(Bild: Giselle by KareiKite - Der Charakter kommt zwar in diesem Teil nicht weiter vor, aber ich fand sie trotzdem so schön gezeichnet... *_* )
79. Jir'Lore, 2145 n.n.O
Mit einem Seufzten dachte ich an die letzten Stunden mit Zac und bedauerte, dass er zur Arbeit immer an Land musste. Hätte er eine Aufgabe hier im Schwarm, könnten wir wenigstens noch zusammen essen. So musste ich bis in den späten Nachmittag warten, ehe er zurück kam.
Aber ich wollte mich nicht beklagen. Seit wir vor gut drei Zyklen diese Ruine besucht hatten, hatten wir viel Zeit miteinander verbracht und uns auch auf einer persönlichen Ebene wieder angenähert. Obwohl es noch immer viele Dinge gab, die wir kategorisch aus unseren Gesprächsthemen ausschlossen. Ich redete nicht über die Idee, meinem Vater eine Nachricht zu schicken und er wich jeder Frage zu seiner Arbeit und dem Unfall aus, dem er seine Gehirnerschütterung zu verdanken hatte. Irgendwie ärgerte mich das, doch ich traute mich nicht so recht, auf eine Antwort zu beharren. Nicht jetzt, während ich langsam wieder entdeckte, was mich früher immer in seine Nähe gezogen hatte. Damals, vor einer gefühlten Ewigkeit. Zu Hause. Resolut schob ich diesen dunklen Gedanken beiseite und konzentrierte mich lieber auf die nächste Aufgabe direkt vor mir. Das musste ich auch, denn hinter der nächsten Abbiegung schlug mir die Dunkelheit so plötzlich entgegen, als hätte jemand mitten in der Nacht eine Kerze ausgepustet.
Wie immer hielt ich an dieser Stelle des Vorratstunnels an und atmete tief durch, sodass ich die Luftblasen an meinen Kiemen kribbeln fühlen konnte. Eigentlich hatte ich kein Problem mit Dunkelheit. Eigentlich hatte ich auch kein Problem mit Enge. Eigentlich.
Doch der Tunnel machte hier einen so scharfen Knick, dass jegliches vom Eingang einfallendes Licht lediglich eine scharfkantige Felswand beleuchtete. Hinter der Biegung herrschte allumfassende Schwärze. Darüber hinaus verengte sich der Tunnel auch noch, sodass ich beide Seiten problemlos berühren konnte, wenn ich meine Hände nur nach links und rechts ausstreckte. Oder nach oben und unten, denn die Röhre war ungefähr so hoch, wie sie breit war. Wer immer sich das ausgedacht hatte, hatte wirklich nur den minimalen Arbeitsaufwand im Sinn, der notwendig gewesen war, um diese Tunnel in den Felsen zu schlagen. Irgendwo war das verständlich, denn es war mit Sicherheit nicht einfach gewesen, das Gestein unter Wasser Stück für Stück abzutragen. Aber wenigstens ein bisschen mehr Licht hätte nicht geschadet.
Es war nicht zu ändern.
Seufzend und innerlich fluchend machte ich mich daran, langsam weiter zu schwimmen, eine Hand immer an dem rauen Felsen der Tunnelwand. Währenddessen versicherte ich mir selbst, dass die nächste beleuchtete Abbiegung bald kommen musste. Nur noch ein kurzes Stück. Ich wusste das so genau, weil es schließlich nicht das erste Mal war, dass ich irgendwelche Dinge aus dem Vorratstunneln besorgen musste. Das hieß nicht, dass ich mich hier gern aufhielt. Das Tunnelsystem, das der Schwarm verwendete, um alle Arten von Vorräte zu lagern, war so chaotisch wie durchdacht. Varon hatte das während einer unserer Geschichtsabenden erzählt, dass es über Generationen hinweg in die steilen Felswände des westlichen Seeufers gegraben worden war, um das Hab und Gut des Schwarms besser schützen zu können. Der Plan war entstanden, nachdem ein fremder Schwarm angegriffen und fast die gesamten Vorräte geplündert hatte.
Mit Bitterkeit dachte ich daran, wie Els sich mit Gewalt Zugang zu meinen Gedanken und Erinnerungen geschaffen hatte, um alle Informationen über das Tunnelsystem aus mir herauszupressen, die ich damals hatte. Ich hoffte noch immer, dass ihm dieses Wissen nie etwas nützen würde. Trotzdem hatte der Schwarm Vorkehrungen getroffen und die Vorräte umstrukturiert und teilweise umgelagert. Dennoch fühlte es sich so an, als wäre es meine Schuld gewesen. Als hätte ich den Schwarm verraten.
DU LIEST GERADE
Des Wassermanns Weib III - verführt
Fantasy*ABGESCHLOSSEN* „Junge Frauen neigen dazu, lieber nichts zu sagen, als klar und deutlich auszusprechen, was sie denken. Weiß der Henker, warum das so ist." Das hatte mein Vater einmal gesagt. Ich wünschte, ich hätte aus seinen Worten gelernt. Dann w...