35. Kapitel

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"Dein Onkel?", er sah mich verwundert an und griff vorsichtig an meinen Ellenbogen, während ich atemlos auf den Bildschirm starrte. "Woher weißt du das?"
"Die Augen, er hat die gleichen Augen wie meine Mutter. Sie sind Zwillinge", flüsterte ich und ein Schaudern ergriff meinen Körper.
"Du bist blass", meinte der Mann neben mir leise.
"Ich habe ein schlechtes Gefühl, das ist alles", antwortete ich. Steve und Natasha kamen ebenfalls in den Raum, gefolgt von Wanda. Vision kam durch eine Wand und ich selbst war überrascht, wie wenig mich das wunderte.
"Was ist hier los?", fragte Natasha, in dem Moment ging der Ton des Videos an.
"Avengers", seine Stimme war viel tiefer, als ich es erwartet hätte. "Meine Boten haben mir berichtet, dass meine Nichte sich unter eurer Obhut befindet. So sehr ich euch für eure Gastfreundschaft danke, wird es jetzt Zeit sie mir zu übergeben." Er hatte die ganze Zeit ein kleines Lächeln auf den Lippen, ich wusste nicht, ob es freundlich war. "Ich werde sie in einer Stunde abholen. Es käme mir gelegen, ihr lasst sie widerstandslos gehen, ansonsten werde ich passend gerüstet sein, um die Prinzessin mit Gewalt in ihrer Heimat zurückzubringen." Damit erlosch der Fernseher. Für einen Moment herrschte Stille im Raum.
"Rein rational", erhob Vision das Wort. "Rein rational wäre es das Klügste Miss McLean auszuhändigen."
"Vision", protestierte Wanda sofort.
"Ich habe nur...", er legte den Kopf schief und schien für einen Moment stumm mit Wanda zu kommunizieren. "Es tut mir leid. Ich habe nur das gesagt, was mir meinen Berechnungen nach logisch erschien. Ich habe die emotionale Komponente nicht einberechnet. Entschuldigen Sie, Miss McLean."
"Schon gut, Vision", wank ich ab, die Unterarme auf die Oberschenkel gestützt und mit meinem Blick starr auf meine Hände fixiert. Sie zitterten ein wenig, sprühten immer mal wieder einen Funken. In meinem Kopf herrschte ein Chaos, dass sich nur schwer bändigen ließ. Einerseits war ich neugierig. Meine Mutter hatte mir so viel von ihrem Bruder erzählt und ein Teil von mir wollte wissen, ob er wirklich so war, außerdem wollte ich vermeiden, dass mein Onkel die Basis in Schutt und Asche legte. Der andere Teil, der größere Teil, hatte Angst. Ich dachte an die grausamen Geschichten und den Fakt, dass er versucht hatte mich umzubringen. Als ich an die Explosion dachte und die Panik danach, als ich glaubte, ich würde Bucky verlieren, weil er versucht hatte mich zu schützen. Kühle Finger aus Metall schoben sich zwischen Meine und vorsichtig umfasste Bucky meine Hand. Ich legte meine Hand an seinen Handrücken, eh ich meine Stirn auf den Knoten ablegte. Mir war schlecht, der Magen drehte sich mir um.
"Wir liefern sie nicht aus", erklärte Steve.
"Dann lassen wir also unsere Basis in die Luft jagen? Das klingt für mich nicht gerade wie eine gute Alternative", meinte Tony. "Und das sage ich nicht nur, weil ich dieses Gebäude finanziert habe."
"Vielleicht könnten wir mit ihrem Onkel reden. Ich meine, was wissen wir schon über ihn?", fragte Natasha.
"Das was ihre Mutter über ihn erzählt hat. Er klingt nicht wirklich nach einem netten Zeitgenossen", meinte Sam.
"Wer sagt, dass sie die Wahrheit gesagt hat und Lyla nicht einfach nur beeinflussen wollte?", entgegnete Natasha. Inzwischen hatte mein ganzer Körper zu zittern anzufangen.
"Ich weiß nicht, sie wirkte...", doch Wanda kam nicht dazu auszusprechen.
"Wir werden sie nicht ausliefern, weil sie eine verdammte Granate vor ihre Füße geworfen haben", der Mann neben mir verspannte sich wütend und in den Raum trat Stille. Ich blickte auf und sah zu Bucky, der wütend auf den dunklen Bildschirm starrte. Ich löste vorsichtig eine Hand und legte sie sanft auf seinen Oberschenkel. Er blickte zu mir und ich konnte sehen, dass er sich auf jeden werfen würde, der nochmal auf die Idee kam mich mitzunehmen.
"Gut dann kämpfen wir also", meinte Steve.
"Und gehen vermutlich alle drauf", murmelte Stark.
"Nein", ich erhob mich und wandte mich zu der Gruppe um.
"Lyla", Steve sah mich bittend an.
"Nein", wiederholte ich mit Nachdruck. "Niemand wird kämpfen und niemand wird draufgehen." Ich erhob mich. "Ich schätze sehr, was ihr für mich tut und zu tun bereit wärt." Ich blickte jeden einzelnen an. "Aber der Streit meiner Familie ist mein Problem, allein meins. Ich kann nicht verlangen, dass ihr einen Krieg mit meinem Onkel anfangt, und ich bin diese Streitereien leid. Ich bin stark genug zu kämpfen, wenn ich muss. Wenn sein Schiff hier landet, dann werde ich mit ihm mitgehen." Ich blickte zu Bucky, der noch immer auf dem Sofa saß, die Hände fest aneinandergepresst und verspannt vor sich hinstarrte. "Tut mir leid." Er reagierte nicht. Ich seufzte leise. "Ich packe wohl besser meine Tasche." Ich wandte mich um und war schon fast aus dem Raum, als ich gestoppt und herumgewirbelt wurde.
"Du gehst nicht alleine", meinte Buck, seine Hand lag fest um mein Gelenk, sodass ich ihm nicht einfach abschütteln können würde.
"Buck, bitte. Mach das hier nicht schwerer als es ist", flehte ich. "Ich weiß, dir gefällt das nicht, aber ich bringe niemanden mehr in Gefahr."
"Richtig und dich selbst am wenigsten", antwortete er. "Ich lasse dich nicht allein gehen. Ich werde diesen Krieg eigenhändig beginnen, aber ich lasse dich nicht irgendwo ins Weltall verschwinden."
"Ich will nicht, dass dir etwas passiert. Verstehst du das nicht? Wenn mein Onkel wirklich vorhat, mich aus dem Weg zu räumen, dann hast du auch keine Chance gegen die Asterianer", ich legte meine Hand sanft auf seine.
"Gut aber bis er mich aus dem Weg geräumt hat, werde ich ihm gehörig das Leben schwer machen", er sah mich ernst an. "Du wirst mich nicht hier zurücklassen, Lyla. Ich habe dir versprochen auf dich aufzupassen. Ich lasse dich nicht gehen, nicht allein."
"Ich kann nicht nochmal zusehen, wie du stirbst, okay?", ich legte meine freie Hand an seine Wange und musste schwer schlucken, um nicht in Tränen auszubrechen. "Nochmal schaffe ich das nicht, Buck. Das würde mich zerbrechen."
"Ich sterbe nicht, nicht heute und auch nicht morgen. Versprochen. Aber bitte, lass mich dich begleiten", vorsichtig löste er seine Hand von meinem Gelenk und griff stattdessen meine Hand. Hinter uns räusperte sich jemand. Steve trat zu uns.
"Lyla, ich denke, du solltest zulassen, dass Bucky dich begleitet. Es ist die beste Lösung. Ich weiß, er wird dich sicher nach Hause bringen", er griff vorsichtig meine freie Hand und legte seinem Freund die andere Hand auf die Schulter.
"Okay, du lässt dich ja nicht abbringen", meinte ich, an den Dunkelhaarigen gewandt.
"Ich hasse es euch gehen zu lassen", wir sahen zu Steve.
"Wir kommen zurück, Steve", meinte ich. Er nickte langsam.
"Das hoffe ich, sonst komme ich da hoch und trete euch in den Hintern", erklärte er. Ich lächelte und drückte seine Hand leicht. Er musterte uns und ich wusste, dass er das Gleiche dachte wie ich: „Fast wie früher". Nur hatte sich alles verändert, die Welt, die Zeit und die Menschen, die wir waren. Steve drückte kurz Buckys Schulter. "Lass sie ja nicht aus den Augen." Der Dunkelhaarige nickte.
"Niemals", erwiderte er ernst.
"Okay, na schön", meinte ich. "Ich muss jetzt trotzdem ein paar Sachen zusammenpacken." Steve nickte.
"Beeilt euch besser, eh wir unbeabsichtigt doch noch einen Streit mit einer Alienrasse mit Superkräften losbrechen", er ging zurück zu den anderen Avengers, die in ein leises Tuscheln verfielen. Ich blickte zu Bucky.
"Das war es dann wohl mit meinem ruhigen Tag", er nickte langsam, dann hob er die Hand, in der er noch immer meine hielt und drückte einen sanften Kuss auf meine Knöchel.
"Wir sollten uns fertig machen", meinte er und ging den Gang entlang zu seinem Zimmer. Ich seufzte und zog mich ebenfalls zurück, um eine Tasche zu packen und mir frische Klamotten anzuziehen. Wenn ich schon starb, dann wenigstens gut gekleidet. Als ich ein T-Shirt mit dem SHIELD-Logo, mein Schrank war nicht besonders vielfältig und neben diesen Shirts und ein paar, die ich mir von Wanda geliehen hatte besaß ich keine, und eine Jeans angezogen hatte, zog ich ein paar Boots an und bürstete nochmal meine Haare, bevor ich die vorderen Strähnen zurückband. Für einen Moment verspürte ich das Verlangen, mir einen Lidstrich zu ziehen und ein wenig Lippenstift aufzutragen, nur um einen Hauch von Normalität zu bekommen, doch ich drängte es zurück. Das war verschwendet und würde vermutlich ohnehin nur verschmieren. Ein leises Klopfen ließ mich herumfahren. Bucky lehnte im Türrahmen und musterte mich. "Ist alles in Ordnung?" Ich wusste nicht genau was ich antworten sollte. Irgendwie schon aber gleichzeitig auch nicht.
"Ich...", ich überlegte, wie ich es in Worte fassen sollte, nur um es dann sein zu lassen. "Schon gut. Ich bin nur nervös." Ich griff meinen Mantel und ging an ihm vorbei, zurück ins Wohnzimmer, wo noch immer alle warteten.
"Cap meinte, wir sollten uns nicht ausrüsten. Ich halte das allerdings für ziemlich leichtsinnig", begrüßte uns Stark zurück.
"Steve hat schon Recht. Es würde nur den Eindruck machen, ihr würdet einen Kampf erwarten und den wird es nicht geben", erklärte ich. "Ganz egal, was passiert." Ich sah zu dem Blonden und dieser nickte, als gäbe er mir Recht.
"Na schön aber wir begleiten euch wenigstens nach draußen", erklärte der Mann der heute Jeans, ein langärmliges Shirt und darüber ein T-Shirt mit einer Band trug, von der ich nie gehört hatte. Ich wollte widersprechen. "Nein, nein. Du bist Gast in meiner Basis, genauso wie der einarmige Bandit hier. Ich bestehe darauf."

»The vanished girl« // Bucky BarnesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt