"Die Weisheit geht auf das Gute. Die Klugheit auf das Nützliche."
Für beide war es nur ein unbedeutender Traum gewesen, ein Hirngespenst, etwas, was ihr Gehirn gezaubert hatte und keiner der beiden machte sich darüber noch Gedanken.
Kanada und Frankreich lagen zeitlich 6 Stunden auseinander und irgendwie war es lustig, wie sie es schafften, immer einige Zeit zur selben Zeit zu schlafen- meistens ging Brice gegen 9 ins Bett, gegen 4 träumte er dann. Anthony ging auch gegen 9 ins Bett oder schlief irgendwo ein und er träumte relativ schnell."Du schon wieder", begrüßte Anthony Brice und setzte sich neben ihn auf die grüne Wiese. "Ich frage mich, wieso du es bist, von dem ich träume- ich kenne dich nicht einmal." Tatsächlich hatte Anthony die braunen Augen, die ihm entgegenblickten ebenso wenig gesehen wie die mittellangen, braunen und gewellten Haare. "Ich frage mich eher, was du immer in meinem Traum zu suchen hast", gab Brice nur zurück und Anthony lachte. "Es ist mein Traum." "Würde ein Traum das nicht auch sagen?" Der Blonde antwortete nicht mehr und schüttelte lächelnd den Kopf, zupfte einen Grashalm aus. Es war nicht von Bedeutung, in welchem Traum sie waren, denn es war gleich.
"Erzähl mir was von dir", forderte er den Franzosen auf, und weil beide dachten, der andere wäre nicht wirklich existent, trauten sie sich zu sprechen. Brice machte den Anfang, setzte sich im Schneidersitz hin und lächelte Anthony sanft an. "Mein Name ist Brice, ich komme aus Paris und mache eine Ausbildung zum Koch. Meine Eltern sind früh gestorben, aufgewachsen bin ich bei meiner Tante, die von mir verlangt mir eine Frau zu suchen. Aber ich will mir keine Frau suchen, ich finde keine die ich auf diese Art Liebe. Ich weiß nicht, ob du schon davon gehört hast, aber es gibt Leute, die fühlen sich vom selben Geschlecht angezogen. Manchmal glaube ich ich bin so." Er redete nur so, weil er dachte, es wäre ein Traum. Es war auch ein Traum.
Anthony nickte. "Das verstehe ich, ich kenne das Gefühl nicht dazuzugehören. Ich bin auch so, da bin ich mir sicher." Aber er musste sich keine Frau suchen- es war ohnehin egal bei ihm. "Tatsächlich?" "Tatsächlich." Es war schön sowas zu träumen, von jemanden der so war wie er selbst und Brice erhob sich. "Sind wir in Kanada oder in Frankreich?" "Vielleicht sind wir auch nirgendwo." Der Jüngere verdrehte die Augen und lächelte. "Schauen wir uns um."
Auch der Blonde erhob sich mühsam und ging dann neben seinem neuem Freund her, stapfte langsam durch das Gras und stellte fest, dass es Kanada war. Sie redeten nicht viel, doch es fühlte sich richtig an.
"Jetzt erzähl mir du etwas über dich", forderte dann Brice den anderen auf, während er sich an einen Bach setzte und die Hand in das eiskalte und kieselgraue Wasser hielt, einen kleinen Fisch beobachtete, welcher gegen die Strömung schwamm. Dafür, dass die Strömung relativ stark war, stellte er sich wirklich gut an und es war angenehm zu ansehen- nicht zu hektisch aber trotzdem nicht aufregend.
"Ich bin Anthony, wie ich sagte, und lebe oben in dem Cottage alleine. Es gehört eigentlich meiner Großmutter, aber sie hat es mir mehr oder weniger geschenkt. Wenn ich Glück habe werde ich 32." "Wieso?" Obwohl Brice nicht dachte, dass er echt war, sah er ihn an und runzelte die Stirn. Es war ihm auch nicht wichtig, ob er echt war oder nicht, er mochte ihn trotzdem. "Weil ich krank bin." Gut, das war zu erwarten, aber Brice fragte nicht mehr nach. "Willst du mir dein Cottage zeigen?"
Die beiden waren schnell wieder oben und betraten das Wohnzimmer- der Boden war aus dunklen Holz, auch die Vorhänge waren dunkel und die strahlend hellen Wände bildeten einen angenehmen Kontrast. Brice ließ seinen Blick durch das Zimmer gleiten- links von sich war ein kleines, grünes Sofa, welches auf einen Fernseher zeigte. Geradeaus von ihm war ein kleiner Tisch und zu seiner rechten war eine kleine aber gute Küche.
"Möchtest du Kaffee?", fragte Anthony nach und deutete auf die Kanne. Er bekam ein Nicken zur Antwort und bereitete zwei Kaffee her. "Schalte doch den Radio dort oben ein", forderte er dann den Franzosen auf, der bisher nur herumgestanden war und deutete diesesmal auf den kleinen Radio, der auf einem Regal über dem Tisch war.
Brice schaltete den Radio ein und ein Lied ertönte. Noch während der Kaffee zog, forderte der Brünette den anderen zum Tanzen auf und so flogen sie schon bald durch das große Wohnzimmer.
Brice betrachtete Anthony dabei die ganze Zeit, dieser erwiderte seinen Blick. Er hatte Augen so blau wie der Himmel- es war eher ein dunkles blau, aber das machte sie nicht weniger schön. Sie trugen etwas verträumtes in sich, etwas, dass verletzlich und trotzdem unverwundbar wirkte und Brice gefiel das.
Dem Älteren fiel auf, dass der andere dunkelbraune Augen hatte, die so eine Wärme ausstrahlten, wie man es selten vorfand. Wann auch immer er lachte oder schmunzelte entstanden kleine Kringel um seine Augen, die ihn strahlen ließen.
Er wusste, dass Brice das schönste Wesen war, dass er jemals gesehen hatte: er wirkte so unbeschwert, trotzdem vom Leben geprägt. Er redete, als ob er wüsste was er sagte und er redete so, dass es einen mitriss. Sie unterhielten sich nicht lange, aber den Tanz und den Kaffee schafften sie und noch nie hat sich Anthony so gut aufgehoben gefühlt.Den ganzen Tag dachten die beiden daran.
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spherical creatures
Short StoryEs war in alten Zeiten, da war die Beschaffenheit der Menschen eine andere. Damals waren die Menschen kugelförmig mit zwei Gesichtern und jeweils vier Armen und vier Beinen. Sie waren von großer Kraft und großer Stärke und sie waren so vollkommen, d...