6.30 Uhr. Der Wecker klingelt. Ich lasse nur ein Knurren ab, stelle den Wecker aus und drehe mich wieder um. Doch dann öffnet sich die Türe und meine Mum steht im Zimmer. „Isy! Wag es dir nicht wieder die Schule zu schwänzen!“, brüllt sie förmlich als sie das Licht einschaltet. „Boar Mum! Lass mich in Ruhe!“, sag ich ihr. Wütend reißt sie mir die Decke weg. „Kannst du mich nicht einfach in Ruhe lassen!?“, brülle ich sie an. Erschrocken schaut sie mich an und lässt die Decke los. Als die Türe wieder zu gegangen ist und ich wieder meine Ruhe habe, drehe ich mich wieder um.
Meine Familie hatte es noch nie einfach mit mir. Vor allem nicht meine Mum. Als ich 15 war hatte sie sich von meinem Dad scheiden lassen. Jetzt hat sie einen Neuen und den hasse ich! Joey hielt noch nie was von mir und behandelt mich dementsprechend. Aber das auch nur, damit ich den Mund halte. Die Beiden sind seit 6 Jahren verheiratet. Einen Abend habe ich ihn erwischt wie er meine Mum geschlagen hat und sie ins Schlafzimmer zerrte. Den Rest könnt ihr euch denken. Die ganze Nacht habe ich nur Schreie von ihr gehört. Tagelang ist sie komisch gelaufen. Jeden Abend, wenn er Trinken gegangen ist, hat sie in der Küche gesessen und geweint. Ich habe sie solange ausgequetscht bis sie mir sagte, dass sie vergewaltigt worden ist. Ich war an dem Abend drauf und dran ihn so zu verprügeln, dass er uns für immer in Ruhe lässt. Doch sie wollte das nicht. Damit ich auch ja nicht die Polizei rufe, kauft sie mir immer alles das, was ich haben will. Seit dem nehme ich auch sie leider nicht mehr ernst.
Es ist Mittag als ich aufwache. In einem Shirt und Boxershort gehe ich runter. Joey ist auch da. Als ich in die Küche komme beginnt dieser auch gleich laut zu werden: „Fräulein was machst du denn bitte hier? Sollte du nicht in der Schule sein, du Göre?“ Ich mustere ihn von oben nach unten. Dieses typische Choleriker Aussehen wieder mal. Jedes Mal wenn es was zum Aufregen gibt, bekommt er Schweißtropfen auf der Stirn und verkrampft die Hände. Schwer atmend steht er vor mir und erwartet eine Antwort. Ich drehe mich nur zum Kühlschrank und hole mir die Milch für meine Schüssel Cornflakes raus. Das hasst er besonders, wenn ich ihm nicht sofort antworte. Gemütlich kauend sitze ich an der Kücheninsel und schaue ihn gelangweilt an. Meine Mum beginnt nervös: „Los Isy! Antworte deinem Vater!“, bettelt sie. Joey als meinen Vater zu bezeichnen kann ich nicht ab. „Er ist nicht mein- “, „Warum zum Teufel bist du nicht in der Schule!“, unterbricht mich Joey brüllend. Wieder mustere ich ihn. Um die Kücheninsel gerannt greift er mich, reißt mich vom Hocker und packt mich an der Kehle als Joey mich gegen den Küchenschrank drückt. Meine Mutter zuckt zusammen und fängt an zu weinen. „Höre auf zu jammern!“; brüllt Joey sie an. Er schaut mich an und stellt mir wieder ein und dieselbe Frage. Wütend spucke ich ihm ins Gesicht und im selben Moment bekomme ich eine mit der flachen Hand. Meine Mum schreit auf. Joey lässt mich los und wischt sich die Spucke aus dem Gesicht. Bevor ich die ersten Schritte aus der Küche raus tätigen kann, bekomme ich noch eine gefeuert. Da ich es ja verstehe mich zu wehren, bekommt Joey aus derselben Drehung eine mit der Faust. Er fällt zu Boden und ich brülle ihn an: „Das geschieht dir recht du blöder Wixer! Sei froh, dass ich nicht die Bullen rufe!“ Meine Mutter heult unaufhörlich. Ich renne die Treppen rauf und ziehe mich schnell um. Noch bevor Joey wieder gerade steht habe ich schon das Haus verlassen. Mit ungekämmten roten Haaren, einer zerrissenen Jeans, schwarzen Vans und einem weißen Top streife ich durch die Straßen. Wie jedes Mal finde ich ein Feuerzeug in meiner Hosentasche und spiele damit rum. Meine Wange ist noch immer von den Schlägen rot und beginnt sich leicht blau zu verfärben. Da hat er doch etwas stärker getroffen, als ich dachte. Ich treffe in einer eher verlassenen Nebengasse der Warwick Street ein. Etwas weiter hinten sehe ich zwei Jungs sitzen. Andy und Stan. Genau zwischen die Beiden setze ich mich und begrüße sie mit einem gespielten Lächeln. „Hat einer von euch beiden einen Johnny bei sich?“, frage ich. Stan wühlt in einem Rucksack mit Tarnmuster rum und reicht mir einen Joint rüber. „Genau das brauche ich jetzt!“, sage ich erleichtert, stecke mir den Joint in den Mund und zünde ihn an. Ich nehme einen tiefen Zug und merke wie meine Augen anfangen zu Tränen. Mit jedem weiteren Zug beginnt sich alles zu drehen und ich merke nicht wie schnell der Tag rumgeht und es schon wieder Morgen ist. Bei Andy und Stan haut ein normaler Joint nie so rein wie bei mir. Kein Wunder, ich esse und trinke nicht viel. Gerade fett bin ich auch nicht und lege nur zarte 65 kg auf die Wage. Aber seid beruhigt, ich rauche nur Joints. Kurze Zeit habe ich mal härtere Sachen geschnüffelt, aber das hatte mal so sehr rein gehauen, dass ich für 3 Minuten klinisch tot war. Lag an dem Likör den ich noch getrunken habe.