Kapitel 5

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Alex rieb sich schlaftrunken die Augen. Es dauerte einen Moment bis sie bemerkte, dass sie nicht etwa in einem ungemütlichen Gefängnis-Hochbett lag, sondern auf dem Sofa in Pipers Wohnung. Unwillkürlich musste sie lächeln. Alex drehte sich um und reichte herüber, um ihre Verlobte in die Arme zu schließen, griff jedoch nur nach Luft. Verwundert setzte sich Alex auf und hielt Ausschau nach Piper, bis sie schließlich eine Stimme aus dem Schlafzimmer hörte. Piper schien mit irgendjemandem zu telefonieren und obwohl Alex durch die Tür kein Wort verstehen konnte, hörte sie den aufgebrachten Unterton in Pipers Stimme heraus. Mit wem redete sie? Alex stand auf und machte sich auf den Weg ins Bad, anschließend entschied sie, die Küche zu begutachten und für Piper und sich selbst Frühstück zu machen. Im Kühlschrank fand sie eine Schachtel Eier und so suchte sie nach einer Pfanne, um Rühreier zu machen. Die Eier waren schnell fertig und sie warm am besten schmeckten, wollte Alex Piper bescheid sagen. Sie war kurz davor, an die Tür des Schlafzimmers zu klopfen als sie etwas hörte, das ihr Herz still stehen ließ.

Sie vernahm, wie Piper mit einem besorgten Unterton in der Stimme murmelte: „Ich weiß, du hast recht. Aber ich will es ihr jetzt noch nicht sagen. Sie war gestern so glücklich und arglos und ich will das jetzt nicht kaputt machen. Ich meine, das Ganze ist ja noch gar nicht sicher, lass mir bitte etwas Zeit."
Alex hatte die ganze Zeit die Luft angehalten, bedacht kein Wort zu verpassen. Was meinte Piper nur? Was sollte sie nicht erfahren? Und mit wem sprach Piper da überhaupt? Gedanken wirbelten in Alex' Kopf herum, unmöglich zu besänftigen. Alex ließ sich aufs Sofa fallen, die Eier hatte sie längst vergessen. Sie nahm ihre Brille ab und fuhr sich durchs Haar, grübelnd über all die Fragen , die in ihr aufkamen. Gedanken wurden wirr, sie konnte sich einfach keinen Reim auf all dies machen. Doch! Plötzlich machte es klick. Piper wollte Schluss mit ihr machen. Sie hatte genug von ihr, wie Alex es immer befürchtet hatte und fand jetzt nicht den Mut, es ihr zu sagen. Das war in dem Moment das einzige für Alex logisch erscheinende und sie begann sich in diesem Gedanken zu verrennen, sich selbst runter zu machen. Natürlich, wie sollte es auch anders sein? Alex hatte immer gewusst, dass sie nicht genug war. Nicht damals in Paris und auch nicht heute. Was hatte sie schon zu bieten? Zu Zeiten des Drogenhandels besaß sie wenigstens noch Geld und konnte Piper die Welt zeigen, aber was war aus ihr geworden? Ein jämmerlicher, bemitleidenswerter Häftling, der Piper absolut gar nichts bieten konnte, sie nicht einmal auf die Art lieben konnte, wie sie es eigentlich wollte. Tränen stiegen ihr in die Augen, doch sie biss sich auf die Lippe und nahm sich vor, sich zusammenzureißen. Sie durfte jetzt nicht weinen. Sie musste es Piper so leicht machen wie möglich, sonst würde sie sich nie richtig öffnen. Und was Alex noch viel schlimmer fand als von Piper verlassen zu werden, war wenn Piper ihre Beziehung erzwingen musste und nicht glücklich war. Sie nahm es ihr nicht einmal übel, sie sah sich selbst als Gewicht, das Piper immer hinter sich herumschleppen musste und dass sie nun endlich loswerden wollte. All dies und viel schlimmeres dachte sich Alex, während Piper immer noch am telefonieren war.

Schließlich öffnete sich die Tür des Schlafzimmers und Piper trat ein. „Guten Morgen, baby!", sagte sie lächelnd, nicht ahnend was in Alex' Kopf gerade vor sich ging. Alex brachte immerhin ein halbherziges, etwas angespanntes Lächeln zustande. Sie zeigte auf die mittlerweile erkalteten Eier und sagte ein wenig steif: „Schau, ich hab uns Frühstück gemacht." Piper freute sich sehr darüber, immer noch vollkommen ahnungslos. „Awww, das ist so nett von dir! Aber es tut mir echt leid, wir haben jetzt gerade keine Zeit für Frühstück. Schnell, zieh dir irgendwas über, ich warte schonmal im Auto.", erwiderte sie. Während sie den Raum verließ, rief sie noch: „Ich erklär dir alles später!" Das war das letzte, was Alex in dieser Situation erwartet hatte. Aber sie war so verwundert, dass sie ohne Beschwerden tat wie ihr befohlen und dann zu Piper ins Auto stieg.

Obwohl Piper versprochen hatte alles zu erklären, blieb sie während der ganzen Fahr still. Irgendwann reichte es Alex. Als sie an der nächsten Ampel anhielten, fragte sie: „Jetzt rück endlich raus mit der Sprache! Wo fahren wir hin? Und mit wem hast du da vorhin telefoniert?" Sie war kurz davor zu erwähnen, dass sie einen Teil der Konversation mitgehört hatte, entschied sich dann aber doch dagegen. Sie wollte nicht ein verrückter Stalker wirken. Piper seufzte tief und antwortete: „Hör zu, Alex. Ich verstehe, dass du viele Fragen hast." Es entstand eine Pause, bis sie fortfuhr. „Weißt du, es gibt da etwas, mit dem ich mich in letzter Zeit viel beschäftigt habe. Ich habe dir nur noch nichts erzählt, weil ich dich nicht enttäuschen will. Ich kenne dich, du machst dir immer viel zu viele Sorgen und überdenkst alles dreimal." Sie wollte weitersprechen, doch Alex unterbrach sie. Für sie war der Fall nun endgültig klar. Ihre Vermutung war richtig gewesen und jetzt hatte Piper Schwierigkeiten es ihr zu erzählen, genau wie Alex es vorausgesagt hatte. „Nein, hör auf dich zu erklären. Ich verstehe es, für mich wäre es auch nicht leicht, dich einfach zu abservieren. Das ist es nämlich, hab ich recht? Du machst Schluss." Alex merkte, wie ihre Stimme brüchig wurde und hörte sofort auf zu reden. Sie wollte vor Piper jetzt keine Schwäche zeigen. Trotzdem stiegen ihr Tränen in die Augen und sie merkte, dass ihre Fassade zu bröckeln begonnen hatte. Alex geriet in Panik. Piper wiederum hatte die ganze Zeit vollkommen star dagesessen. Sie hatte ein paar mal den Mund geöffnet um etwas zu sagen, ihr fielen aber nicht die richtigen Worte ein. Noch bevor sie irgendwie reagiert hatte, schniefte Alex leise und ergänzte dann: „Mach dir keine Sorgen, den Weg zurück ins Gefängnis find ich schon selbst." Mit diesen Worten verließ sie das Auto und knallte die Tür hinter sich zu, eine fassungslose Piper hinterlassend. Sie hatte keinen Schimmer, wo sie sich gerade befand, also lief sie einfach mit großen Schritten weg. Weg von dem Auto, weg von Piper, weg von allem. Nun rannten die Tränen in Strömen Alex's Wangen hinunter, sie versuchte nicht einmal mehr, sich zusammenzureißen. Ihre Brille beschlug und die Umgebung um sie herum verschwamm ganz. So stolperte Alex herum, ziellos und halb blind, bis sie plötzlich spürte, wie ein fremdes Gewicht sie umstieß. Sie wurde gegen eine Wand gedrückt und erst jetzt erkannte sie, dass Piper das fremde Gewicht war. Auch ihr Gesicht war tränenüberströmt. Sie packte Alex an den Schultern, schüttelte sie grob und schrie: „Du Vollidiot!", bevor sich ihre Lippen auf Alex's pressten. Sie drückte sich fest gegen die etwas größere Frau, versuchte so viel Kontakt wie möglich herzustellen. Alex war vollkommen überrumpelt, wehrte sich jedoch kein bisschen. Schließlich lösten sich ihre Lippen wieder voneinander. „Ist das Beweis genug?", brachte Piper unter Tränen hervor. „Alex, wieso zur Hölle denkst du sowas? Nichts auf der Welt ist mir wichtiger als du und ich werde dich nie, nie wieder verlassen. Ich liebe dich, hörst du?" Wieder wurde Alex geschüttelt, dieses Mal jedoch sanfter. „Ich liebe dich! Ich liebe dich, ich liebe dich, ich liebe dich! Und ich werde es dir so oft sagen, bis du es endlich verstehst. Bitte Alex, wir haben so viel gemeinsam durchgemacht." Pipers Worte brachten Alex's Fassaden nun endgültig zum Einsturz. Zitternd brach sie in Pipers Armen zusammen. „Aber Pipes, ich dachte... Es erschien alles so logisch...", murmelte sie schluchzend in Pipers Schulter. „Shhhh... Beruhig dich, Al. Alles ist in gut. Atme tief ein.", besänftigte Piper sie, während sie mit einer Hand sanft Alex's Rücken streichelte und ihr mit der anderen zärtlich durch die Haare fuhr. So verblieben sie, bis Alex sich halbwegs beruhigt hatte. Dann führte Piper sie zurück zum Auto und half ihr beim einsteigen. Nachdem sie selbst auch im Fahrersitz saß, räusperte sie sich und begann zu erzählen. „Du willst wissen, wo wir hinfahren? Na ja, lange Geschichte. Wo soll ich anfangen?"

Hey! Ich hoffe, dir gefällt meine Fanfiction bisher und möchte dir erstmal danken, dass du schon so weit gelesen hast. Ich freue mich immer über Feedback, egal welcher Art, also schreib gerne einen Kommentar. Außerdem Entschuldigung im Voraus, wenn die Kapitel nicht regelmäßig kommen, ich habe nicht immer Zeit (oder genug Motivation), um weiter zu schreiben. Es geht aber auf jeden Fall weiter, versprochen!

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⏰ Letzte Aktualisierung: Feb 12, 2021 ⏰

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