Herzass

01

Ein Pub. Unzählige Pokertische. Und ich mittendrin, die auf eine andere Art und Weise ihr Geld verschaffen sollte, um aus diesem Kaff rauszukommen, wo ich meine halbe Kindheit verbracht hatte. Vielleicht hätte ich doch lieber strippen sollen, statt mein restlich Erspartes in diesem neonblauen Schuppen, wo fett am Eingangsschild die Buchstaben HERZASS angebracht wurden und abwechselnd im grellen Licht beleuchtet werden, zu stecken.

HERZASS ich frage mich, wer auf so eine alberne Idee kam. Wenn ich recht überlege, kann es nur Pico sein, wer sonst auch. Seine kreative Ader übertrifft glatt Picasso. Könnten beide Brüder sein. Vielleicht sollte ich ihn nochmal fragen, ob er nicht dritten Grades mit dem Meister Künstler verwandt ist.

Zurück zum Pokern, was jeden Mittwoch und Sonntag stattfindet, wo jeder sein Glück probiert in einem einzigen Spiel. Die meisten warten aber den ganzen Abend lang auf das Spiel, was ihr Leben verändern kann. Ihr Freifahrtsschein von all den Sorgen, die sie übermannen. Euphorie, wenn sie es schaffen zu gewinnen und den Haptgewinn mit nach Hause zu nehmen, um ihn stolz der Familie zu präsentieren. Ob die Menschen auch ein Foto schießen und sich einrahmen lassen? Immerhin ist es ein großer Schritt ins neue Leben.

Nur was wenn man alles verliert? All das Geld, die Wünsche und schlussendlich seine Familie, weil man alles auf eine Karte gesetzt hat. Wir alle haben keine weißen Westen und haben keine andere Wahl. Es gibt keine Wahl, denn wer will uns Versager schon haben wollen. Ohne Geld ist man nichts wert. Ohne Geld kann man kein guter Mensch sein. Ohne Geld hat man keine Chance glücklich zu werden.

Mit diesem Prinzip setzte ich mich an den Tisch, der schon gut gefüllt ist und nur noch zwei Plätze frei geblieben sind. Wer sich neben mich setzen wird? Hoffentlich kein stinkiger, alter Sack, der seine Pfoten nicht bei sich lassen kann. Es ist zwar meine erste Runde, normalerweise sitze ich an der Bar, tausche paar Worte mit Pico aus und beobachte die Menschen, die in einem Trancezustand gefangen sind, aber habe paar Mädels beobachtet, die an komischen Bereichen angepackt wurden. Zur Not muss mein Taschenmesser aushelfen, dachte ich.

"Ich hoffe, my Lady, hier ist der Stuhl noch nicht besetzt. Wäre echt schade diese Runde aussetzen zu müssen."
Wenn dieser Platz nicht frei ist, muss ich doch ungemütlich werden.

Redet dieser Typ ernsthaft mit mir.
"Theoretisch ist der Platz frei, aber praktisch nicht."

"Ich bin besser in der Theorie, als in der Praxis, also Liebe oder Geld?"
Ihre ruppige Art unterscheidet sich von den anderen.

"Bin ich verpflichtet einem Femden zu antworten?"
Vielleicht doch schlimmer als ein alter Sack.

"Arslan."
Ich kenne sie.

"Roana."
Ich kenne ihn.

"Liebe oder Geld."
Gibt sie mir die Antwort auf die ich so lange gewartet habe.

"Bist du nicht hier, um Geld zu spielen immerhin ist das Motto dieses Schuppens -"
Ganz unauffällig das Taschenmesser aus der Tasche ziehen. Es ist nicht erlaubt scharfe Gegenstände mit rein zu schmuggeln, aber das scheint ein Notfall zu sein.

"Ich kenne das Motto, Oana, aber du scheinst mir keine zu sein, die sich an Regeln hält."
Sie waren alle zu brav, aber sie ist anders. Sie muss es.

"Ars spielen wir."
Beug dich etwas nach vorne. Nur ein kleines Stück.

"Oana, meine Antwort, du scheinst die Richtige zu sein."

Sei ehrlich zu mir Oana, denn es wird ein langer Abend.