Kapitel 5

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Mein Wecker klingelte um sieben Uhr. Ich hatte ausnahmsweise mal gut geschlafen und nichts geträumt. Seit meiner Kindheit litt ich an Albträumen, die mich selten durchschlafen ließen, weshalb ich ständig müde war. Doch heute fühlte ich mich gut. Ich zog mein Outfit für heute an, entschied mich für zwei dünne goldene Ketten und einem goldenen Armband und tuschte meine Wimpern. Da sich über Nacht zwei Pickel auf meiner Stirn gebildet hatten, deckte ich sie kurzerhand mit Concealer ab. Für mehr war keine Zeit. Dann suchte ich meine Sportsachen zusammen und packte meinen Rucksack. In der Küche machte ich mir etwas zu frühstücken und beschloss heute etwas beim Kiosk zu kaufen. Meine Eltern waren schon außer Haus, wie jeden Morgen. Um 20 vor acht verließ ich schließlich das Haus und fuhr mit dem Bus zur Schule. Ein Blick auf den Vertretungsplan in der Pausenhalle verriet mir, dass die letzte Stunde -Kunst- heute ausfallen würde. Automatisch hob sich meine Laune und ich steuerte auf Paul zu, der neben der Treppe an der Wand lehnte. „Morgen." Ich ließ meinen Rucksack von meiner Schulter rutschen und lehnte mich ebenfalls gegen die Wand. „Hi." Wie jeden Morgen war er nicht sehr gesprächig. Schweigend standen wir nebeneinander. Kurz vor dem Klingeln tauchten Emilia und Kyle auf. Zusammen gingen wir zum Geographieraum. Ich entspanne mich etwas, doch als ich an die vor mir liegende Sportstunde dachte, wurde ich wieder nervös. Die nächsten drei Stunden vergingen wie im Flug und schon lag diese Stunde vor mir. Zusammen mit Kyle und Paul ging ich hinunter zu den Turnhallen. In der Umkleidekabine zog ich mich langsam um und betrat zusammen mit den anderen Mädchen die Halle. Die meisten Jungs waren schon da und auch Herr Russo stand schon in der Mitte. Ich stellte mich mit einem Mädchen namens Samantha zu Kyle und Paul. Samantha war letztes Jahr zu uns gewechselt, aber wir hatten nicht viele Kurse zusammen. „So guten Morgen." Herr Russo ergriff das Wort. „Die meisten kennen mich noch nicht. Ich bin Matteo Russo und ich unterrichte seit diesem Halbjahr Sport und Englisch hier. Ich bin ein großer Fan von Mannschaftssport, ich hoffe ihr habt nichts dagegen." Ein Großteil der Schüler stöhnte und Herr Russo fing an zu lachen. Er hatte ein verdammt attraktives Lachen. Konzentration Olivia! Ich stellte mich gerade hin. „So, dann werde ich mal schauen wer hier im Kurs ist." Er sah sich kurz um und unsere Blicke trafen sich. Er lächelte. Augenblicklich wurde ich tiefrot. „Alles okay, Liv? Du siehst aus, als wäre dir ziemlich warm, hast du Fieber?" Samantha lachte leise. „Nein nein, alles okay." Ich hörte Herr Russo dabei zu, wie er einen Namen nach dem anderen aufrief. Je näher er meinem kam, desto nervöser wurde ich. „Olivia Lorenz?" Herr Russo sah mich direkt an. Ich räusperte mich. „Hier.", sagte ich deutlich. Es hört sich normal an. Erleichtert atmete ich aus. Mir war jetzt schon so warm, als hätte ich drei Stunden am Stück Sport gemacht. „Sehr schön." Herr Russo fuhr mit seiner Liste fort. „So, ich würde sagen, ihr lauft euch jetzt erstmal fünf Runden warm, danach machen wir weiter." Ein Stöhnen ging durch die Reihen und die ersten setzten sich schwerfällig in Bewegung. Ich lief zusammen mit Samantha. Vor uns liefen die Jungs. Ich hatte normalerweise keine Probleme mit dem Laufen, doch heute war es anders. Schon nach vier Runden bekam ich heftiges Seitenstechen und als ich endlich die zehnte Runde beendete, war mir schwindelig. Unauffällig lehnte ich mich an die Wand. „Alles okay?" Kyle sah mich besorgt an. „Jaja, alles gut." Ich stellte mich normal hin und hörte Herr Russo zu, der gerade erklärte, dass wir jetzt Handball spielen würden. Ich hasste Handball. Glücklicherweise musste ich nicht ins Tor. Kyle und ich waren diesmal zusammen in einem Team aber mussten zum Glück nicht die alten Hemden anziehen. Ich wollte nicht wissen, wann die das letzte Mal gewaschen wurden. Wir stellten uns auf unsere Positionen und Herr Russo warf den Ball ein. Augenblicklich schnappte sich Kyle den Ball. Er spielte Basketball, dementsprechend war Handball nicht unbedingt schwer für ihn. Innerhalb der nächsten zehn Minuten stand es schon vier zu eins für unser Team. Der Ball wurde erneut von der gegnerischen Mannschaft eingeworfen und diesmal war ich diejenige die im Ballbesitz war. Im Augenwinkel sah ich einen meiner Mitschüler und wollte ihm gerade den Ball zupassen, doch plötzlich wurde mir schwindelig und kurzzeitig schwarz vor den Augen. Ich stolperte und stieß mit Samantha zusammen. Ich spürte, wie ich umknickte und hart auf dem Boden aufkam. Ich hatte unheimliche Kopfschmerzen und alles drehte sich. „Liv, alles okay?" Samantha kniete neben mir. Benommen drehte ich mich auf den Rücken und versuchte mich aufzurichten. Herr Russo tauchte in meinem Sichtfeld auf. „Ganz langsam.", sagte er und kniete sich ebenfalls neben mich. Zusammen mit Samantha stützte er mich und half mir beim Aufstehen. „Okay Leute, spielt weiter, ich bin gleich wieder da." Die beiden brachten mich in die Mädchenumkleide und ich ließ mich auf der Bank nieder. „Wo hast du Schmerzen?", fragte Herr Russo mich. „Mein Knöchel und mein Arm." Ich spürte wie etwas warmes meinen Ellbogen hinunter lief. Ich drehte meinen Arm und entdeckte eine Schürfwunde. Unser Lehrer erhob sich und verließ die Umkleide. Wenig später kam er mit Tüchern und einem Kühlpack zurück. „Geh ruhig zurück, ich kümmer mich um Olivia.", meinte er zu Samantha und diese nickte. Nachdem sie den Raum verlassen hatte, entstand eine unangenehme Stille. „Wie ist das passiert?", fragte er mich schließlich. „Mir war plötzlich schwindelig.", antwortete ich wahrheitsgemäß. „Hast du das öfter?" Mit hochgezogenen Augenbrauen sah er mich an. „Manchmal.", sagte ich nur. Er nickte bloß. Er kniete sich vor mir hin und begann damit meinen Schuh auszuziehen um meinen Knöchel zu verbinden. Seine starken Hände berührten sanft meine Haut und ich wusste genau, dass er meine Gänsehaut sah. „Ist dir kalt?", fragte er amüsiert. Er wusste genau, dass er daran Schuld war, da war ich mir sicher. Doch ich nickte bloß. Als er fertig war meinen Knöchel zu verbinden, drückte er das Kühlpack darauf. „Du musst damit auf jeden Fall noch zum Arzt.", meinte er und ich nickte wieder. „Na wenn du auch im Unterricht so wenig sprichst, dann wird das mündlich nichts.", lachte er plötzlich. „Ich bin gut im mündlichen.", verteidigte ich mich. „Mir ist einfach nur noch ein bisschen schwindelig." „Ganz ruhig, Olivia. Ich zieh dich doch nur auf." Mal wieder zwinkerte er mir zu. Dann richtete er sich auf und setzte sich plötzlich dicht hinter mich.

Verborgene Lust Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt