Am Montag um fünfzehn Uhr klingelt es an der Tür. Ich sprinte den Flur entlang und reiße die Tür auf. Emily lächelt mich an und ich lächle zurück und spüre wie ein leichtes Kribbeln in meinem Bauch aufsteigt. Oh nein, hoffentlich muss ich nicht genau jetzt auf’s Klo...
Ihr Papa wünscht uns viel Spaß und sagt, dass er sie um sieben abholen kommt. Dann drückt er Emily einen Kuss auf die Stirn und winkt mir zum Abschied zu.
Schüchtern lächeln Emily und ich uns an bis mir einfällt, sie hereinzubitten. Ich mache an der Tür Platz und Emily betritt den Flur, den wir gestern extra nochmal gesaugt haben. Sogar neue Blumen hab‘ ich gekauft, die stehen jetzt auf der Kommode neben dem Schuhregal. Emily stellt jetzt ihre Schuhe hinein. Als sie Hausschuhe aus ihrem Rucksack zieht schüttle ich den Kopf. „Die brauchst du hier nicht.“ „Okay“, sagt sie und streicht sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Wieder kribbelt es in meinem Bauch und ich bin echt froh, dass Mama aus der Küche kommt. „Hallo Emily, schön dich zu sehen“, sagt Mama.
„Ich muss kurz auf’s Klo“, sage ich zu Emily und mache das ich wegkomme. Leider ist das kleine Badezimmer direkt gegenüber von der Küchentür, vor der Emily und Mama stehen. Ich mag gar nicht daran denken, dass sie etwas hören könnte. Doch ich muss gar nicht. Wie komisch. Spielt mir mein Bauch etwa Streiche?
Nachdem meine Hände gewaschen und abgetrocknet sind öffne ich dir Tür und spähe hinaus in den Flur. Aus der Küche höre ich Mamas und Emily Stimmen.
„Magst du auch einen Kakao?“, fragt Mama als ich hereinkomme. „Nein, gerade nicht.“ Nicht, dass ich noch spucken muss.
Emily sieht mich fragend an. „Ist alles in Ordnung?“ „Mein Bauch ist heute etwas empfindlich“, meine ich und zucke mit den Schultern, weil ich mir nicht anders zu helfen weiß. „Soll ich dir einen Tee machen?“, fragt Mama und setzt das Wasser auf.
Ein paar Minuten später sitzen Emily und ich mit dampfenden Tassen auf meinem Teppich. „Hat deine Mama gar keine Angst, dass wir was verschütten?“, fragt Emily. „Nö“, sage ich und fahre durch die Fransen. Sie sind zusammengebackt und ich versuche sie mit den Fingern zu kämmen, aber ich komme nicht hindurch. „Meine Mama erlaubt mir das nicht.“ „Ich weiß“, sage ich, weil ich mich noch gut daran erinnere, wie sehr sie das Malen aufgeregt hat.
Emily stellt die Tasse neben sich und sieht mich an. „Und was machen wir jetzt?“ Am liebsten hätte ich ihr vorgeschlagen zu malen, aber ich will sie nicht permanent daran erinnern, dass ihre Mama so streng ist. Deshalb schlage ich vor: „Wir könnten mit meinen Barbies spielen.“ Emily stimmt begeistert zu und hole die Barbies von ihrem neuen Platz auf der Kommode.
„Also, ich habe Reiterin-Barbie, Barbie aus der Prinzessinnenakademie, Teresa und natürlich Ken“, präsentiere ich meine Liebsten, „Welche möchtest du spielen?“ „Hm… Teresa, die hat so schöne braune Haare.“ Mein Herz macht einen Satz, weil Emily mich dabei so direkt anschaut, dass ich denke, sie spricht über meine Haare. Automatisch greife ich nach meinem Pferdeschwanz und werde rot. „Möchtest du lieber Teresa spielen?“, fragt Emily, „Ich kann auch die Barbies oder Ken spielen.“ „Nein, nein, du kannst sie spielen. Ich bin dann Reiterin-Barbie.“ „Okay.“
Wir denken uns eine Geschichte aus. Reiterin-Barbie hat ein Turnier und ihre Freundin Teresa sieht ihr dabei zu. Emily ist begeistert, als ich das Barbie Pferd aus dem Regal hole und meine Barbie ihrer Barbie zeigt, wie man reitet.
Nach der Reitstunde lässt Emily Teresa meine Reiterin-Barbie umarmen und dann haben wir keine Lust mehr zu spielen. Wir liegen einfach auf meinem Teppich und schauen zur Decke, so wie damals in ihrem Zimmer.
Ich hab‘ noch nicht wieder Sterne an meine Decke geklebt, aber nehme es mir fest für die nächste Woche vor. Auch Emily bemerkt, dass meine Wände sehr karg sind.
„Du hast ja gar keine Fotos“, stellt sie fest. „Wir haben nicht so viele“, sage ich und bin ein bisschen neidisch, dass bei Emily der ganze Flur voll hängt. „Die meisten Fotos stehen auf den Nachttischen von meinen Eltern“, erkläre ich ihr, „Und dann sind noch welche im Wohnzimmer und auf der Kommode im Flur steht noch eins mit meinen Großeltern.“ Emily nickt. Bestimmt hat sie das Foto vorhin gesehen. Dann sagt sie: „Wir könnten jetzt eins machen.“ „Was machen? „Na, ein Foto“, sagt Emily und rappelt sich auf. Ich sehe zu ihr hoch und kann gar nicht anders als zuzustimmen. Und als ich das mache lächelt sie mich so glücklich an, dass ich sogar hundert Fotos mit ihr machen würde.
Mama findet Emilys Idee gut und holt eine Kamera aus dem Wohnzimmer. Wieder in meinem Zimmer schlägt Emily vor uns auf den Boden zu legen, weil mein Teppich so schön lila ist und dann rutscht sie ganz nah an mich ran und legt ihren Kopf auf meine Schulter. Am liebsten würde ich für immer so mit ihr liegen bleiben.
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Ende Teil 1.

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Nur drei Sätze
Roman pour AdolescentsCaro und Emily lernen sich in der Grundschule kennen. Nach dem Wechsel auf's Gymnasium kommen sich die beiden näher, was aber nicht jedem Elternteil gefällt. Emilys Mutter sieht in Caro nicht den erwünschten Karriereprinzen für ihre Mutter und auch...