Die Reise war danach nicht einfacher gewesen, aber als die emotionalen Unannehmlichkeiten verschwanden, kamen die physikalischen. Von den Hauptstraßen fernzubleiben hieß, dass sie schwierigere und seltener bereiste Pfade nehmen mussten, welche oft durch Schluchten und an Klippen entlang verliefen, die tief in die Berge geschnitten waren. Frühlingsschnee ruhte noch auf den Bäumen und rieselte auf sie herab, wenn eine kühle Brise wehte. Keiji hielt es für ein kleines Wunder, dass sie noch nicht von einem Sturm heimgesucht worden sind.
Auf der anderen Seite des Berges lag das Königreich von Seijoh. Aber davor lag die Grenzstadt Date-ko, welche neben der eisernen Brücke lag. Sie lag an der Hauptstraße, aber daran konnten sie nichts ändern. Die anderen Bergpässe waren noch immer mit Schnee versperrt.
Sie schliefen außerhalb der Stadt und hatten ein Lager im Wald aufgeschlagen, wie sie es schon in den Nächten davor getan hatten: ein kleines Feuer, ein Zelt und Schlafsack, der gerade so einen Menschen bergen konnte, geschweige denn zwei. So nah an der Stadt hielten sie nachts abwechselnd Wache und am Morgen sattelte Bokuto sein Pferd.
„Wenn ich nachmittags noch nicht wieder zurückgekehrt bin, will ich, dass du ohne mich weitergehst," sagte er. „Ich glaube zwar nicht, dass irgendwas passiert, aber in den Grenzstädten weiß man nie. Vielleicht hatte sich rumgesprochen das ich dich entführt habe oder der Magpie hat Kopfgeldjäger auf uns angesetzt."
„Glaubst du jemand würde hier nachschauen?"
„Vielleicht. Es ist die einzige offene Passage zur Zeit," erklärte Bokuto, „aber ich denke nicht, dass sie vor uns hier hätten ankommen können. Das größere Risiko besteht gerade aus der Möglichkeit, dass jemand mich zu einem Kampf herausfordert, um damit angeben zu können einen Ritter bekämpft zu haben, oder ausgeraubt zu werden."
„Weshalb sollte jemand dumm genug sein und versuchen einen Ritter auszurauben?"
„Weil ich meine Rüstung verkaufen werde."
Keiji war entsetzt. „Das kannst du nicht tun! Du hast sie dir verdient. Du hast gesagt, sie waren es nicht einmal erlaubt sie dir abzunehmen als du aus dem Orden geschmissen wurdest."
„Sie ist mehr als das Pferd wert," sagte Bokuto, „und wir brauchen das Pferd. Die Rüstung ist... sie gehörte einem anderen Mann. Ich werde mein Schwert behalten, aber das Geld, welches die Rüstung uns schenkt wird uns ein neues Leben in Seijoh ermöglichen."
„Es ist zu viel," protestierte Keiji, Bokutos Hand in seine eigene nehmend. „Du kennst mich noch nicht einmal. Ich bin es das nicht wert."
„Natürlich bist du das. Und ich kenne dich gut genug um zu wissen, dass ich bei dir bleiben will. Ist es nicht... empfindest du nicht dasselbe?"
„Ich..." Keiji zögerte. Die Wahrheit war, dass er gleich empfand. Es fühte sich so an, als kannte er Bokuto schon sein ganzes Leben lang. Sie hatten angenehme Stillen und noch angenehmere Gespräche. Sie teilten schwere Wahrheiten. Er mochte es aufzuwachen und zu wissen, dass Bokuto neben ihm lag. Er bewunderte das Herz und den Mut des Mannes. Er liebte es wie Bokutos Lächeln ihm das Gefühl gab, als ob er die Sonne, den Mond und die Sterne berühren könnte.
Und Bokuto hatte zu viel riskiert um ihn vor dem Magpie zu retten. Gedankenlos. Großzügig. Falls Keiji sagen würde, er möchte liebe gespaltene Wege gehen, so würde Bokuto es tun, egal, wie sehr es ihn schmerzen würde.
Und es würde schmerzen. Keiji spürte es in seinem eigenen Herzen.
„Ich will an deiner Seite bleiben," stimmte Keiji ihm zu.
Bokuto strahlte. Er zog Keiji in seine Arme und umarmte ihn feste um die Taille. Die Rüstung war unangenehm, aber Bokutos Arme fühlten sich gut an. Sicher. Stark. Keiji versank in seine Umarmung und seufzte tief, die Arme zu Bokutos Nacken hebend.
„Wirst du auch vorsichtig sein?"
„Natürlich," versprach er, sich von Keiji zurückziehend. Er grinste. „Sieh dir das an."
Bokuto murmelte ein paar Worte die Hände vor seiner Brust nach oben gerichtet. Keiji spürte das Knistern von Magie in der Luft. Seine Haare und Federn stellten sich leicht auf während er zusah wie Bokuto seine Hände zu seinem Gesicht hob. Er strich sich über das Gesicht und die Haare, sichtlich den Glamour über sich streifend.
Er sah Keiji mit hellen, orangenen Augen an, sein Haar war nun dunkel braun mit weißen Stellen hier und da. Sommersprossen wurden auf seine Wangen verteilt und die Nase sah so aus, als sei sie einmal gebrochen und denn schlecht verarztet worden.
„Was denkst du?" fragte er. Sein Lächeln war noch immer dasselbe. Es war ein wenig seltsam es im Gesicht eines Fremden zu sehen.
„Ich bin beeindruckt," sagte Keiji. „Die meisten Heiligen Ritter mögen es nicht, Glamour zu verwenden."
„Ich bin kein Heiliger Ritter mehr," sagte er mit den Schultern zuckend. „Miya hat es mir beigebracht."
„Du hast gut gelernt."
Bokuto errötete bei dem Lob, sein Lächeln noch breiter werdend. Es war so einfach ihn glücklich zu machen, und Keiji realisierte, dass es etwas war was er gerne tat.
„Ich werde bald zurück sein," versprach Bokuto ihm. „Gibt... gibt es etwas Bestimmtes, das du haben willst?"
Oh. Jetzt Keiji wieder an der Reihe zu erröten. Wann hatte sich das letzte Mal jemand darum geschert was er haben wollte, nur um ihn glücklich zu machen?
„Ähm, ein Kamm, tatsächlich," sagte er. „Ich... ich würde es gerne vermeiden meine Haare zu schneiden, aber diese Tage ist es eher ein Rattennest."
Er hatte in den letzten paar Tagen schon etliche Male darüber nachgedacht Bokto zu fragen, ob er seinen Kamm ausleihen könnte, aber es bleib ihm nie Zeit um die Knoten aus seinen Haaren zu entfernen. Es fühlte sich außerdem töricht im Anbetracht der Dinge an. Das tat es immernoch, aber Bokuto hatte gefragt und –
„Natürlich! Hey, was ist deine Lieblingsfarbe?"
Keiji blinzelte. „Ich... ich glaube ich habe gar keine?"
„Das ist okay. Pass auf dich auf, ja?"
„Das werde ich. Du auch."
Mit einem Nicken schwang sich Bokuto auf sein Pferd und ritt von ihrem kleinen Lager weg. Keiji sah ihm nach, mit dem Gefühl, dass er bis gerade noch in einem Wirbelwind gefangen gewesen war.
Es machte ihm nichts aus.
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When Angels Fall (deutsche Übersetzung)
FanfictionKeiji ist ein gefallener Engel, der von einem Wanderzirkus gefangen und seither als Attraktion benutzt wurde. Als er einen entehrten Heiligen Ritter trifft, erlaubt er sich einen Traum von jenseits seiner Gitterstäbe zu träumen. Einen, in dem auch s...