Wieder in London

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... Wann begreift der Verstand, dass man vor Gefühlen nicht davonlaufen kann?
Andrea Redmann, deutsche Autorin........................

Kapitel 1 Wieder in London

Mit einem Seufzer ließ Hermine sich auf das Sofa fallen und legte die Füße hoch. Die Reise war ganz schön anstrengend gewesen, aber es war immer noch besser, dass Flugzeug zunehmen, als stundenlang auf einem Besen zu sitzen und immer aufzupassen, dass man nicht gesehen wurde. Hermine mochte das Fliegen auf einem Besen ohnehin nicht besonders, sie fühlte sich nie wohl dabei.

Müde sah sie sich um, ihr zwei Koffer standen mitten im Zimmer und warteten darauf ausgepackt zu werden.

"Später!", sagte sie zu sich selbst, hievte sich mühsam vom Sofa hoch und schlurfte in die Küche, um sich einen Tee zu machen. Sie schaltete den Wasserkocher ein und holte eine Tasse aus dem Schrank. Während sie darauf wartete, dass das Wasser kochte, blickte sie aus dem Küchenfenster. Dicker Nebel lag zwischen den Häusern und es wurde langsam dunkel. Obwohl die Aussicht ziemlich düster war, gefiel sie ihr. Es gab ihr das Gefühl endlich wieder daheim zu sein, im guten alten London.

Der Wasserkocher blubberte und sie schüttete gerade das heiße Wasser in ihre Tasse, als das Telefon klingelte.

Als sie den Hörer abnahm erkannte sie sofort die aufgeregte Stimme ihrer Mutter: "Hermine mein Schatz, bist du gut angekommen? Wir haben uns schon Sorgen gemacht, dass ihr wegen des Nebels vielleicht nicht landen könnt. Wie geht es dir? Wir sind ja so froh, dass du wieder da bist. Sollen wir gleich rüberkommen?"Ohne Unterbrechung redete ihre Mutter, wie ein Wasserfall auf sie ein.

"Hallo Mum, es geht mir bestens, ihr braucht euch nicht zu sorgen. Das Flugzeug ist pünktlich in London gelandet. Nein, ihr braucht nicht gleich heute zu kommen. Ich bin furchtbar müde, das liegt wohl an der Zeitverschiebung. Außerdem muss ich noch meine Sachen auspacken. Ich komm morgen zu euch, in Ordnung? Ok, bis dann! Grüß Daddy von mir."Hermine legte auf und betrachtete einen Augenblick lang schweigend das Telefon. Komisch, dass es so einfach war ihre Mutter anzulügen. Es ging ihr nicht bestens, ganz im Gegenteil, sie fühlte sie müde, ausgelaugt und unglücklich.

"Hör auf mit dem Selbstmitleid Hermine! Es wird Zeit sich mal wieder ein bisschen am Riemen zu reißen. Du hast genug wegen diesem Idioten geheult." Sie hob den Kopf und blickte in den Spiegel, der über dem Telefon hing. Sie sah wirklich müde aus und unter ihren Augen waren dunkle Ringe. Vielleicht sollte sie wirklich mit dem auspacken bis morgen warten und lieber schlafen gehen; und vor allem nicht mehr darüber nachdenken, was passiert war.

Doch als, sie wieder auf dem Sofa saß und an ihrem Tee nippte konnte sie es nicht vermeiden, dass ihre Gedanken zu dem Geschehenen wanderten.

Vor nicht mal 48 Stunden hatte sie noch geglaubt glücklich zu sein. Und jetzt war alles anders.

Rückblickend wurde ihr klar, dass sie es hätte kommen sehen müssen. Doch sie war so verblendet gewesen, warum nur war es ihr nicht schon vorher aufgefallen?

Es war erst ein Jahr her, dass sie Marc auf einem Fortbildungskurs in Edinburgh kennen gelernt hatte. Er war so gutaussehende und freundlich gewesen und beide hatten das gleiche Interesse gehabt, ihre Arbeit.

Seit einigen Jahren arbeitete Hermine im St. Mungos Hospital als Heilerin. Sie liebte ihren Beruf und war immer begierig darauf, neue Heilmethoden kennen zu lernen. Marc Cornwell war ebenfalls Heiler in einem magischen Krankenhaus in Dublin. Über das Thema ihrer Arbeit waren sie sich rasch nähergekommen und Hermine hatte sich in ihn verliebt.

Dann bekam sie vor 6 Monaten das Angebot für eine Weile im Krankenhaus in Dublin zu arbeiten, sozusagen als Austauschheilerin. Die Zauberwelt von England und Irland arbeitete seit einiger Zeit in diesem Punkt sehr viel zusammen und immer wieder gingen Heiler nach Irland und umgekehrt nach England, um den Kontakt und den Austausch miteinander zu vertiefen.

Sichtlich begeistert hatte Hermine das Angebot angenommen, bedeutete es doch gleichzeitig, dass sie bei Marc sein konnte. In der ersten Zeit war auch alles sehr harmonisch abgelaufen. Sie und Marc waren ein Paar und glücklich. Doch irgendwann war Hermine aufgefallen, dass Marc auch mit anderen Mädchen gerne flirtete, er blickte sich nach jeder um, lachte und sprach mit ihnen. Hermine war nicht der Typ der sogleich eifersüchtig und misstrauisch wurde, daher tat sie diese kleinen Spielchen zunächst mit einem Schulterzucken ab. Nach und nach wurde sie jedoch misstrauisch, als Marc immer mal wieder nicht zum verabredeten Termin auftauchte oder seltsame Ausreden hatte, warum er keine Zeit hätte.

Schließlich kam der Zeitpunkt näher, wo Hermine wieder nach England zurückkehren musste. Sie wollte mit Marc noch einmal ausführlich über ihre gemeinsame Zukunft sprechen. Doch als sie am besagten Abend in seiner Wohnung auftauchte, musste sie erkennen, dass Marc nicht alleine war. Sie hörte eine kichernde Stimme aus dem Wohnzimmer und als sie näher trat, sah sie es. Marc und eine ihr unbekannte blonde Schönheit wälzten sich in eindeutiger Pose auf dem Sofa umher. Marc sprang erschrocken auf, als er ihre Anwesenheit bemerkte, er hatte doch tatsächlich vergessen, dass sie verabredet gewesen waren.

Wutentbrannt verließ Hermine die Wohnung, Marc rannte ihr auf die Straße nach und behauptete es wäre doch alles nicht so ernst.

An diesem Abend sah ihn Hermine zum ersten mal, wie er wirklich war. Marc war ein Frauenheld, der nie zu einer ernsten Beziehung fähig wäre.

Hemmungslos weinend war sie zu ihrem Hotel gelaufen und hatte sich auf ihr Bett fallen lassen. Warum nur war sie so naiv gewesen?

Jetzt war sie wieder daheim in London, nächste Woche würde sie wieder im St. Mungos Hospital ihrer Arbeit nachgehen und Männer konnten ihr in der nächsten Zeit gestohlen bleiben.

Sie wollte nicht mehr weinen und dennoch konnte sie nicht verhindern, dass ihr die Tränen über die Wangen rollten. Sie legte sich auf das Sofa, nahm ein Kissen in den Arm und weinte sich in den Schlaf.

GefühlschaosWo Geschichten leben. Entdecke jetzt