Chapter 2

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Ein harter, aber glorreicher Tag war wieder einmal vergangen. Unser Wochenminimum wurde erreicht und nun konnte ich mich entspannt auf meiner Couch zurücklegen. Aus den Boxen meines Bildschirmfernsehers, der mit wenigen Schrauben an der Wand befestigt war, waren ruhige, melodische Klänge zu hören, die mit Einklang des knisternden Feuers meines Kamins für pure Entspannung sorgten. Momente, wie diese waren perfekt, um in sich zu kehren und Ruhe zu finden. Sie ließen mich jeglichen Gedanken an die Arbeit oder irgendwelche Klienten vergessen. Langsam schloss ich die Augen und lauschte dem mir sich bietenden Spektakel der Geräuschen, die meine Ohren zu massieren schienen. So beruhigend. Zu beruhigend, dachte sich mein kuschliges Haustier und sprang auf meinen Bauch. Zu meinem Glück war sie eine geschmeidige Katze und kein nervtötender Köter, der mir meine Gedärme nun eingequetscht hätte. Ihre schmalen, blauen Augen musterten mein halb-schlafendes Ich. „Du hast bestimmt Hunger, hab' ich Recht?", wie auf's Kommando miaute sie, was für mich Antwort genug war. Als ich wieder in die schmalen Augen meiner Katze blickte, wanderten meine Gedanken zu Carla, dessen Augen mich heute ebenfalls, wie soll ich sagen,  fasziniert hatten. Und auch hier fiel mir ein Spruch meiner geliebten Mutter ein, die immer zu sagen pflegte: „Verliebe dich in die Augen der Menschen, denn ein Gesicht altert, die Augen jedoch verändern sich nie." Doch die einzigen Augen, in die mich von Tag eins verliebt hatte, waren die meiner gatita. Und den Blicken zufolge ihrerseits, beruhte diese Liebe auf Gegenseitigkeit.
Liebe, ein sehr komisches, kitschiges und doch mächtiges Wort. Was bedeutete Liebe überhaupt? Meine Mamá, liebte ich nicht nur, ich vergötterte sie. Sie war die ehrlichste, netteste und liebevollste Person, die ich in meinem Leben je kennenlernen durfte. Neben ihr, mein papá, ihn liebte ich für seine sachliche und tiefsinnige Person, er war das beste männliche Vorbild, das ich mir je hätte vorstellen können und ich hoffte innig, irgendwann, wie er sein zu können. Mit meinen fast dreißig Jahren, durfte ich zwar seine Firma führen, war aber noch nicht einmal ansatzweise dabei in seine Fußstapfen zu treten. Dieser Mann hatte so viel erreicht, so viel gegeben, mich so viel gelehrt, ich würde ihm gerne, wenn auch nur den Hauch, das Wasser reichen können. So perfekt waren sie beide zusammen, so perfekt, dass ich mir von dem Moment, an dem beide ihre letzten Atemzüge machten, ständig einredete, dass Gott sie zu sich nehmen musste. Es gab viele Menschen, die Gott dafür hassten oder sich selber verabscheuten, sobald geliebte Menschen von ihnen gingen, viele Menschen, die in ein schwarzes Loch fielen und sich selber für den Lauf der Natur verantwortlich machten. Der Todestag eines Menschen, wird am selben Tag seiner Geburt festgelegt, wenn Nicht einmal Gott den Tag im Laufe deines Lebens verschiebt, wird auch kein Mensch diesen Zeitpunkt verhindern können, auch nicht wenn er andere Entscheidungen getroffen hätte. Deshalb war es mir auch nie in den Sinn gekommen, über den Tod meiner beider Eltern trauern zu müssen, selbstverständlich tragisch, zumal der Umstände entsprechend, doch ich redete mir selber ein, dass es so sein sollte, so sein musste. Natürlich trauerte ich ab und an nach, ganz besonders wenn es darauf ankam, wenn ich einen Rat brauchte, sei es ein geschäftlichen oder ein persönlichen, ich konnte von beiden Lebenserfahrungen meiner Eltern eine Menge mitnehmen, sicherlich auch welche weitergeben, falls es dazu eines Tages kommen sollte, jedoch nicht kommen muss, solange es vermeidbar ist. Es ist nämlich nicht so, dass ich von mir selber behaupten könnte, ich würde einen schlechten oder gar den perfekten Vater abgeben, vielmehr gab mir mein Umfeld Bedenken, ein Umfeld in dem ich meine Kinder nicht aufwachsen sehen möchte und falls meine zukünftige Frau auch nur ein wenig Verstand hat, würde sie das auch nicht wollen. Mamá hatte von Anfang an verlangt in einer ruhigen, familienfreundlichen Gegend zu leben, in einer Gegend in der die Kriminalitätsrate gleich Null war, denn auch wenn meine aus den schrecklichsten barrio bajos schlechthin kamen und sie gewiss einige Erfahrungen und Lektionen daraus sammeln konnten, war es zum Schluss nicht kinderfreundlich und sie wären froh, wenn sie so eine Kindheit gehabt hätten, wie diese die sie mir ermöglicht hatten.

Jedenfalls war ich schon darauf gespannt, wie sich Carla als meine persönliche Assistentin anstellen würde. Würde sie ihre Arbeit gut machen oder mir einen Todesblick nach dem anderen zuwerfen, mir ihre kalte Schulter zeigen und mich stets wissen lassen, dass sie nur wegen ihres geizigen Vaters hier war? Wobei es doch ihr Vorschlag war meine Assistentin zu spielen, oder wurde sie tatsächlich von dem Alten gezwungen? Naja, sie hat einen Monat und wenn ich in diesem Monat unzufrieden war, ganz egal was es auch sein mag, ist sie raus und das endgültig. Sie und ihre ganze Familie.
Mein papá hat mir immer gesagt, ich sollte einen Deal immer mit offenem Herzen, reinem Wissen und Gewissen angehen und nicht nur das Geld vor Augen halten und genau das war der Grund, wieso Carla diesen Job ab Morgen hatte, denn danach könnte mir niemand vorwerfen ich hätte ihrem Vater keine Chance gegeben.

„Hijo, wer bist du?", fragte ein zornig dreinblickender, um die 50 Jahre alter Herr, seinen kleinen Sohn. Bei dem Anblick seines Vaters kam es ihm vor, als würde die Stimme seines Vaters aus seinen zusammen gezogenen Augenbrauen mit ihm sprechen und nicht aus seinem Munde, das an seinen Mundwinkeln von jeweils links und rechts liegenden Grüppchen umarmt wurde. Denn wenn man nur den unteren Teil seines Gesichtes betrachtete, wirkte es, als würde er lächeln. Seine Augen hingegen strahlten pure Wut aus. „Dein Sohn?", antwortete der kleine Junge ihm, wobei sich seine Antwort eher wie eine Frage anhörte. „Wer du bist habe ich gefragt!"
„Raees Álvarez!", kam es nun doch wie aus einer Pistole geschossen, „Sohn von Mateo und Angela Álvarez!" Dieses Mal glich seiner Antwort die eines Soldaten, dem eine Frage seines Kommandanten gestellt wurde.
„Und wer denkst du, dass du bist, deinem Klassenkameraden in sein Gesicht schlagen zu dürfen? Wer bist du, dass du entscheiden darfst, jemandem Schmerzen zuzufügen? Denkst du, du wärst ein Gott dir das Recht dafür nehmen zu dürfen?" Die harten Worte seines Vaters fühlten sich wie Schüsse an, die ihn mit jeder Silbe zu treffen schienen, ihn erdrückten und zu Boden zwangen. „Pero...Toni hat mir gesagt er gibt mir 10 Dollar, wenn ich das mache...", versuchte er sich für seine Tat zu rechtfertigen, doch genau in dem Moment, als er seinen Standpunkt erklären wollte, fiel ihm auf wie lächerlich sich das anhörte, wie lächerlich das Angebot von Toni war, jedoch bei Weitem nicht so lächerlich wie die Tatsache, dass Raees es wirklich gemacht hatte. „Ist für dich Geld das Wichtigste im Leben? Te falta dinero, hm?" Raees konnte seine Tränen nun nicht mehr zurückhalten. Es waren keine Tränen der Trauer, weil ihn sein Vater ausschimpfte. Wohl eher galt die klare Flüssigkeit, die langsam aber sicher aus den Augenwinkeln des zehnjährigen Raees sickerte, als Zeichen dafür, dass er sich zu Grund und Boden schämte.
„Das reicht Mateo, er hat es verstanden.", setzte die mitfühlende Stimme seiner Mutter nun ein Ende, „er wollte wohl nun auch mal sein eigenes Geld verdienen." 
„Durch eine Schlägerei?!", entsetzt schnaubte Mateo auf, „du bist immer so nachsichtig mit ihm, mi Amor." Angela's engelhaftes Lachen erhellte den Raum. „Und du bist immer so hart zu ihm, mi Amor."

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⏰ Letzte Aktualisierung: Mar 28, 2021 ⏰

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