Der ganz normale Wahnsinn...

1 0 0
                                    

Was soll ich euch erzählen? - Der ganz normale Wahnsinn ist die Arbeit, vor allem mit den Kunden. Besonders spaßig in diesem Monat: Retouren, da die geschenkten Weihnachtsgeschenke nicht den Wünschen entsprachen und man so entweder das Geld im Besitz nehmen oder sich den richtigen Wunsch erfüllen möchte. Dieser Monat war meistens sehr anstrengend, weil die Kunden... Nun ja... Nicht gerade freundlich dabei sind. Ich saß gerade in der Kasse als eine große männliche Gestalt näher kam und etwas in der Hand trug. Ich konnte nur seine Siluette sehen, da ich mich auf die zahlenden Kunden konzentrierte. Erst als er unmittelbar links neben mir stand und die große Tüte der Online Bestellung dort abstellte realisierte ich, dass es Maddox war. Als ich mit dem Kassiervorgang des Kunden fertig war widmete ich mich ihm kurz und begrüßte ihn mit einem kleinen Lächeln. Urplötzlich schoß mir die Wärme ins Gesicht und ich merkte wie mein Herz kurz einen Aussetzer machte. Was war bloß los mit mir? Ich verstand es nicht, aber das störte mich in diesem Moment auch nicht. Ich kassierte die Schlange an Menschen noch ab und machte mich wieder auf dem Weg in meine Abteilung. Währenddessen nahm ich meinen Wagen voller Überware und Müll mit, den ich auf dem Weg zur Kasse stehen gelassen hatte. Ich fuhr grad durch die Gänge als Maddox mich bemerkte und schnell zur Lagertür eilte. Wie ein Gentleman öffnete er mir die Tür, ich fuhr rein, lächelte ihn an und er zurück.

"Danke", sagte ich in einem freundlich schüchternen Ton.

"Sehr gerne", erwiderte er und ging wieder in seinen Gang, wo er zuvor war.

Seine Augen glitzerten und ich hätte schwören können, dass meine dasselbe taten. Ich ging zu dem Müllwagen und schmiss meine Pappe und meine Folien getrennt hinein. Die Überware stellte ich in ein Regal, welches für solche Zwecke genutzt wird. Als ich mir neue Ware nahm und raus fuhr, führte mein Weg wieder an den Gang vorbei wo er stand. Ich blickte kurz hinein und unsere Blicke trafen auf einander. Beim Vorbeifahren lächelten wir uns wieder an. Kurz bevor ich meine Ware gerade an ihrem vorgesehenden Platz einsortieren wollte, wurde ich wieder zur Kasse gerufen. Was mich erwartete war eine Karen. Ich denke die meisten wissen, die dies hier lesen, was ich damit meine. Eine Frau, die sich unbegründet aufregt und den Manager sprechen will. Allerdings war meine Chefin nicht mehr da und ich konnte nur als Person für den Umtausch ihrer Ware behilflich sein. Ich erklärte ihr, dass dies bei ihrem Einkauf nicht funktionierte, durch unsere Geschäftsbedingungen. Natürlich regte sie sich darüber auf und natürlich musste ihr auch noch der kleine Azubi die Welt erklären. Ich versuchte sie zu beruhigen, auch wenn sie schon sehr persönlich wurde. Mit wütendem Gesicht ging sie jedoch. Kleine Hunde bellen nur, sie beißen nicht. Genervt ging ich wieder zu meiner Ware. Maddox kam zu mir, da er anscheinend dieses Streitgespräch mitbekam. Kein Wunder, die Frau schrie ja auch förmlich durch den ganzen Laden.

"Alles gut?" fragte er.

Ich stöhnte leicht genervt.

"Ja, alles gut. Karens halt. Die sind nervig, aber Eier haben sie dennoch nicht. Würden die nicht hier rein kommen und Stress machen, wäre es hier einfach nur traumhaft."

Er lachte und ich tat es ihm gleich.

"ich verstehe. Lass dir nicht die Laune von der versauen."

"Ach quatsch. Wir haben hier öfter solche Leute. Man regt sich kurz auf, vielleicht auch den ganzen Tag, aber danach ist alles wieder gut."

"Na denn", er zuckte kurz mit den Schultern und ging wieder.

Ich schaute ihm hinterher. Irgendwas hatte er an sich, das spürte ich schon in dieser Sekunde. Kein Mann, denn ich kannte, hielt sich selbst von der Arbeit ab um auf eine Tür zu zugehen, nur um sie dann aufzuhalten, weil er dich nur kurz vorbei huschen sah. Keiner! Und es blieb ja nicht nur bei dem einen Mal. Tatsächlich passierte es ständig, wenn ich ihn sah. Auch dieses Anlächeln. Jeder Warentag als er kam, machte mich nervöser und schüchterner. In seiner Gegenwart wurde ich tollpatschiger als sonst. So fielen mir eines schönen Arbeitstages die Raster, zum trennen der Ware, herunter als ich an ihm vorbei ins Lager fahren wollte. Und natürlich musste ich mich auch noch, beim Aufhalten dessen, mich stoßen. Es war wie verhext! Irgendwas passierte mir immer, wenn er neben mir stand. Ich empfand mich selbst schon als dämlich, und das muss was heißen. Ich konnte mich auch nie wirklich mit ihm unterhalten. Dies lag nicht daran, dass ich das nicht wollte, eher daran, dass ich zu schüchtern war und kein einziges vernünftiges Wort bei ihm heraus brachte. Meist blieb es bei den kleinen Gesten, wie "Hallo" oder "Danke", manchmal jedoch kam es auch zu einem Mini Smalltalk. Ich tat mich so schwer damit, ich weiß nicht warum. Seine Ausstrahlung machte mich fertig, obwohl er, wie es schien ebenso schüchtern war. Nur mit dem Vorteil, dass er dies gut verstecken konnte, zumindest verbal. Denn sein Gesicht verriet ihn: diese Röte und dieses Lächeln. Ach ja dieses Lächeln. Es machte mich wortwörtlich wahnsinnig, ohne Spaß, ich habe noch nie soviel gelächelt wie in dieser Zeit. Jedes mal als wir uns im Laden begegneten sahen wir uns an und lächelten. glaubt mir, dass ist anstrengender als man denkt. Manchmal schaute ich auf dem Personalplan, um zu hoffen, dass er nicht kam. Klingt seltsam, aber ich konnte mit so einer Höflichkeit nicht umgehen: das ständige Aufhalten der Tür, das Lächeln, ich kannte sowas nicht. Die meisten jungen Männer in unserem Alter waren eher Begriffsstutzig und wie soll ich sagen? - egoistisch und unhöflich. Maddox hingegen war ziemlich besonders. Ihm auf Arbeit aus dem Weg zu gehen wurde schnell zu meinem Hobby. Sag mir, dass du ein Feigling bist, ohne mir zu sagen, dass du einer bist: Hier der Beweis. Schaute ich in jedem Gang, um sicherzugehen, dass er nicht dort war, um dann ganz schnell ins Lager zu fahren? Die Antwort lautet: Ja! Als eine Jahrelange Pandemie sich ausbreitete war ich sogar glücklich über die Maskenpflicht bei uns im Laden. So sahen wir uns wenigstens nur kurz an, ohne dem vielen lächeln. Oft hatte ich das Gefühl von ihm beobachtet zu werden, wenn ich arbeitete, seine Augen in meinem Rücken, die mich analysieren wollten. Ob ich mit dem Gefühl richtig lag, weiß ich leider nicht, da ich nie mit ihm darüber sprach. Was ich allerdings später in unserem Chat herausfand war, dass er die Befürchtung hatte, er sei unangenehm, weil ich immer so rot wurde.
Es gab aber auch ein paar Momente, wo wir beim Zusammenarbeiten versucht haben ein kleines Gespräch aufzubauen. Natürlich ist das im Verkaufsraum besonders schwierig, da immer irgendjemand stören musste, sei es die Kasse die gerufen wird oder ein Kunde, der eine Frage hatte. Wir versuchten unser Glück zumindest, obwohl es mich so unglaublich nervös machte. Ich zitterte leicht und mein Herz schlug unglaublich schnell, wenngleich ich nicht mal einen Grund zu diesem Zeitpunkt gehabt hätte. Wie ich schon am Anfang sagte, er war ein Fremder, mit dem ich versuchte ein Gespräch zu führen. Ich versuchte es zu verstecken und hoffte, dass er dies nicht mitbekam.
Es gab ein paar Dinge, die ich in dieser Zeit über ihn lernte, nicht viele, aber dennoch wissenswertes, was man so von einem "Fremden" erfahren konnte.
Ich erfuhr, dass er nicht ganz sein A Level beendete, stattdessen zur British Army für 2 Jahre ging. Er war ein Nerd, dass erkannte man irgendwie gleich und das nicht unbedingt daran, dass er an einem Tag mit einer Kollegin über das Spiderman Spiel sprach, sondern einfach von seiner Erscheinung. Generell schien er sich für Technik sehr zu interessieren, er teilte mir mit, dass er gerne in der IT Branche tätig wäre. Maddox machte gerne Sport, was man an seinem gut gebauten Körper sah. Ich war so fasziniert von ihm, nicht einmal in erster Linie in romantischer Hinsicht, sondern wie er als Person war. Er war so gut erzogen, so höflich, hatte immer gute Laune, wenn er zur Arbeit kam und er schaffte es mich aus dem Konzept zu bringen. Ich wollte ihn besser kennen lernen und nicht so wie ihr vielleicht denken mögt. Als ich erfuhr, dass Maddox nicht mehr lange bei uns bleiben würde, weil zum einen seine Verlängerung als Aushilfe auslief und er zum anderen einen Ausbildungsplatz fand, lief mir die Zeit davon. Ich mochte es mit ihm zu arbeiten, auch mit meinem kleinen Versteckspiel. Und ehrlich gesagt, fand ich ihn einfach cool. Punkt. Dass er gut aussah und auf mich sehr anziehend wirkte, ist was anderes. Das war zu diesem Zeitpunkt nicht so wichtig. Ich traute mich in der ganzen letzten Woche nicht ihn auf sein Weggehen anzusprechen. Erst am allerletzten Tag, wo ich wusste, wenn ich ihn jetzt nicht frage, dann wird es zu spät sein und ich würde es bereuen, nahm ich all meinen Mut zusammen. An dem Tag selbst konnte ich sogar ein bisschen mehr mit ihm reden als sonst, lag vielleicht auch daran, dass ich ihn nicht mehr sehen würde. Heul.
Ich hatte früher als er schluss, was mich ziemlich nervte, weil ich so noch mehr unter Stress stand. Ich ging nach Hinten, zog mich um und ging nochmal in meine Abteilung, wo er arbeitete. Mein Herz pochte so schnell, so laut, dass ich dachte es würde die Kunden im Laden übertönen. Mein Atem war fast schon am aussetzen und eigentlich kam kein Ton raus vor Nervosität, aber mein Entschluss stand fest und so kam ich schüchtern auf ihn zu.

"Maddox, das ist ja dein letzter Tag... Hmm..."

"Ja?"

Ich spürte schon die Wärme in meinem Gesicht, bevor ich die Frage überhaupt stellen konnte.

"Hast du Instagram oder sowas?"

Er musste schmunzeln.

"Ja, aber ich weiß ehrlich gesagt gerade gar nicht wie ich da heiße. Ich kann dir aber meine Handynummer geben."

In dem Moment als er mir den Zettel mit seiner Nummer überreichte, musste ich mich so zusammenreißen nicht zu zittern, doch sein Schmunzeln wurde etwas schelmisch und neckig.

"Ach und übrigens: Du musst nicht immer so rot werden, wenn ich mit dir rede."

Du hast das Ende der veröffentlichten Teile erreicht.

⏰ Letzte Aktualisierung: Dec 15, 2021 ⏰

Füge diese Geschichte zu deiner Bibliothek hinzu, um über neue Kapitel informiert zu werden!

Something between Coincidence and DestinyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt