»Baba!«, schrie ich. Doch ehe ich es sah, lag er auf den Boden. Neben meinem Bruder. Da lagen die beiden, umrundet von roten Tsubaki Blumen. Der Soldat schaute uns kalt an, mich und meine Mutter. »Geht. Sonst passiert euch dasselbe«, sprach er heiser, ohne einen gewissen Ton in der Stimme und als hätte er das erste mal seit Jahren wieder geredet. Meine Mutter saß schockierend da und starrte die beiden Leichen an. Mir kamen ebenfalls die Tränen. Aber wieso nur?, fragte ich mich.
»Nour, geh bitte Brot holen.«
Ich schaute meine Mutter mit leeren Augen an, in Erinnerung an dem, was letzte Nacht geschah.
»Und bitte nimm deine Brüder mit. Sie können nicht ständig drinnen bleiben. Sie brauchen Luft«, ergänzte sie. Ich drehte meinen Kopf weg. »Welche Luft?«, murmelte ich. Ich stand auf und rief meine Brüder: »Hamza! Youssif!« Hamza war nur 2 Jahre alt, weshalb ich ihn tragen musste, um schneller zu gehen, denn sonst war es gefährlich. Youssif war 9 Jahre alt. Er war heute aber unruhiger als sonst. Ich musste ihn öfters ermahnen, aufzupassen. Ich ging einen Steinweg entlang, woraufhin ich weiter hinten einen Soldaten bemerkte. Mir wurde übel und ich hatte große Angst. Ich schaute nach hinten, als ich dann bemerkte, dass Youssif nicht mehr da war. Ich bekam Panik und blieb stehen. »Youssif!«, rief ich. Ich suchte um mich herum und als ich mich umdrehte, stand der Soldat vor mir. Zurückschreckend keuchte ich. »Ich war Brot holen«, sagte ich schnell. Der Soldat starrte mich mit seinen kalten, blauen Augen an. »Suchst du jemanden?«, fragte er plötzlich. Feindselig klang er nicht. Ich nickte.
»Wie ist dein Name?«
»N-Nour«, stammelte ich.
»Nour, dein Bruder heißt Youssif?«
Ich nickte. Er schaute mich ununterbrochen an, dann wandte er sich zum Gebüsch, wo er herumwühlte. Er schaute überall herum, doch er konnte ihn nirgendwo finden. »Tut mir Leid«, entschuldigte er sich. Ich bekam Panik: »Aber er kann doch nicht einfach weg sein? Was ist, wenn ein Soldat ihn findet? Was ist, wenn er genauso wie mein anderer Bruder und mein Vater hingerichtet wird?«
»Beruhig dich, Nour. Wie alt bist du eigentlich?«
»17.«
Er nickte: »Warte hier.« Langsam ging er davon, doch kam kurz darauf mit einem ganzen gebratenen Hähnchen und frisches Brot wieder und hielt es mir hin.
»Was soll das?«, fragte ich laut angeekelt. Wollte er uns etwa vergiften?
»Nimm das. Komme wieder, wenn ihr dringend wieder Essen braucht. Ich halte Ausschau nach deinem Bruder.« Ohne weiteres zu sagen marschierte er davon. Ich schaute ihm hinterher.
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Borderline
RomanceDiese Story findet im Jahre 1948 statt. Palästina und Israel haben Krieg, doch inmitten von den Bomben und Morden finden sich ein palästinensisch- Muslimisches Mädchen und ein Israelisch- Jüdischer Junge zusammen. Wird die Liebe zwischen den beiden...