Okay. Tun wir mal so als wär alles okay. Wirklich okay. Aber mal ganz ehrlich. Wer hat sich dieses Wort eigentlich ausgedacht? Das sagt halt so überhaupt nichts aus. ‚Wie geht es dir?' -Ok... ‚Ich hab Gefühle für dich.' -Ok...
Also na gut. Anders gesagt. Ich weiß nicht, wie ich mich fühlen soll. Türlich freu ich mich irgendwie irgendwo aber ansonsten?Aufgeregt? Erregt? Wartend? Glücklich? Ängstlich? Tja, und eigentlich bin ich ja zwischendurch auch voll zuversichtlich und ganz ruhig aber das wär doch viel zu einfach. Inzwischen war ich nämlich nervlich nicht mehr so ganz stabil. Und wirklich Gelegenheit mit Henry zu sprechen hatte ich nicht (was ich mir sowieso sehr lustig vorstellen würde: Hey Henry, wie willst du das eigentlich anstellen? Soll ich Kerzen und Musik mitbringen oder legen wir uns gleich ins Zeug?). Er lernte. Lernte. Lernte noch mehr und schrieb dabei eine Prüfung nach der Nächsten. War aber nicht ganz so schlimm, denn ich musste auch lernen. (sagt man ja so) Im Moment allerdings saß ich gedankenverloren in der Cafeteria und wartete, dass die Jungs fertig wurden. Persephone war heute „krank" (Lernstandsprüfung in Physik, man kennts) und deshalb der Tisch am Fenster komplett für mich alleine. Ich wollte gerade aufstehen als ein kollektives Geseufze den Raum erfüllte. Grayson. Er schlenderte langsam Richtung Theke, nahm sich einen Joghurt, erblickte mich und kam dann zu mir. Gott, sieht er nicht auch hinreißend aus? >>Hey Liv<< sagte er niedergeschlagen, zog sich einen Stuhl herbei und setze sich neben mich. >>Mathe verhauen?<< mutmaßte ich. >>Und wie! Da gab es maximal eine Aufgabe zum rechnen aber alles andere war nur so Zeug.<< Oh echt? Dann schaffte ich mein Abschluss ja vielleicht auch noch. Ich legte mitfühlend meinen Arm um seine Schultern. Das hielt ich aber nicht lange aus, schließlich musste ich meine Gedanken und Sorgen auch noch loswerden. >>Grayson?<< flüsterte ich vorsichtig. >>Hm?<< murmelte er den Kopf auf den Tisch gelegt. >>Tut das nicht voll weh?<<
Er seufzte. >>Mensch Liv, schon wieder? Ich dachte, du bist dir sicher. Und lass dir bloß nicht einfallen, es dir anders zu überlegen. Ich wette Henry ist nur so viel besser in den Klausuren als ich, weil er sich so sehr freut, du weißt schon...<< Oder weil er gelernt hat aber hey, alles eine Frage der Perspektive.
Ich wollte gerade zur Antwort ansetzen, als auch Henry reinkam. Was sag ich da? Geflogen. Hach. Vergesst alles, was ich gesagt habe. Ich würde nichts lieber machen, als meine Arme um seinen Hals zu werfen. Kein Mensch dieser Erde sieht so perfekt aus wie Henry.Heute war der letzte Schultag vor den Frühjahrsferien. Henry hatte die schriftlichen Klausuren alle hinter sich und musste nach den Ferien nur noch die mündlichen Prüfungen absolvieren. Seine Familie würde heute in den Urlaub fahren und der Flug ging heute Abend.
Noch war ich aber gemeinsam mit Mia auf dem Weg zu Lotti, denn die war soeben aus dem Krankenhaus entlassen worden und wir hatten endlich die Möglichkeit, das Kind zu sehen.
An der Haustür angekommen wurde mir mulmig. Vielleicht hatte Lotti nun als Mutter viel zu viel zu tun und keine Zeit mehr für uns. Stören wir nicht jetzt, wo wir nicht mehr an erster Stelle für sie standen?
>>Livy! Hey! Kommst du?<< quengelte Mia. Sie schien sich wie fast immer überhaupt keine Gedanken zu machen (sowieso sehr vernünftig). Ich freute mich für Lotti und sie war sicher erfreut, dass wir sie besuchen kamen.
Mia klingelte. Ich war mit meinen Gedanken die ganze Zeit über so woanders, dass ich das Baby fast vergessen hatte. Nein, das stimmte auch nicht. Aber zumindest hatte ich das Gefühl, mir fehlte die moralische Vorbereitung. Weiter kam ich nicht mit meinen Gedanken, die Tür ging auf und Lotti, mit einem Bauch so dick, zwei geflochtenen Zöpfen und einem wunderschönen Kleid mit lauter Blumen darauf, strahlte uns entgegen und nahm Mia und mich beide gleichzeitig in den Arm. Sie drückte uns dabei so fest, dass ich Angst hatte, ihr Bauch würde unter dieser Spannung einfach wie ein Luftballon zerplatzen. Wen störts? Diese Umarmung tat beinahe so gut wie frisch gebackene Vanillekipferl und würde es nach mir gehen (was es aber so manche Male unerfreulicherweise nicht tut), muss sie uns nie mehr wieder loslassen. Mia hatte andere Vorstellungen. Sie riss sich los und lief ins Wohnzimmer. Ich lief hinterher.
Und ach du heiliges Kanonenrohr. >>Überraschung!<< rief jetzt Charles gleich neben uns.
Es waren Drillinge. Vor mir standen verdammte drei Kinderbettchen mit jeweils selbstgenähten Decken und einer stolzen Lotti daneben mit einem Lächeln so breit, dass ich nicht anders konnte, als es zu erwidern.
Das Leben war doch manchmal ganz gerecht.Nach gefühlten zehn Stunden bestaunen, streicheln, weinen und knuddeln kamen wir dann auch irgendwann zu Hause wieder an und in der Zwischenzeit kamen auch die anderen lustigen Gefühle hinterhältig wieder eingeschlichen. Florence brachte uns lieberweise noch das übriggebliebene Essen aber da Lotti uns schon mit einer riesigen Menge an kleinen leckeren Törtchen versorgt hatte, war mein Hunger nicht sehr groß. Ganz im Gegensatz zu Mia, die sich dann auch noch gleich meine Portion hinterher schob. (Die schaut sich zu viel bei Grayson ab, ich sags ja immer wieder.)
Am Ende des Tages wusste ich nach wie vor nicht, wie ich mich fühlen sollte. Ich ging einfach zu Bett. Ich wollte in meine Träume fliehen und den Tag kommen lassen.
Aber Hey, papperlapapp, in meiner persönlichen Traumwelt angelangt, wartete Henry schon auf mich und schloss mich in seine starken behütenden Arme. Auch gut.
Es war dunkel. Am Himmel leuchteten tausend kleine glitzernde Sterne und der Vollmond schien uns mit einem beinahe glitzernden Licht entgegen. (Ging es vielleicht noch ein bisschen kitschiger, Liebes Unterbewusstsein?)
Wir legten uns auf die kühle Wiese und schauten gemeinsam in den Sternenhimmel.
Zu diesem Zeitpunkt war es ganz egal, ob diese Situation echt war oder nicht, ob das ganze Traumzeug eh alles total irre ist und warum sich niemand dieses Phänomen erklären kann. In diesem Moment zählte nur der beruhigende Atem von Henry und seine ausstrahlende Wärme.
Er hauchte sanft meinen Namen in die warme Nachtluft. >>Liv?<< er sprach ihn ganz leicht und lieblich aus. >>Hmm?<< murmelte ich glücklich und ganz schwammig vor Verliebtheit . >>Ich liebe dich.<< wusste ich ja eigentlich schon. Aber ‚Abrakadabra', ‚Bitte' und ‚Danke' hin oder her - das sind die wahren Zauberworte. Mir wurde einmal mehr bewusst, er würde liebevoll sein und auf mich aufpassen. Ein leises Seufzen entfuhr mir. Ich gab ihm einen leichten Kuss. Doch das reichte meinen Lippen bei Weitem nicht. Mein Körper wollte nach all dieser unerwarteten Zuversicht mehr. Ich wollte ihn. Ich umschlang ihn. Meine Lippen fingen an, die seinen mit einer unglaublichen Intensität zu küssen. Sein Körper reagierte auf der Stelle mit einer eben stärkeren Heftigkeit. Er wollte mich genauso sehr und zwar alles an mir. Er griff in meine Haare und der Rest funktionierte fast von alleine. Er fasste mich noch fester, sodass mein ganzer Körper geschmeidig und gierig nach mehr, an ihn gepresst war. Eine Hitzewelle erfasste mich. Ich war eine einzige Adrenalinbombe und ich spürte das starke Verlangen nach ihm. Es pulsierte in jedem einzigen Zentimeter meines Körpers. Nichts konnte dieses Gefühl beschreiben. Henry war überall. Meine Gedanken drehten sich einzig und allein um das Gefühl, sich Henry komplett hinzugeben. Ich spürte ihn, wie er sich gegen mich drückte. Ich spürte ihn auf mir. Dann unter mir, wie er meinen Körper mit seinen starken Händen sanft betastete und mich dabei anschaute, als wär ich seine teuerste Kostbarkeit. Er fuhr gierig meinen Hals hinunter und mir entfuhr ein Stöhnen, was ihn nur dazu antrieb, meinen Körper in noch energischeren Schüben zum Beben zu bringen. Ich spürte ihn um mir, bei mir, und dann ganz langsam auch in mir. [Props für die Formulierung gehen an „kiss me once".] Ich wusste, dass es eine Hammer Erfahrung sein wird und es genau die Gefühle des sechsten Buches von Harry Potter hervorrufen würde. Wie Ginny und Harry, die sich endlich kriegten und wie das geniale Gefühl, jedes Mal, als Hermine vor Eifersucht fast platze, wenn Lavender und Ron sich küssten. Nur das ich nicht eifersüchtig sein musste, denn Henry würde mir immer wieder aufs Neue zeigen, dass er mich, und nur mich, für alle Ewigkeiten liebt. Und auch wenn das hier nur ein Traum war, es fühlte sich alles ziemlich echt an. Und sind wir mal ehrlich. Schließlich hat doch auch alles hier in dieser Traumwelt angefangen. Wer will sich denn was vormachen? Ohne diese Träume hätte ich doch im Leben nie ein auch nur ansatzweise so genialen Typen wie Henry abbekommen. Gierige Vorfreude und eine bittere Begierde (klitzekleine Furcht immer noch, denn man konnte sich die Schmerzen im Traum ja ganz einfach wegdenken) erfasste mich bei dem Gedanken daran, was morgen passieren würde. Die Vorstellung, dass es überhaupt noch besser sein könnte war surreal. (Und um auf die Warnung des Bockers zurückzukommen: Im Traum würde man so viel Sex wie möglich haben können, ohne auch nur an Verhütung denken zu müssen.)
Außerdem mal so ganz nebenbei: Man sollte sich im Leben über das Meiste garnicht so kirre machen. (Jetzt nicht auf Verhütung bezogen, eher so allgemein betrachtet.) Alles kommt sowieso, wie es kommen muss und für jede Erfahrung kommt der richtige Moment und hey, eigentlich muss man sich einfach nur trauen, durchhalten, nicht die Hoffnung verlieren und nebenbei den Menschen helfen, die man liebt. So wie ich Henry liebe und er mich, so findet jeder solche Personen im Leben. Da bin ich sicher, man muss nur dran glauben.
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Die Frühjahrsferien - Silber
FanfictionFür all Diejenigen, die auch so traurig waren, dass wir bestimmte Vorhaben in den Frühjahrsferien von Liv und Henry nicht mehr mitlesen durften. Spaß. Ich liebe nur einfach die Bücher. Es ist eine Fanfiction der Silbertrilogie, d.h. so gut wie alle...