Entschuldigt die Verspätung, habe einiges um die Ohren im Moment.
Lg------------------
Heute gehe ich im Gegensatz zu gestern die Treppe hinauf, denn ich bin sogar um eine viertel Stunde zu früh dran. Wir haben aber auch keine bestimmte Uhrzeit festgelegt, er hat nur gesagt, ich soll die nächsten Tage um dieselbe Uhrzeit kommen. Das war gestern halb acht Uhr, jetzt ist es Viertel. Ich hoffe nur, es ist niemand mehr hier, den ich beim Tanzen unterbrechen könnte – außer Magnus natürlich. Aber da die Tanzschule ja sowieso um sieben Uhr sperrt, bezweifle ich das.
Von außen höre ich bereits die leise, elegante Musik, die den inneren Raum mit Leben füllt und als ich die Türschnalle hinunterdrücke, um die helle Holztür zu öffnen, kann ich die Melodie noch besser wahrnehmen. Magnus' Körper bewegt sich rhythmisch zur Musik und lässt mich tatsächlich ein Stück weit neidisch werden. Ich bin steif wie ein Stock, so gut kann ich mich im Leben nicht bewegen, mit keinem Training der Welt und auch nicht mit dem besten Lehrer der Stadt. Aber alleine seinen Bewegungen zu folgen, ist eine bestimmte Genugtuung, der ich länger nachgehen könnte ... hätte er meine Anwesenheit nicht schon lange bemerkt.„Gefällt dir was du siehst?", fragt er mich süffisant und zufrieden lächelnd, während er auf mich zu getanzt kommt. Ich runzele die Stirn, denn die Frage verstehe ich nicht vollends. „Du kannst gut tanzen.", erwidere ich schließlich sachlich, während ich den Rucksack von meiner rechten Schulter rutschen lasse.
„Selbstverständlich kann ich das. Wäre doch eine Schande, wenn nicht." Er reicht mir schmunzelnd seine Hand, einstweilen mein Blick von seinem Gesicht rutscht. Er trägt ein tiefgeschnittenes, schwarzes Hemd, das fast durchsichtig wirkt. Die Haut darunter ist schweißnass und makellos. Er scheint perfekt. Mein Körper ist alles andere als perfekt. Es ist wohl nichts an mir perfekt außer vielleicht meine Freundin. Gut, dass ich sie habe. Ich bin ihr sehr dankbar dafür, dass sie mich an ihrer Seite aushält.
„Ja, äh, stimmt.", stammele ich und lege meine Hand in seine, nachdem ich meine Augen hastig wieder hebe. Ein vielsagendes Lächeln bildet sich auf seinen vollen Lippen, während ich ertappt den Blick abwende und meine Wangen sich aus Verlegenheit rosarot färben. Was denkt er von mir?„Heute beginnen wir mit Lockerungsübungen, nachdem das gestern in einer Katastrophe geendet hat.", beschließt er und zieht mich wieder nah an sich, aber dieses Mal nicht so nahe, als dass ich die goldenen Sprenkel in seiner Iris erkannt hätte. Tatsächlich aber ist das gestern in einer Katastrophe geendet. Wir haben das mit dem Walzer beiseite geschoben und den Discofox aufgegriffen – ebenso ein Standarttanz, wie ich erfahren durfte. Bei den Einzelübungen war noch alles gut und ich war zuversichtlich, aber sobald wir es gemeinsam versucht haben, verflog diese so schnell wieder, wie sie gekommen war. Zu diesem Zeitpunkt war es sowieso bereits halb zwölf Uhr nachts und ich musste irgendwann auch wieder nach Hause. Heute war schließlich Schule und dafür musste ich früh aus dem Bett.
Ich nicke und lasse mich von Magnus in die Mitte des Saals führen. Heute habe auch ich versucht, mir etwas Schickeres überzuziehen, aber so richtig elegante Kleidung besitze ich nicht. Deswegen wurde es meine schönste und neueste Jogginghose und das engste T-Shirt, das ich in meinem Kleiderschrank gefunden habe. Zugegeben hat es mir Isabelle, meine kleine Schwester, vor zwei Jahren gekauft, weil sie damals noch nicht die Hoffnung in meinen Kleidungsstil verloren hatte – heute weiß sie es besser. Jedenfalls ist mir das schneeweiße T-Shirt dementsprechend bereits zu klein und deswegen so eng, Magnus könnte doch aber auch denken, es ist so beabsichtigt. Nur weil er tanzen kann und sich immer top kleidet, muss es noch lange nicht heißen, dass er sich mit Mode auskennt.„Passt die Uhrzeit so?", frage ich beiläufig nach, während er mich auf einem Fleck im Saal platziert und anschließend zu der großen Anlage eilt, um das Lied zu etwas lockererem zu wechseln.
„Ja, die ist super so.", nickt er kopflos und stellt sich gegenüber von mir auf. „Bei diesen Übungen musst du eigentlich auf nichts achten. Schalte deine Gedanken ab und bewege dich zur Musik." Abwartend betrachtet er mich. „Dir muss nichts peinlich sein.", hängt Magnus an, nachdem ich ihm nicht die Reaktion liefere, die er sich wohl erwünscht hat. Ehrlichgesagt bin ich mir nicht einmal sicher, ob ich diese Übung machen könnte, wäre ich völlig alleine mit mir selbst. Ich bin nicht unsicher, ich bewege mich nur nicht gerne auf diese Weise und kann es auch nicht.
Ich nicke zögernd, woraufhin Magnus zu lächeln beginnt. „Gut, dann können wir ja loslegen." Er schließt seine Augen und beginnt seinen Körper langsam zu der zarten Musik zu bewegen. Seine Hände wandern seine Hüften hinauf, die sich schlangenartig hin und her bewegen. Den Kopf dreht er langsam, während seine Gesichtszüge sich vollends entspannen. Die geschlossenen Augen mit den langen, schwarzen Wimpern, seine rosaroten, vollen Lippen und die seidenen, pechschwarzen, feuchten Haarsträhnen, wovon ihm eine in die Stirn hängt. Abwesend und begeistert beobachte ich ihn – unbewusst – dabei, wie er behutsam durch den Raum tanzt, wobei jede seiner Bewegungen perfekt zu der leisen Melodie passt. Dabei bin ich mir sicher, obwohl ich sonst keine Ahnung von weder Musik noch Tanz habe. Er lässt es so mühelos aussehen, dass ich ebenfalls Lust darauf bekomme. Nur eine Stimme tief in meinem Kopf hält mich davon auf. Sie sagt, dass ich mich damit bloß zum Affen mache und ich das nicht nötig habe. Also bleibe ich hier stehen und betrachte Magnus. Ich könnte ihn stundenlang dabei beobachten, hätte ich nur kein Leben, das ich zu leben hätte. Ich würde bei ihm bleiben und ihm für immer beim Tanzen zusehen. Dabei breitet sich eine angenehme Ruhe in meinem Herzen aus und ein ganz schwaches wohlfühl-Lächeln bildet sich bei dieser Vorstellung auf meinen Lippen.„Alexander?" Als ich meinen Namen wahrnehme, verschwindet dieses Lächeln hastig von meinen Lippen und mein Gesicht ermattet. Meine Sicht klärt sich auf, als hätte ich davor alles aus einer sicheren, kleinen Blase wahrgenommen, die nun plötzlich geplatzt ist.
„Ich nehme jetzt einmal an, diese Melodie stellt für dich Versteinerung dar und nicht, dass du dich davor drücken wolltest?" Magnus stemmt seine Arme in die Hüfte und zieht eine Augenbraue hoch. Er wirkt verärgert. Das wollte ich nicht.
„E-es tut mir leid, ich kann das einfach nicht." Ich wende meinen Blick ab und setze mich akribisch mit dem Boden auseinander, um ihm nicht in die Augen sehen zu müssen.
„Wie kannst du wissen, dass du es nicht kannst, wenn du es noch nie auch nur versucht hast? Nur weil ich noch nie ein Blatt von einem Baum gerissen habe und mich davon überzeuge, es nicht zu können, bedeutet das nicht, dass ich es tatsächlich nicht kann." Seine Stimme nimmt einen Ton an, den ich vorher noch nie von ihm gehört habe. Ihm ist das wirklich wichtig, er will mir helfen.
„Jeder kann ein Blatt von einem Baum reißen." Amüsiert ziehe ich einen Mundwinkel hoch und hebe meinen Blick.
„Ich bin auch der Meinung, dass sich jeder zur Musik bewegen kann.", entgegnet er so schnell, dass er mein letztes Wort abschneidet. Darauf weiß ich keine Antwort und verschränke stattdessen meine Arme vor der Brust. „Alexander ...", seufzt er sanft und kommt auf mich zu. „Es gibt absolut nichts, das du falsch machen könntest, außer es nicht zu tun." Fürsorglich legt er seine Hände an meine Schultern und fährt zärtlich meine Oberarme hinunter, während er mich damit kaum merkbar näherzieht, es selbst nicht wahrzunehmen scheint.Ich nicke langsam. Magnus fährt meine Oberarme wieder hinauf zu meinen Schultern und hinunter über meine Brust, bevor er sie in der Höhe meines Herzens liegen lässt. Während dieser Zeit weilt sein Blick schwer auf mir, er blickt direkt in meine Augen, aber es scheint nicht so, als würde er mich wirklich ansehen, er scheint abwesend. Als würde er so angestrengt nachdenken, dass diese Gedanken ihn einsperren und nicht mehr in die Realität zurücklassen.
„Magnus?", frage ich leise nach, denn ich möchte ihn nicht stören, aber auch nicht darauf warten, dass er sich von diesen scheinbar schlechten Gedanken löst.
„J-ja, ja. Tut mir leid." Er tätschelt mit einer Hand meinen Oberkörper und dreht sich darauffolgend um. „Jeder hat einmal schlechte Tage.", murmelt er erschöpft und schlendert zu der Anlage, um das Lied zu ändern. „Vielleicht kommst du mit diesem hier besser aus. Oder möchtest du vielleicht selbst eines aufdrehen?" Magnus drückt mehrere Knöpfe auf dem schwarzen Gerät und dreht sich anschließend zu mir um.„Möchtest du darüber sprechen?"
Seine Augen weiten sich ein Stück, bevor er abrupt den Kopf schüttelt „Nein, danke. Du sollst Tanzen lernen und nicht meinen Therapeuten spielen."
Irgendwas in seiner Stimme verrät mir, dass das eine Lüge ist. Er würde gerne jemandem davon erzählen, aber er will mich damit nicht belasten und das richtige tun, in dem er mit mir nur tanzt. Das weiß ich selbstverständlich zu schätzen und ich weiß auch, dass ich die Zeit mit tanzen zubringen sollte, aber ich habe das ungewöhnliche Bedürfnis für ihn da zu sein.
„Falls du mit jemanden darüber reden willst, kannst du das mit mir tun.", biete ich ihm schließlich an – nur, damit er es weiß. Es macht mir wirklich nichts aus.
„Danke, Alexander. Aber jetzt tanzen wir lieber wieder, bevor die Zeit herum ist."
Ich nicke und trete an ihn heran, um mir ein Lied auszusuchen.
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Dance to Love (german Malec ff)
Short Story~Kurzgeschichte ~ „𝐷𝑢 𝑚𝑢𝑠𝑠𝑡 𝑑𝑖𝑐ℎ 𝑎𝑢𝑓 𝑚𝑖𝑐ℎ 𝑒𝑖𝑛𝑙𝑎𝑠𝑠𝑒𝑛, 𝑤𝑒𝑛𝑛 𝑑𝑎𝑠 𝑓𝑢𝑛𝑘𝑡𝑖𝑜𝑛𝑖𝑒𝑟𝑒𝑛 𝑠𝑜𝑙𝑙." Alec muss binnen einer Woche Lateinamerikanische Tänze lernen, um seine Freundin an ihrem Geburtstag begleiten zu kön...