Kapitel 5.1 - Versprochen ist versprochen

116 30 179
                                    

(Bild: Zac in Menschengestalt by KareiKite)


62. Jir'Lore, 2145 n.n.O

"Komm rein, die Tür ist offen!"

Varon. Seine Stimme tatsächlich mit den Ohren und nicht nur in meinem Kopf zu hören, war seltsam. Trotzdem drückte ich die Türklinke nach unten und ließ Varona vorsichtshalber den Vortritt.

"Faule Flussschnecken!", schimpfte sie gutmütig. „Seid ihr sogar zu träge, zwei Freunden die Tür zu öffnen?"

"Ach Varona! Du bist schon zurück? Hast du...?", jetzt sah Varon mich hinter der schimmernden Gestalt der Earis eintreten. „Oh Senga! Schön, dass du da bist!"

Wirklich überrascht sah er nicht aus. Stattdessen grinste er mich breit an und sprang vom Sofa hoch, auf dem er und Ricco gerade saßen.

Unschlüssig blieb ich dicht bei der Tür stehen und blickte mich um. Das erste, was ich sah, waren die drei Bücherregale an den Wänden. Ich spürte, wie meine Finger sehnsuchtsvoll zuckten. Ich hatte schon viel zu lange kein Buch mehr in der Hand gehabt und nur mit Mühe konnte ich mich davon abhalten, hinüberzuspringen und wenigstens die Titel zu lesen. Stattdessen zwang ich mich dazu, mich weiter umzusehen: Es war nur eine kleine Hütte, die im Wesentlichen aus einem sehr schlicht eingerichteten Raum mit veralteten Ofen, Bett, Sofa, Tisch und Stühlen bestand, sowie einer kleinen, angrenzenden Küche. Zac war nirgends zu sehen. Ein Teil von mir war enttäuscht, ein anderer, weitaus größerer Teil, atmete erleichtert auf.

Sein Fehlen schien jedoch auch Varona aufzufallen. Tadelnd sah sie zu den beiden jungen Männern, die gerade die Stühle um den Tisch herum neu arrangierten, damit jeder einen Platz zum Sitzen hatte. „Wo ist er?"

„Auf Klo gegangen", antwortete Varon achselzuckend. „Kommt sicher gleich wieder."

„Ich hab euch gesagt, dass ihr ihn nicht allein lassen sollt! Was, wenn er sich nun noch mal den Kopf angeschlagen hat?", murmelte sie besorgt und blickte aus dem Fenster, wo wohl irgendwo die Außentoilette stand.

„Varona", setzte Varon beruhigend an. „Vielleicht braucht er nur einen Moment länger."

Sie schien noch immer nicht begeistert und auch Suriki zischte vorwurfsvoll zu den beiden Männern herüber. Gedankenabwesend strich die Earis über den Kopf ihres Drachen. Dann ging sie an mir vorbei, zurück zur Tür und öffnete diese. Einen Moment später war der Weißgeschuppte nach draußen gehuscht und Varona setzte sich langsam auf einen Stuhl wobei sie aber geistig abwesend wirkte.

Varon ließ sich wieder auf das Sofa neben Ricco fallen und schüttelte den Kopf. Er fing meinen Blick auf und lächelte. „Senga! Willst du gleich wieder gehen? Komm doch rein!" Mit diesen Worten klopfte er auf den freien Platz neben sich und lehnte sich entspannt zurück. „Du brauchst nicht so in der Gegend herumzustehen."

Nur widerwillig verließ ich meinen sicheren Platz bei der Tür und setzte mich neben Varon, ohne recht zu wissen, was ich sonst tun oder sagen sollte, zumal Varona tatsächlich nicht mehr ansprechbar zu sein schien.

Da räusperte sich Ricco leise. Er hatte seinen Arm locker über die Sofalehne gelegt, sodass seine Fingerspitzen wie zufällig sacht über Varons Nacken strichen. „Es ist wirklich schön, dass du da bist, Senga", wiederholte er Varons Worte von vorhin, doch aus seinem Mund klangen sie sehr viel ernster und ich schaute verlegen zur Seite.

„Naja – wenn Varon nicht die Erinnerung an Zac durchgerutscht wäre, hätte ich nicht mal gewusst-", ich unterbrach mich, als ich den scharfen Blick sah, den Ricco seinem Partner zuwarf. Dieser quittierte das mit einem Achselzucken und einem frechen Grinsen. Ich war sofort misstrauisch. „Was?"

Des Wassermanns Weib III - verführtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt