"Bedenke stets, dass alles vergänglich ist; dann wirst du im Glück nicht zu fröhlich und im Leid nicht zu traurig sein"
Brice bewohnte eine kleine Wohnung, ganz oben, in der Innenstadt von Paris. Er hatte eine gute Aussicht, aber leider war es im Sommer unerträglich warm. Unter ihm wohnten Leute, die er nicht kannte- ein altes Ehepaar war unter ihm, noch eines weiter unten lebte eine reiche Geschäftsfrau und unten befand sich eine Boutique.
Der alte Wecker klingelte laut und im Halbschlaf tastete er sich nach vorne, schaltete das alte Teil aus Blech aus.
Dann erhob er sich langsam, tapste über den kühlen Holzboden in das Bad. Dort waren, im Gegensatz zum Rest von der Wohnung, grüne Fliesen, die typisch für die 60er waren, in denen sie sich seit kurzem befanden. Trotzdem machte sie das nicht besser und immer, wenn Brice drüber tapste, dann kam es ihm ekelig vor.Anthony lebte alleine auf einem Cottage am Land, welches einsam aber wunderschön war. Anthony mochte die Einsamkeit mehr als sonst etwas, weshalb er es genoss.
Er stand früher als Brice auf, etwa gegen halb 6, um schon den Sonnenaufgang mit einer Tasse Kaffee zu beobachten. Sonnenaufgänge kündigten neue Chancen an und das mochte Anthony.
Im Gegensatz zu dem Franzosen würde der Kanadier erben, sehr viel und er hatte ohnehin kein Interesse daran etwas anderes zu tun als auf dem Land zu leben und die Seele baumeln zu lassen. Er würde ohnehin nicht lange leben- allerhöchstens würde er 32 werden.
Das wären noch sechs Jahre.
Brice machte eine Ausbildung zum Koch und hatte am Samstag einen Nebenjob in einer Boutique- diese war einige Straßen entfernt, denn so war es weniger wahrscheinlich seine Nachbarn zu treffen, die er nur aus Höflichkeit an Gang grüßte. Er würde mit 32 eine Frau haben, vielleicht Kinder und einen Hund.
Das waren noch acht Jahre.Anthony tat den ganzen schönen Tag nichts. Manchmal ging er spazieren oder ritt aus, machte sich was zu essen oder hörte Radio, gelegentlich eine Schallplatte. Wie gerne er doch mal auf ein Konzert gehen würde.
Brice stand auf und eilte zu der Küche, in der er aktuell die Ausbildung machte. Danach ging er meistens durch die Straßen von Paris, musterte ein paar Touristen, setzte sich in ein Café und aß ein Stück Kuchen. Abends ging er heim und legte sich sofort ins Bett. Er schlief mindestens 10 Stunden.Sein Haar war gelockt, als er auf die Terrasse trat, und sein Gesicht wurde von dem Sonnenlicht beschienen. Brice hatte ihn schon öfter gesehen, aber nie war er so nah gewesen wie heute. Der blonde Mann ihm gegenüber war eine Schönheit- er hatte feine Gesichtszüge, engelsgleiches Haar und besaß eine Anmut, von der man nur träumen könne. Er setzte sich auf den Holstuhl, nahm einen Schluck des warmen Getränks und schlug dann die Zeitung auf, in welcher er ein wenig las.
Brice ging auf ihn zu, ging die Terrassenstufen hinauf und setzte sich dem Fremden gegenüber, doch dieser schien ihn erst nach einigen Sekunden zu bemerken und erschrak. "Wer sind Sie?", fragte er nach und legte den Kopf schief. "Brice mein Name." "Französisch, nicht wahr? Kommen Sie aus Quebec?" "Aus Frankreich... Sie etwa?" "Nein, ich wohne hier." "Wo sind wir?" Der Fremde runzelte die Stirn und sah dann hinter sich. "Einige Kilometer im Süden liegt Toronto." Brice nickte zaghaft. Was ein seltsamer Traum. "Und Sie sind?" "Verzeihung- Mein Name ist Anthony."
Brice nickte, wusste nicht mehr was er sagen sollte, aber Anthony übernahm das. "Was machen Sie in meinem Traum?" Brice runzelte die Stirn. "Sie sind in meinem Traum."Der schrille Wecker von Brice weckte ihn, während es bei Anthony die Kälte war- er musste auf der Veranda eingeschlafen sein und jetzt war es schon Nacht.
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spherical creatures
Short StoryEs war in alten Zeiten, da war die Beschaffenheit der Menschen eine andere. Damals waren die Menschen kugelförmig mit zwei Gesichtern und jeweils vier Armen und vier Beinen. Sie waren von großer Kraft und großer Stärke und sie waren so vollkommen, d...