KAPITEL 1

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»Du schreibst, ob ich auf bin, Lust hab zu laufen
Nochmal raus«

Schneeflocken tanzten vor dem Wohnzimmerfenster meiner Berliner Wohnung herum, erst vereinzelt, dann immer dichter. Es war Mitte Januar und ich gerade von den ersten Proben für die Sing meinen Song-Show aus Mannheim zurückgekehrt, wo das Studio des Bandleiters Mathias Grosch war. Noch ziemlich begeistert, weil die Jungs von der Band und ich sofort auf einer Wellenlänge gewesen waren und die Proben richtig gut verlaufen waren, setzte ich mich sofort ans Klavier, um Mathias' Änderungsvorschläge für Für immer von Max in meine Version einzuarbeiten. Mathias' Lob hatte ich dabei immer noch in den Ohren und ein stolzes Grinsen lag auf meinen Lippen.

»Du wirst alle damit umhauen, Lea«, hatte er gesagt. »Diese Nummer als Klavierballade... unfassbar gut. Ich bin tierisch gespannt, wie Max das finden wird. Ihr seid alle so, so gut dieses Jahr, das ist echt immer wieder unglaublich.«
Ich war selbst schon total verliebt in diesen Song, wie in alle anderen, die ich mir von den Teilnehmern der diesjährigen Staffel ausgesucht hatte. Und ich hoffte so sehr, dass ich sie berühren würde, mit meiner Art, Musik zu machen. Okay, wahnsinnig aufgeregt war ich natürlich schon jetzt. Ich kannte von den Teilnehmern nur Max und Nico Santos, war übelst neugierig auf die anderen, Michael Patrick Kelly, Ilse deLange, Jan Plewka und MoTrip und konnte es kaum erwarten, nach unserem ersten Treffen im Dezember alle wiederzusehen und näher kennenzulernen.

Nico war der einzige, mit dem ich ab und zu schrieb, seit unserem gemeinsamen Auftritt bei der 1live Krone im November hatten wir regelmäßig Kontakt. Er hatte mir gleich geschrieben, welche Songs er sich von den anderen ausgesucht hatte, und ich fand, dass die Songs unglaublich gut zu ihm passten. Natürlich verriet er mir nicht, welchen Song er von mir sang, ich musste das noch irgendwie aus ihm heraus bekommen. Ich war jetzt schon so tierisch gespannt, und gleichzeitig war es oberfies, dass mein Abend als vorletzter gedreht werden würde.

Ich widmete mich dem nächsten Song, the Great Escape von Ilse, den ich ebenfalls sehr liebte. Ich wollte bei Sing meinen Song auch eine andere Seite von mir zeigen und das tat ich mit the Great Escape. Ich hatte eine Partyversion aus dem Song gemacht und freute mich jetzt schon auf die Gesichter der anderen.
Plötzlich vibrierte mein Handy und ich schaute vom Klavier auf. Erstaunt registrierte ich, dass Nico anrief.

»Hi, Sunshine«, begrüßte er mich, als ich das Gespräch angenommen hatte. Er hatte mich von Anfang an so genannt, ich konnte es ihm einfach nicht ausreden. Und irgendwie war es auch sehr süß. »Wie geht's dir, wie waren die Proben?«
Ich runzelte die Stirn. »Woher weißt du...«
»Unser Gruppenchat«, antwortete Nico, halb belustigt, halb sehr ernst, und mich beschlich das Gefühl, dass etwas ganz und gar nicht in Ordnung war. Nico hatte mich schon öfter angerufen, aber noch nie so spät abends.
»Stimmt«, schlug ich mir vor die Stirn. Ich hatte am Morgen voller Vorfreude in unsere WhatsApp-Gruppe geschrieben, dass ich in Mannheim war. »Es war super. Die Jungs von der Band sind unglaublich. Ich freu mich schon so krass auf Südafrika.«
»Ich mich auch, echt«, sagte Nico, aber er klang nicht so voller Euphorie wie ich mich fühlte.

»Ist... alles okay bei dir?«, fragte ich, nun doch ein wenig besorgt.
»Hast du vielleicht Bock, was zusammen zu trinken oder so?«, wich Nico meiner Frage geschickt aus.
Ich zog eine Augenbraue hoch. »Bin ich der letzte Kontakt in deiner Freundesliste, oder warum fragst du mich das?« Hätte ich nicht gewusst, dass Nico vergeben war, hätte vermutlich mein Herz angefangen zu klopfen. Ich wollte ihn nicht fragen, ob seine Freundin gerade keine Zeit hatte, so plump war ich dann auch wieder nicht.

»Du wirst niemals der letzte Kontakt in meiner Liste sein«, sagte Nico und mein Herz stolperte einen Schlag lang.
Hatte er das gerade wirklich gesagt? Ich wusste nicht wirklich etwas darauf zu sagen, wir hatten uns doch gerade erst zweimal gesehen. Obwohl wir uns gleich so gut verstanden hatten, voll auf einer Wellenlänge waren, hatten wir es noch nicht geschafft, uns außerhalb von Terminen zu treffen. Und hey - Nico war vergeben. Und das glücklich, so wie ich gelesen hatte. Was mich betraf, so war für einen Freund gerade einfach keine Zeit... meine Karriere startete durch, und ich war mit den Vorbereitungen für Sing meinen Song und meine Auftritte voll eingespannt. Und, naja... der richtige Mann versteckte sich auch recht gut.

... Und wenn ich's Dir sag?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt