Kapitel 1-Kayley

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Meine Augen brannten. Ich wusste nicht, wie lange ich hier nun schon saß; ich wusste nur, dass es eine lange Zeit sein musste, schließlich neigte die Sonne schon zum untergehen, genauso wie mein Leben, nur etwas friedlicher. Nachdem ich meine ,,beste'' Freundin mit meinem ,,Boyfriend'' zusammen gesehen hatte und ich losgerannt war, gefühlt durch ganz London, in Wahrheit aber nur ein paar hundert Meter, da Ausdauer noch nie eine meiner Stärken war, bin ich irgendwann gemütlich aber dennoch bestürzt durch die überfüllten Straßen gelaufen. Anschließend habe ich mir, in der Hoffnung, es würde mir etwas Trost spenden, einen neuen Kaffee bei Starbucks geholt, den ich allerdings schneller getrunken hatte als ich ihn bezahlt hatte. Nachdem ich also den ganzen Kaffee getrunken hatte, ging ich weiter, ohne ein bestimmtes Ziel im Visier, bis ich irgendwann an den Jubilee Gardens angekommen war. In diesem Park hatten Noah und ich uns damals kennengelernt. Es war Liebe auf den ersten Blick gewesen, seine großen, blauen Augen und sein dunkelbraunes, lockiges Haar hatten es mir sofort angetan. Ich hatte nie wirklich an Liebe, vor allem nicht an die wahre Liebe, geglaubt. Und ich dachte er wäre es, den ich später einmal heiraten würde, doch nun wusste ich, dass das nicht der Fall sein wird. Was ein Arschloch! Und dann auch noch meine beste Freundin Alea, die seit Kindergarten-Zeiten an meiner Seite war. Anfangs hatten wir uns gehasst, wir hatten uns sogar mal gegenseitig Sand ins Gesicht geworfen. Als Strafe für dieses Verhalten hatten uns die Betreuer damals zusammen in ein Zimmer gestreckt und gewartet, bis wir uns vertrugen. Seit diesem Tag an waren wir die, die den anderen Kindern den Sand in die Gesichter geworfen hatten . In der Grundschule, als Alea das erste mal so richtig verknallt war, in diesen Typen namens Frederic, und dieser sie wegen Julie hat abblitzen lassen und Alea eine Woche lang nur geheult hatte und meinte, sie würde diesen Schmerz nicht überleben, hatte ich Frederic im Sportunterricht einen Ball so hart zwischen seine Beine geworfen, dass er heulend zu Boden fiel. Dass meine Mum dafür bei Mrs. Tomlinson antanzen musste, war mir egal gewesen. Frederic hatte dies alles verdient gehabt, da er meiner besten Freundin das Herz gebrochen hatte. Doch nun war ich diejenige mit dem gebrochenen Herzen. Ich musste mir die Tränen verkneifen, da ich seit Stunden heulend im letzten Eck des Parks saß und über mein scheiß Leben nachdachte. Mein Herz war schon einige Male gebrochen worden, doch dieses mal tat es mehr weh. Sie waren das einzige, das ich noch in meinem verdammt beschissenen Leben hatte. Und nun waren sie ebenfalls fort, und ich allein. Ich blickte zu dem Riesenrad hinüber und brach erneut in Tränen aus. Womit hatte ich das alles verdient ? Seufzend entschied ich mich allerdings dennoch  aufzustehen und mich auf den Weg nach Hause zu machen. Heute morgen war ich noch ein Zombie gewesen, nun sah ich aus wie ein Zombie, der schwarze Tränen vergoss, da meine ganze Mascara in meinem Gesicht klebte. Zum Glück hatte ich meinem Boss geschrieben, dass es mir plötzlich nicht mehr so gut ging und ich deswegen wieder nach Hause gegangen wäre, denn so wären alle Kunden in einen anderen Buchladen gegangen, schon allein wegen meinem Anblick. Als ich den Park verließ und um die Ecke Richtung Bushaltestelle lief, kam ich an einer Bar vorbei. Eigentlich trank ich seit einigen Jahren keinen Alkohol mehr, denn schließlich war dieser der Anfang meines Untergangs gewesen, aber nun hatte ich das dringende Bedürfnis dazu, die Bar zu betreten und mir einen Tequila oder einen Vodka Soda zu bestellen. Bei den Gedanken an ein kaltes Glas wurde ich noch durstiger, als ich es eh schon war. Schließlich hatte ich zuletzt heute Vormittag einen Kaffee getrunken. Bevor der Engel auf meiner Schulter mir ausreden konnte, die Bar zu betreten, war ich auch schon eingetreten. Der Geruch von starkem Alkohol drang in meine Nase ein. Ich setzte mich an den Tresen und schaute mich um. Die Wand war mit dunkelbraunem Holz verkleidet, die Lampen sahen auch sehr altmodisch aber dennoch sehr schick aus. Die Bar war gut besetzt, es gab kaum freie Tische mehr. Der Barkeeper riss mich aus meinen Gedanken. ,, Hallo, junge Lady, was kann ich Ihnen anbieten?'' fragte er mich mit einem breitem Grinsen. Er hatte hellbraunes, lockiges Haar, strahlend weiße Zähne und volle Lippen. Oh shit sah der gut aus! Doch sofort musste ich wieder an Noah denken, weshalb meine Freude sofort wieder verflog und mein Mimik wieder finster wurde. Mürrisch antwortete ich ihm: ,, Einen Vodka Soda, bitte!'' Er sah mich fragend und gleichzeitig besorgt an, fragte aber nicht weiter nach, wofür ich ihm sehr dankbar war, weil ich sonst wohl wieder angefangen hätte zu weinen. Ich sah schließlich schon mitgenommen genug aus. Als er mir mein Getränk in die Hand drückte und mich aufmunternd anlächelte, trank ich alles auf einmal aus. Mein Mund brannte etwas, aber der Herzschmerz war deutlich schmerzhafter. Ich drückte ihm mein Glas erneut in die Hände und grinste, während ich nochmal einen bestellte. Und noch einen. Und noch einen. Irgendwann hörte ich auf zu zählen. Der Alkohol vertrieb meinen Herzschmerz und ich fühlte mich endlich wieder fröhlich, so fröhlich wie schon lange nicht mehr. Doch als ich den letzten Vodka in die Hand nahm, verschwamm plötzlich alles vor meinen Augen und mir wurde schwindelig. Ich hörte noch den netten Barkeeper fragen, ob alles in Ordnung mit mir sei, doch dann war plötzlich der ganze Ton weg. Kein Stimmengewirr mehr, kein Lärm mehr vom Feierabendverkehr. Das letzte, was ich spürte, war, wie ich von meinem Stuhl kippte und mit dem Kopf auf dem harten Parquet aufschlug. Dann spürte ich plötzlich nichts mehr. Alles war weg.



The light in my darknessWo Geschichten leben. Entdecke jetzt