IV

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"Die Glückseligkeit scheint in der Muße zu bestehen."

Es erfreute Brice, als er sich in der Ambiente vorfand, die ihn letzte Nacht noch so verwundert hatte. Als er die Augen öffnete blickte er strahlendem Sonnenschein entgegen. Er lag auf einer Wiese, auf die vor dem Cottage, und als er seinen Kopf nach rechts drehte, sah er Anthony, der noch mit geschlossenen Augen dalag. "Guten Morgen", begrüßte er ihn deshalb grinsend und auch der andere schmunzelte, ehe er den Kopf zu im drehte und die blauen Augen öffnete. "Schon wieder du." "Schon wieder ich."
Beide hatten gehofft heute wieder von dem anderen zu träumen, sie fühlten sich gut aufgehoben und verstanden bei diesem, weshalb sie ihre Träume auch nicht hinterfragten.
"Es ist keine einzige Wolke am Himmel", äußerte Brice sich, seine Stimme war leise und nachdenklich und murmelnd stimmte Anthony zu. "Stimmt." Dann richtete er sich auf und sah auf seinen Freund hinab. "Was wollen wir unternehmen?" "Du sagtest du kannst reiten." "Ich hab nur ein Pferd." "Es ist ein Traum... ich bin sicher, es gibt zwei Pferde."
Und tatsächlich: als sie in den Stall traten, stand neben dem schwarzen Pferd, und einem Esel, ein weißes Ross, welches Anthony noch nie gesehen hatte. Und beide Tiere waren schon gesattelt und schienen bereit zu sein. Brice lachte erstaunt und ging etwas scheu zu dem Pferd, während Anthony ihn beobachtete, dann das sein schönes und altbekanntes Tier nahm und, gefolgt von Brice und dessem tierischer Begleiter, nach draußen vor den Stall trat. Der Himmel war so klar, dass man meinen könnte man sah bis in den Himmel- bis zu den Sternen und noch weiter. Elegant schwang sich Anthony auf den Rücken seines alten Freundes und beobachtete dann Brice, der Schwierigkeiten zu haben schien. Ein herzhaftes, klares und schönes Lachen verließ die Kehle des Älteren und er betrachtete den anderen liebevoll. Anthony hatte dieses ansteckende Lachen- eines der Lachen, die einen einen Schauer über den Rücken zauberte und ein Lächeln ins Gesicht. Ein solches, bei dem einem das Herz höher schlug und sich eine Gänsehaut über die gesamte Haut ausbreitete. 

"Soll ich dir helfen?", fragte er dann sanft nach, doch ohne eine Antwort schwang er sich wieder hinunter und deutete Brice wo er welchem Fuß hinsetzen sollte, gab ihm dann einen kleinen Schubs. "Soll ich euch führen?", fragte er noch, während er wieder aufstieg, die Zügel des weißen Rosses jedoch schon nahm und sie allesamt vom Cottage runter auf eine große Wiese führte. Sie war grün und das Gras war hoch und die Sonne fiel in einem solchen Winkel auf das satte grün, dass es glitzerte und so aussah, als könnten Elfen darin tanzen. "Wie ist es in Paris?", fragte Anthony, blickte zu Brice, welcher sich mit dem Oberkörper nach vorne lehnte, auf das Pferd- welches ruhiger war als jedes andere das Anthony kannte (er kannte aber auch nicht viele)- und sich daran gar nicht zu stören schien. "Es ist groß und eng und irgendwie... düster. Nicht direkt in einem unheimlichen Sinne, aber es fahren immer Autos und es sind unzählig viele Fußgänger unterwegs und irgendwie bekommt man nie richtig Luft. Es ist als ob..." kurz schwieg er, schien zu überlegen und Anthony führte die beiden in einen kleinen und lichten Wald, "...als ob man furchtbar einsam ist. Da sind so viele Menschen und trotzdem ist es ist so unpersönlich." "Vermutlich macht es das unpersönlich." "Ja natürlich macht es das aber..." "Du wärst gerne weniger einsam." Brice drehte den Kopf zu Anthony und lächelte, eine der braunen Wellen fiel ihm in die Stirn und er brauchte nicht zustimmen. Kurz nahm der Blonde die Zügel in die andere Hand um eine Hand freizuhaben, die er dann nach Brice ausstreckte. Dieser hob ebenfalls seinen Arm und umschloss die Hand des anderen mit der seinen, drückte diese sanft und dankend. "Du hast jetzt mich", gab Anthony endlich als Antwort zurück

Sie trafen sich jede Nacht in ihren Träumen- immer waren sie in Kanada, immer schien die Sonne und immer verstanden sie sich gut. Es wurde zur Routine und für jeden der beiden wurde die andere Person langsam real, so, als ob es sie wirklich geben würde. Und es machte die beiden weniger einsam. Sie schütteten sich das Herz aus, sprachen über Bücher und Liebe und Ängste und über die Welt und manchmal sprachen sie auch über Lilien- Brices Lieblingsblumen. Und sie fingen an sich zu verlieben- sie verliebten sich in eine Person, die es scheinbar nicht wirklich gab. Und es brach ihnen tagsüber das Herz doch wenn sie dann mit dem anderen zusammen waren, war all das vergessen.
Denn die andere Person verstand sie. 

"Brice?"  "Ja?" "Wie kann es sein, dass sich mein Gehirn so etwas perfektes wie dich ausdenkt?" Der andere drehte den Kopf, seine braunen Augen, sie sahen aus wie Schokolade, wurden von ein paar Grashalmen überdeckt. Wieder lagen sie im hohen Gras, ließen sich von der Sonne anscheinen und hörten den Vögeln in der Ferne zu. "Ich weiß es nicht." Tatsächlich wurde es immer schwerer zu glauben, dass die andere Person nicht existierte, dass es dieses Cottage nicht gab oder die Wohnung, von der Brice erzählt hat- mit den hohen Decken und dem dunklen Boden, den ekligen Fließen im Bad und dem gelben hässlichem Sofa. Schwer atmete Anthony, trotzdem kugelte er sich direkt neben Brice. Das Gesicht des Älteren schwebte über dem des anderen. "Wie kann es sein, dass mir sowas perfektes einfällt?", er strich ihm eine der braunen Strähnen zurück und ließ seinen Daumen dann langsam und sanft über den Nasenrücken gleiten. "Ich...bin...", konnte Brice noch hervorbringen, doch dann lagen die Lippen des anderen auch schon auf den seinen. Der Kuss kapitulierte beide auf Wolke 7- er machte sie vollkommen und unendlich. Als sie sich lösten sah Brice mit runden und ganz verliebten Augen auf. "Mich gibt es wirklich." Anthony nickte leicht und lächelte. "Ich weiß." Selbst wenn es ihn nicht gab, dann war das egal- für Anthony existierte Brice. Und für Brice existierte Anthony. 

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