-14-

24.9K 630 93
                                    

Miguel
5.34 Uhr / Samstag

Amara ist direkt in mein Zimmer gegangen, nachdem wir den Flur betreten haben. Während sie vermutlich weinend in meinem Bett liegt, sitze ich in meinem Büro und denke nach.

Kurz schrecke ich hoch, als es an meiner Bürotür klopft.

"Ja?", erwidere ich zugegeben etwas zu unfreundlich.
Ich sehe Xavier an der offenen Tür stehen. Normalerweise habe ich sie immer geschlossen, doch von hier habe ich einen perfekten Blick auf die Treppe.
Nur für den Fall, dass Amara wieder abhauen will.

"Boss, ich fahre jetzt los." , teilt mir Xavier mit.
Ich nicke.
"Lass ihn leiden." gebe ich ihm zu verstehen, dass er nicht gnädig mit dem Bastard sein soll.

"Was hat er so schlimmes getan?", fragt mich Xavier überrascht.
Ich winke ihn herein und gebe ihm ein Handzeichen, dass er die Tür schließen soll.

"Er sollte aufpassen, dass Amara nicht wieder abhaut, stattdessen hat er sie geschlagen.", erzähle ich ihm, während ich merke, dass meine Wut auf ihn noch immer nicht verschwunden ist.

"Verzeihung, Miguel. Aber sonst stört es dich auch nicht, wenn sich jemand an Frauen vergreift." Stirnrunzelnd schaut er mich an und setzt sich dann auf den Ledersessel vor meinem Schreibtisch.

"Heute aber eben schon.", versuche ich das Thema zu beenden.
Er schmunzelt.

"Was?", frage ich genervt.
"Du magst die Kleine.", stellt er fest.

"Sicherlich nicht.", gebe ich emotionslos von mir.
Dieses Mädchen sprengt meine ganzen Pläne und raubt mir meine Zeit und Nerven.

"Und jetzt verpiss dich.", fordere ich ihn auf zu gehen. Ich meine es nicht so, wie ich es gesagt habe, aber das weiß Xavier.
Er kennt mich schließlich gut.

Xavier verkneift sich ein Lachen und erhebt sich dann.
Auch ich muss schmunzeln, schaue jedoch weg. Ich habe keine Lust, dass er mich hinterher damit aufzieht.

Die Tür fällt ins Schloss und es ist wieder still im Büro.
Nur das gleichmäßige Ticken der Standuhr ist zu hören.

Es ist fast 6 Uhr in der Früh, daher leere ich mein Whiskeyglas und mache mich endlich auf den Weg ins Bett.

Kurz werfe ich einen Blick in mein Zimmer, in welchem Amara schläft.
Als ich genauer hinsehe, erkenne ich, dass sie nicht im Bett liegt.
Schnell mache das Licht an und stelle erleichtert fest, dass die Balkontür offen steht und sie draußen aufs Meer schaut.
Die aufgehende Sonne betont ihre geschmeidige Silouette.

"Du solltest schlafen, es ist fast sechs.", spreche ich sie an.
Sie zuckt mit den Schultern.

"Komm, leg dich jetzt hin."

Ich höre, wie sie genervt seufzt und halte sie deshalb am Arm fest.

"Du sollst dich benehmen, klar? Und damit du mich nicht falsch verstehst. Das ich vorhin so gnädig mit dir war, lag daran, dass du etwas schlimmes gesehen hast und ich weiß, wie sich das anfühlt. Aber glaub jetzt bloß nicht, du könntest deshalb am laufenden Band krumme Dinger drehen!", zische ich ihr deutlich entgegen.

Eingeschüchtert nickt sie, dann lasse ich ihren Arm los und schaue zu, wie sie sich unter die dünne Decke legt.
Kurz darauf verlasse ich das Zimmer.

"Theo! Pass auf, dass sie nicht wieder versucht abzuhauen.", gebe ich einem meiner Männer den Auftrag sich vor ihr Zimmer zu stellen. Als er sich in Bewegung setzt, gehe auch ich endlich in mein Zimmer, um mich ein paar Stunden auszuruhen.

Amara

7.48 Uhr

Ich wache auf, als Miguel nicht gerade leise ins Zimmer stürmt. Er geht, ohne mich zu begrüßen, direkt auf seinen Schrank zu und holt sich einen Anzug heraus. Ich schaue auf den Wecker neben meinem Bett.

Gemervt lasse ich mich zurück ins Kissen fallen.

"Mein Handy ist noch immer weg.", spreche ich ihn an, als er fertig angezogen aus dem Bad tritt.
Die schwarze Anzughose sitzt ihm tief auf den Hüften, das weiße Hemd verdeckt seinen muskulösen Oberkörper, trotzdem kann man seine Muskeln erahnen.
Er zuckt mit den Schultern.

"Interessiert mich nicht."
Desinteressiert faltet er sein Shirt. Wut steigt in mir auf.

"Meine Freunde machen sich Sorgen!", werde ich lauter und steige aus dem Bett. Sein Blick landet direkt auf meinen nackten Beinen.
Ich versuche das nötigste zu verdecken, denn das Shirt, welches mir gestern hingelegt wurde, geht mir nur knapp über den Hintern.

"Rede mit mir!", versuche ich seine Aufmerksamkeit wieder auf mich zu lenken. Zumindest auf mein Gesicht.
Er scannt weiterhin meine Beine, dann nimmt er das Shirt in die Hand und geht in Richtung Tür.

"Mach dich fertig. Um 9 Uhr wird mein Bruder kommen und wir werden über alles weitere sprechen."
Mit diesen Worten lässt er mich im Zimmer zurück, ohne auf mein Problem einzugehen.

"Arschloch!", fauche ich vielleicht etwas zu laut, doch selbst wenn er es noch hört, dann hat er es verdient. Soll er mich doch wieder anschreien oder mir drohen!
Was hab ich bitte noch zu verlieren?

Meine Mutter ist tot, mein Bruder ist keine Ahnung wo. Meinem Vater kann keiner Bescheid geben.
Ich kann nicht mal meinen Freunden Bescheid geben.
Sie werden sich sicherlich Sorgen machen, weil ich gestern nicht auf der Party aufgetaucht bin.

Am besten wäre es, wenn ich irgendwie an Miguels Handy komme. Dann könnte ich wenigstens meinen Vater anrufen und ihm alles erzählen.

Er könnte mich hier raus holen.

AmaraWo Geschichten leben. Entdecke jetzt