KAPITEL 7

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»Ich seh in deinen Augen so viel von mir
Siehst du mich auch?«

Nico:

Mos Abend war wohl neben meinem eigenen Tauschabend der bewegendste, den wir alle bei Sing meinen Song erlebten. Paddy machte Mo mit seiner Version von Embryo völlig fertig, und uns allen war jetzt schon klar, dass er mit diesem Auftritt die Fangemeinde spalten würde. Das aber war Paddy selbst auch sehr bewusst. Er sagte, dass er aufrütteln, aus seiner Komfortzone ausbrechen wollte, was ihm mit Embryo mehr als gelungen war. Ich hatte mir den Song Mama ausgesucht, spielte dazu auf einer Kalimba und erzählte vorher die Geschichte meiner Geburt – als mein Dad sieben Tage am Krankenhausbett meiner Mutter gesessen und Kalimba gespielt hatte.

Lea legte einen wunderschönen Auftritt mit Feder im Wind hin, den sie erneut zu einem Lea-Song machte. Sie schien über die Bühne zu schweben wie eine Fee, sah zauberhaft aus in ihrer hellblauen Jeans mit dem hohen Hosenbund, der ihre schmale Taille betonte, der farblich passenden Jeansjacke und der grau-weiß geriffelten Bluse darunter. Die Kalimba für den Song des Abends überreichte Mo aber Ilse, die ihn mit ihrer Version von Zuhause ist wir, das sie in Home is where you are und eine wundervolle Countryversion verwandelte, tief berührte.

»Wow, du warst so gut«, hörte ich Lea, als wir nach dem jetzt schon vierten Tauschabend an der Bar standen. Mein Blick ruhte auf Mo, der immer noch auf der Couch saß, die Ellbogen auf die Knie gestützt, ein Glas Whiskey in der Hand, vor sich hin starrend. Es war, wie ich es schon selbst erlebt hatte – die Tauschabende machten etwas mit einem. »Echt, deine Geschichte, das… das war sehr bewegend. Wenn man bedenkt, dass du heute beinahe nicht hier gewesen wärst…«
Ich löste meinen Blick, von Mo und wandte mich ihr zu. Herrgott, wie konnte eine Frau nur so schön sein? So zerbrechlich, so feengleich, so… besonders? Und was, zu Henker, war mit mir los, dass ich plötzlich Dinge an ihr wahrnahm, die ich vorher nie bemerkt hatte? Wie schön sie war, wie besonders? Wie gerne ich mit ihr zusammen war?

»Erde an Nico«, lachte Lea und wedelte mit der Hand vor meinem Gesicht herum. »Noch in diesem Universum?«
»Mit dir hier, ja na klar«, sagte ich wie benebelt, und biss mir auf die Lippen. Verdammt, hatte ich schon wieder so viel getrunken? Ich hatte mir doch geschworen…
Lea kicherte. »Ist klar, Santos. Hattest du nicht gesagt, dass du heut der erste sein wolltest, der ins Bett geht?«
»Stimmt«, grinste ich, doch als mein Blick zu Mo glitt, deutete ich auf ihn. »Würde ich auch, aber ich glaub, jemand muss sich um Mo kümmern. Michael Patrick scheint noch Interviews zu haben.« Tatsächlich sahen wir Michael Patrick und Max noch Szenen nachdrehen, Mo saß ganz alleine da, ich konnte ihn nicht so da sitzen lassen.
»Oh Mist, der Arme«, sagte Lea. »Du hast Recht, ich glaub, er braucht uns jetzt.«

Gemeinsam gingen wir zu Mo, ich setzte mich an seine linke, Lea an seine rechte Seite. Sein Glas war leer, ich hatte ihm ein weiteres besorgt, nur damit er sich nach diesem Abend nicht kreuz und quer durch die Bar trank. Ich wusste ja selbst am besten, wohin das führte.
»Hey, Mann«, sagte ich, legte eine Hand auf Mos Schulter. »Alles okay?« Natürlich war nichts okay, das war mir sehr klar. Ich fühlte Leas Blick auf mir ruhen. Ich war einfach nicht gut in diesen Dingen und froh und dankbar, dass sie dabei war, Mo nicht alleine ließ.
Mo schaute nur kurz auf. »Alles gut«, sagte er mechanisch, dabei sah man ihm doch an, wie es ihm ging. »Geht, amüsiert euch, habt Spaß.«

»Mo«, mahnte Lea. »Wir sehen doch, dass nichts okay ist. Und trinken ist schon mal gar keine gute Idee, Nico Santos.« Sie warf mir einen bösen Blick zu, ich räusperte mich und stellte das Glas, das ich Mo mitgebracht hatte, wieder auf den Tisch.
»Geht gleich wieder«, versicherte Mo uns. »Ey, wieso hast du mich nicht vorgewarnt, wie krass diese Tauschabende sind, Mann?«
»Hab ich«, grinste ich. »Ich hab dich vorgewarnt. Man kann sich nur nicht darauf vorbereiten.«
»Na super«, stöhnte Lea. »Wie wird’s mir dann erst übermorgen gehen?«
Sie würde vermutlich den ganzen Tag total hibbelig sein, dachte ich und musste schmunzeln. Ich freute mich schon riesig auf ihren Abend, war irre gespannt, wie sie meine Version ihres Hits 110 finden würde. Und natürlich wollte ich sie auch nicht enttäuschen.

... Und wenn ich's Dir sag?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt