Game On

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Der Morgen des 31. Oktobers begann wie jeder andere Samstag im Schlafsaal der Hufflepuffs bisher. Während Aviana sich knapp nach sieben Uhr in den Gemeinschaftsraum schlich, um der am Vortag gefassten Hausarbeit nachzugehen, versprach Merle's leises Schnarchen zumindest einige Minuten Ruhe mit den eigenen Gedanken.

Cal würde auch noch nicht wach sein, denn Sloan's gestrigen Hinweis, das Frühstück am nächsten Tag klein ausfallen zu lassen und Raum für das Festessen am Abend zu lassen, hatte ihnen allen ein erleichtertes Seufzen entlockt. Für einmal würden sie etwas länger schlafen können.
Aviana war jedoch froh um diese kurze Zeit allein. Nicht, weil sie ihre beiden Freunde umgehen wollte, aber weil sie diese Nacht von ihrem Vater geträumt hatte. Die Tränenspuren waren nicht mehr sichtbar, aber ihren Augen traute sie nicht. Auf keinen Fall wollte sie Merle erklären müssen, weshalb sie so traurig aussah. Das wäre nicht fair gewesen.

So genoss sie die nächsten 30 Minuten, während denen sie noch ein letztes Mal etwas in Quidditch im Wandel der Zeiten nachschlug und sich um die Pflanzen kümmerte.

Die Sessel und Sofas um das wärmende Feuer waren trotz der frühen Morgenstunden besser besetzt als angenommen, wobei es Aviana nicht hätte wundern sollen. Der Regen vor dem Fenster wirkte alles andere als einladend für eine Lernstunde am See oder ein Zauberschnippschnapp beim Steinkreis. Zusätzlich waren die Temperaturen in den vergangenen zwei Tagen gefühlt um die Hälfte gesunken, da hielt man sich selbst in den Gängen oder der Bücherei nicht gerne freiwillig auf.

Das Plätschern des Wassers, das stetig und ruhig aus der Kanne in die mit Erde gefüllten Töpfe floss, war jedoch beruhigend und stand im starken Kontrast zu den wütenden Regentropfen, die vom Wind unregelmäßig gegen die Fenster gepeitscht wurden.

Aviana's Gedanken wanderten wieder zu ihrem Vater. Wie das Wetter in Corris wohl gerade war? Musste er in ein paar Stunden ebenfalls bei strömendem Regen gewisse Pflanzen pflegen oder konnte er beim Rasenmähen der Sonne dabei zusehen, wie sie die ersten Vögel weckte?

Zwei Monate. Es waren zwei Monate vergangen, und doch fühlte es sich an wie eine halbe Ewigkeit. Wie hätte er reagiert, wenn er sie das erste Mal auf diesem Besen gesehen hätte? Wenn er miterlebt hätte, wie sie Wasser aus ihrer Zauberstabspitze hatte schießen lassen können?

„Es wird besser mit der Zeit." Die sympathische Stimme der Hufflepuff Vertrauensschülerin riss Aviana aus ihren Gedanken und sie blickte nach rechts in Sloan's schmales, freundliches Gesicht. „Ich kenne diesen Gesichtsausdruck und kann gut nachvollziehen, wie du dich gerade fühlen musst."

„Es ist nur ... ich vermisse meinen Papa gerade so sehr." Aviana wollte nicht weinen, aber die Tatsache, dass Sloan sie darauf angesprochen hatte und nicht Merle, trieben dennoch ein paar wenige Salzperlen über ihre Wangen.

Der Gedanke daran, dass sie sich heute unter normalen Umständen wahrscheinlich gemeinsam mit ihrem Vater in die Küche gestellt und einen Kuchen gebacken hätte, nachdem er von der Arbeit nach Hause gekommen wäre, und diesen spät am Abend bei einem Memory-Spiel genascht hätten, machte die emotionale Gefühlslage nicht gerade besser.

„Und das ist auch okay so. Das zeigt doch, wie lieb du ihn hast. Ich bin mir sicher, dass auch dein Vater dich vermisst. Aber weißt du, was ich auch denke? Dass dein Dad gerade so stolz auf dich ist und sich für dich freut. Dass er es kaum erwarten kann, von dir zu hören, was du hier alles lernst und erlebst."

Durch einen verschleierten Schimmer sah sie das aufrichtige Lächeln der 16-jährigen und nickte durch den sanften Schluchzer.

„Hast du ihm denn schon einen Brief geschrieben? Es gibt ein Dutzend Schuleulen, die du gerne benutzen darfst."

Huffle-inWo Geschichten leben. Entdecke jetzt