❁ 34 ❁

1.4K 233 370
                                    

"Ich war doch auch nicht deine erste Wahl und vor allem nicht deine Einzige" 2416 Word

Louis' POV



Ich verbrachte auch die nächsten zwei Tage nach meiner Frühschicht bei Emil in der Bibliothek, um nicht alleine in meinem Zimmer zu sitzen. Tatsächlich lenkte es mich sogar ganz gut ab, da er mir einfach Aufgaben von sich gab, wie das Einräumen von Büchern oder einfach nur Fegen. Wenn ich dann doch drohte in meinen Gedanken zu versinken, erzählte er mir einfach irgendwas über die Bücher, die ich gerade weggeräumt hatte und es erstaunte mich jedes Mal aufs neue, wie viele Bücher er in dieser riesigen Bibliothek kannte. Nach seiner Arbeit kam er noch mit zu mir und ich beobachtete ihn beim Lernen, während ich mir einen Film oder eine Serie ansah.

Es tat gut nicht alleine zu sein, weil ich so nicht wirklich drüber nachdenken konnte, dass Harry sich noch immer nicht gemeldet hatte. Ich hatte ein paar mal gesehen, dass er online war, ehe Emil mir verbot auf den Chat zu gehen, weil er meinte es würde mir nichts bringen.

Immerhin wusste ich, dass er zumindest heile nachhause gekommen war und ihm nichts passiert ist in dieser Nacht. Dass ich ihm auf der Arbeit nicht begegnete war kein Wunder, denn er kam fast immer nur nachmittags und ich war ja morgens da. Vermutlich war das auch besser, denn ich hätte nicht gewusst, wie ich mich ihm gegenüber verhalten sollte. Mich um Olivia zu kümmern fühlte sich falsch an und ich versuchte die Gedanken daran, was ich mit ihrem Ehemann getan hatte, so gut es ging zu verdrängen. Zum Glück übernahm auch Anita einen Teil ihrer Pflege und Aufsicht, weswegen ich nicht so häufig bei ihr war, wie wenn ich alleine für sie zuständig gewesen wäre.

Ich war immer noch der Meinung, dass ich meine Gefühle einfach ignorieren und Harry und ich einfach so tun könnten als wäre das nie passiert, obwohl Emil das eher kritisch sah, denn er war sich sicher, dass ich dafür zu viel fühlte. Jedes Mal wenn ich an den Kuss mit ihm dachte, fing mein ganzer Körper an zukribbeln und ich versuchte die ganze Zeit mich daran zu erinnern, ob ich mich auch mit Noél so gefühlt hatte. Ob da die Gefühle auch von null auf 100 ins unermessliche schossen, so sehr, dass mein ganzer Körper nur bei dem Gedanken an ihn reagierte?

Außer mit Emil sprach ich mit niemandem darüber, viel zu groß war die Scham darüber, dass ich einen verheirateten Mann geküsst und es mir auch noch gefallen hatte. Mehr als das, ich hatte ihn nicht nur geküsst. Ich hatte Gefühle für ihn entwickelt, ohne das wir uns eigentlich sonderlich gut kannten. Oder taten wir das doch? Hatten wir uns in der recht kurzen Zeit wirklich so gut kennengelernt, dass ich mich in ihn verlieben konnte, oder hatte ich mich irgendwie in eine Idee verliebt, die nicht der Realität entsprach? Aber ich habe mir nie irgendwas mit ihm vorgestellt, die Erkenntnis, dass ich mehr für ihn empfand als nur Freundschaft traf mich schließlich erst am Lagerfeuer. Ich konnte mir ja nicht einbilden was es in mir auslöste wenn sich alleine schon unsere Knie berührten. Je länger ich drüber nachdachte, desto sicherer wurde ich mir. Die Gefühle waren echt, wie auch immer sie zustande gekommen waren, weiß das überhaupt jemals jemand? Aber sie waren genauso falsch und ich wollte sie nicht fühlen, ich wollte diese Erkenntnis einfach wieder zurückgeben, wie ein kaputtes Gerät und gegen ein heiles Gerät, was nur freundschaftliche Gefühle empfing eintauschen.

"Lou? Ich treff mich jetzt noch mit Maya in der Stadt." Liam riss mich aus meinen Gedanken, während ich gerade dabei war mich nach der Schicht im Umkleideraum umzuziehen. Ich nickte ihm nur gedankenverloren zu und er runzelte fragend seine Stirn. "Du weißt du kannst mit mir reden, wenn was ist?" Ich nickte erneut und er überraschte mich damit, dass er mich in eine feste Umarmung zog, ehe er sich wieder löste und den Raum verließ.

Ich blieb einen Moment stehen und sah ihm nach, ehe ich meine Sachen zusammenpackte und mich ebenfalls auf den Weg nach draußen begab. Emil musste heute nicht arbeiten und wollte sich stattdessen in einem Park treffen, um dort vermutlich zu lernen, oder zu lesen. Deswegen schrieb ich ihm schnell um herauszufinden welchen Park er rausgesucht hatte, damit ich wusste welche Bahn oder welchen Bus ich nehmen sollte. Als ich die Nachricht gerade abschickte und durch die Eingangstür der Klinik lief, hörte ich wie jemand meinen Namen rief. Verwirrt blieb ich stehen und blickte mich um.

Primrose Path | L.SWo Geschichten leben. Entdecke jetzt