3) fiNden wir ihn?

17 0 2
                                    

»Wie Youssif ist weg?«, schrie meine Mutter mich an. »Wo ist er denn?«
Sorgenvoll schaute ich auf den Boden. Sie schüttelte ihren Kopf. Dann lief sie raus und ich hob schnell meinen Kopf. »Wohin mit dir, Mama?«, fragte ich laut. Ich lief mit ihr. »Mama!«
Sie suchte den ganzen Weg ab. Hamza war alleine und das konnte ich nicht zulassen, er war noch zu jung. Wenn etwas mit ihm geschehen würde, wäre es meine Schuld gewesen. Dasselbe dachte ich aber auch bei meiner Mutter. Ich holte Hamza, trug ihn in den Händen und lief meiner Mutter hinterher. Es war dunkel geworden, weshalb wir nicht viel sehen konnten. »Stern!«, rief Hamza und zeigte mit dem Zeigefinger in den Himmel. Ich schaute hoch und erkannte eine Bombe. Hamza sollte nicht beunruhigt werden, weshalb ich versuchte ihn aufzumuntern. »Stern!«, sagte ich und lachte. Und während diese Bombe landete, während es einen so lauten Krach verursachte, lachten wir beide. Obwohl ich innerlich weinte und vor Zweifel schreien wollte, musste ich lachen. Er sollte nicht traurig werden, er sollte in einem so jungen Alter keinen Leid spüren. Er hat es nicht verdient, niemand hat so etwas schreckliches jemals verdient. Nicht mal diejenigen, die uns sowas antaten. Denn so ein Leid wünsche ich niemandem.
Wir suchten weiterhin nach Youssif, aber es war einfach keine Spur von ihm da. »Mama«, flüsterte ich. »Bitte komm. Wenn die Soldaten uns hier finden, sieht es nicht gut aus für uns. Nicht für dich, nicht für mich und ganz sicher auch nicht für Hamza.«
Doch sie ignorierte mich. Ich nahm ihre Hand und zog sie weg, wobei sie ganz plötzlich auf mich schaute und anfing zu schreien: »Ich gehe nicht, ehe ich Youssif gefunden habe!«
Panik überströmte mich. »Mama, sei leise!«
Wahrscheinlich war Youssif nicht mal mehr am Leben, denn kein Palästinenser würde es Draußen bei diesen Soldaten so lange überleben. Ich wollte nicht ohne meine Mutter gehen, und nach einer Weile kam sie endlich mit mir. Wir gingen wieder in unsere Zelte, sie fing an Sachen herumzuschmeißen und zu schreien. »Wie konntest du ihn nur aus den Augen verlieren, Nour? Wieso hast du nicht besser aufgepasst?«
Wir haben sowohl meinen Vater, als auch den ältesten Sohn unserer Familie verloren. Ich konnte meine Mutter verstehen.

BorderlineWo Geschichten leben. Entdecke jetzt