatsächlich ihre Schicht verpasst. Und das auch noch, obwohl sie gerade in Probezeit bei Starbucks arbeitete. Sie konnte es sich nicht leisten, diesen Job zu verlieren.

Piper schnellte abrupt hoch, wobei sie sich beinahe den Kopf an der Dachschräge ihrer kleinen Wohnung anstieß. Das brachte in ihr ein deja-vu hoch. Sie lächelte bei dem Gedanken an damals, als sie Alex zum ersten Mal im Hochsicherheitsgefängnis gesehen hatte. Dort war sie auch ziemlich hart mit dem Kopf an ihr Hochbett gestoßen, hatte den Schmerz jedoch kaum bemerkt. Alle ihre Sinne waren auf den Menschen fokussiert, den sie am meisten liebte, alles andere war nur Hintergrund gewesen. Piper zwang sich selbst zurück in die Realität. Eilig steifte sie das erstbeste Sweatshirt über, schlüpfte in ein Paar Skinny-Jeans und griff nach den Schlüsseln ihres Autos. Sie stürmte aus der Wohnung und wäre beinahe in einen Passanten gekracht, welcher sie daraufhin genervt anschnaubte. „Passen Sie auf, wo sie hinlaufen!", spie er ihr hinterher, doch Piper hörte nicht zu. In Rekordgeschwindigkeit fuhr sie zu ihrer Arbeitsstätte, wo ein etwas säuerlich aussehender Chef sie schon erwartete.
„Chapman! Sie sind fünfzehn Minuten zu spät! Das können Sie sich nicht noch einmal erlauben, denken Sie an Ihre Probezeit!", bellte er. „Ich weiß und es tut mir aufrichtig leid, Sir. ich habe mich noch nicht an das Arbeiten in Schichten gewöhnt." Das war teilweise eine Lüge. Der eigentliche Grund ihrer Verspätung war, dass sie die halbe Nacht wachgelegen war, unfähig zu schlafen und in Gedanken ganz bei ihrer Alex und dem Fakt, dass sie diese vielleicht bald wieder sehen könne. Richtig sehen, nicht nur durch eine Glasscheibe oder über eine Theke hinweg. Pipers Chef schien ihre halbherzige Entschuldigung zu akzeptieren und machte mit einem vorwurfsvollen Blick den Weg in die Küche frei. Piper band sich ihre Schürze um und begann, zu arbeiten. Es war nicht gerade ihr Traumjob, doch es war etwas festes und sie war endlich selbstständig und mit sich selbst im Reinen.

Um 12:30 Uhr hatte sie endlich ihre Mittagspause, auf welche sie sich schon den ganzen Morgen gefreut hatte. Flink griff sie in ihre Tasche und holte ihr Telefon heraus, bevor sie sich im Hinterhof an eine Wand lehnte und die Sekunden herunterzählte. Um exakt halb eins begann ihr Handy zu klingeln. „Eine Insassin aus dem Hochsicherheitsgefängnis Ohio versucht, Sie zu erreichen. Um-„ Piper unterbrach die mechanische Ansage, indem sie eilig die 1 drückte. Eine allzu bekannte Stimme, die Stimme, die sie am liebsten auf der Welt hörte schallte durch den Lautsprecher. „Hey, Pipes."

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