Kapitel 4

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Piper hatte die Selbstkontrolle verloren. Den ganzen Tag hatte sie hier auf Alex gewartet, jede Stunde kam ihr vor wie ein Jahrzehnt. Und nun war sie da. Piper hatte nichts davon geplant, aber als sie die Liebe ihres Lebens vor ihr stehen sah, konnte sie sich nicht mehr beherrschen. Sie riss Alex regelrecht zu sich herüber und presste ihre Lippen auf Alex's Mund. Auf diesen Moment hatten beide eine Ewigkeit gewartet, um ihn jetzt nur umso mehr zu genießen. Noch nie hatten die Beiden so geküsst, noch nie hatte so viel in einem ihrer Küsse gesteckt. Verlangen, Freude, Leidenschaft, Vereinigung  und vor allem Liebe, eine überwältigende Liebe steckte in ihm und die beiden lösten sich für eine Ewigkeit nicht, bis Alex irgendwann den Kuss unterbrach um Luft zu holen.
Dann zog sie Piper in eine feste Umarmung, welche die etwas kleinere Frau sofort erwiderte und vergrub ihren Kopf in Pipers Nacken. Es fühlte sich unbeschreiblich gut an, Piper zu berühren, ihre weiche Haut auf der eigenen zu spüren, dass Alex vollkommen in dem Moment versank. Alles um sie herum verschwamm, wurde zum Hintergrund und es ab nur noch Piper und sie. „Pipes.", seufzte sie. „Pipes, was ist hier los? Warum- warum bin ich hier? Warum bist du hier?" So langsam kehrte die Vernunft zu ihr zurück. Piper lächelte, Tränen der Freude in den Augen. Auch sie genoss dies mehr als alles andere auf der Welt. Sie vergrub ihre Hand in Alex's rabenschwarzem Haar und blickte ihr tief in die smaragdgrün funkelnden Augen, bevor sie sagte: „Du hast Hafturlaub. Ich habe dir Hafturlaub organisiert. Die nächsten zwei Tage gehörst du mir allein." Es dauerte ein wenig, bis Alex verstand was sie da gerade gehört hatte. „Piper! Wie um Himmels Willen hast du-?", aber Piper unterbrach sie mit einem weiteren Kuss und Alex gab sofort nach.Nach einer weiteren Minute intensiven Küssens nahm Piper Alex bei der Hand. „Los, lass uns von hier verschwinden bevor sie es sich anders überlegen", zwinkerte sie und zog Alex zu ihrem Auto. Sie fuhren zu Pipers Wohnung, welche nicht allzu weit von der Anstalt entfernt lag. „Willkommen in meinem trauten Heim!", sagte Piper schmunzelnd und führte Alex in das kleine Wohnzimmer. „Auf dem Bett liegen ein paar Klamotten und vielleicht willst du duschen gehen?" Alex nickte dankbar, sie wollte so schnell wie möglich diese Gefängnis-Garnitur loswerden. Obwohl sie heute früh schon geduscht hatte, genoss sie den Luxus von unbeschränkt warmem Wasser, nach Rosen riechendem Duschgel und Handtüchern, die sich nicht wie Tapete anfühlten sehr und verbrachte mindestens doppelt so viel Zeit unter der Dusche, wie notwendig gewesen wäre. Sie begann zu verstehen, warum Piper Bäder und Duschen so schätzte.

Nachdem Alex sich die auf dem Bett bereitgelegten Klamotten (eine gemütliche Hose und eines von Pipers T-Shirts) übergestreift hatte, warf sie einen Blick ins Wohnzimmer, wo Piper schon einiges vorbereitet hatte. Auf dem Fernseher lief irgendein Film, auf dem Tisch standen Schälchen mit verschiedensten Snacks und Naschereien und Piper war gerade dabei, eine Flasche Wein aus dem Kühlschrank zu holen. Außerdem war ein herrlicher Duft aus dem Backofen zu vernehmen. Alex's Augen wurden groß. „Pipes! Das hast du alles vorbereitet? Das hättest du doch nicht machen müssen!" Piper schüttelte den Kopf. „Aber klar doch. Meine Verlobte kommt gerade aus dem Gefängnis, wo es nur ekelhaften Brei und Leitungswasser gibt. Und jetzt sei leise und lass dich verwöhnen." Mit diesen Worten drückte sie Alex behutsam auf die Couch, warf ihr eine Decke über und flitzte zurück in die Küche wo sie ein Blech mit dampfender Pizza aus dem Ofen holte. Die Pizza auf einer Hand balancierend tänzelte sie zurück zu Alex, wo sie die Pizza abstellte und sofort zu ihrer Verlobten unter die Decke kroch. Sofort schmiegte Alex sich an den warmen Körper, suchte so viel Kontakt wie möglich. Wie sie das vermisst hatte! Im Gefängnis hätten sie dafür womöglich beide in Einzelhaft gemusst. Alex verwarf den Gedanken vom Gefängnis und schob ihn so weit weg wie möglich, sie wollte sich auf das wunderbare hier und jetzt konzentrieren. Auch Piper genoss das hier mit allen Sinnen. Ihr Körper hatte sich sehr nach Berührung gesehnt, er war vereinsamt geworden und erst jetzt bemerkte Piper, wie allein sie gewesen war. Sie blieben den ganzen Abend so, wechselten kaum ein Wort miteinander. Doch das war nicht nötig. Alles was die beiden gerade brauchten war das Gegenüber, ihre Körper kommunizierten ohne Wörter. So schliefen sie irgendwann ein, Arme und Beine ineinander verwirrt, verschmolzen zu einem Wesen. Endlich wieder vereint.

Mitten in der Nacht wachte Piper noch einmal auf, sie musste aufs Klo. Behutsam löste sie sich von Alex, ganz langsam damit sie nicht aufwachte. Piper war schon am Türrahmen des Zimmers angelangt, da hörte sie ein Geräusch von dem Sofa. Alex sprach im Schlaf. Sie murmelte: „Pipes... Piper verlass mich nicht... nicht wieder..." Obwohl das bei Piper ein schmerzliches Ziehen im Bauch und die Erinnerungen an furchtbare Zeiten auslöste, musste sie lächeln. Auch wenn Alex sie nicht hören konnte, flüsterte sie zärtlich: „Nie wieder. Nie wieder Alex, ich verspreche es dir."

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