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Als ich morgens aufstand, gab es drei Sekunden der Ungewissheit und dann traf mich die Erkenntnis. Die Erkenntnis, dass wir heute zum Bocker mussten. Das Bocker. Einen schlimmeren Gedanken beim Aufwachen gibt es garnicht. Echt nicht. Durch diesen Gedanken völlig entmutigt, lief der ganze Morgen schon grauenvoll. Ich machte mich fertig, doch hatte ich nur ganz wenig Zeit, weil Mia gedrängelt hatte und unbedingt ins Bad wollte.
Dann, als ich in die Küche ging, stand Ernest, der mit Mom gestern sehr spät noch nach Hause gekommen war, seelenruhig an der Kaffeemaschine, weshalb ich beim Warten vor Müdigkeit fast umkippte und beim Frühstück, als ich Mia, Mom und Ernest von meinem Besuch bei dem Bocker erzählte, schauten Mom und Mia mich einfach bloß total geschockt an und Ernest sagte nur >>Achso, ich denke, ich weiß, worum es geht.<< Darauf hin war ich an der Reihe total schockiert zu schauen. Denn der Gedanke, das es so offensichtlich war, das selbst Ernest sich denken konnte worum es geht beunruhigte mich sehr. >>Und das wäre?<< fragte ich, um einen sachlichen Tonfall bemüht. >>Ähmmm<< sagte er und wurde dabei ziemlich rot. >>Ich denke, Liv, es ist besser, wenn ich es dir nicht erzähle.<< Wow. Danke. >>Mach dich nicht so irre. Es ist nicht so schlimm, wie du denkst.<< Na toll. Das hätte mich ja fast beruhigt. Aber auch nur fast, denn Ernest war immer noch knallrot wie eine Tomate und ich hatte beinahe das Gefühl, er verkniff sich ein Lächeln. Das wurde ja immer schlimmer! Hilfe! Auch Mias Mundwinkel begannen jetzt zu zucken, da bei ihr anscheinend ebenfalls der Groschen gefallen war. Und dann konnte sie sich nicht mehr beherrschen. Sie prustete los und schaute mich dabei furchtbar komisch an. >>Ach Livvy!<< sagte sie in ihr lautes Lachen hinein. Danke. Wirklich. Jetzt fühlte ich mich noch schlechter.

Wohl oder übel musste ich dieses Treffen aber trotzdem hinter mich bringen. Also standen ich und Henry pünktlich wie die Maurer (andernfalls würde uns auch der Kopf abgerissen werden, bevor überhaupt nur ansatzweise ein Wortwechsel stattfinden konnte) vor der Tür des Bockers und mit zitternden Händen klingelte ich. Kurz darauf hörte ich die schweren Schritte des Bockers und dann machte sie die Tür auf. Sie musterte uns streng und bat uns dann herein. Auch Henry, dessen Hand ich die ganze Zeit mit meiner fest umklammerte, sah sich argwöhnisch um. Ihm war wohl auch ein bisschen mulmig zu Mute.
Wir gingen in das prachtvolle (natürlich ockerfarbene) Wohnzimmer und sollten uns setzen. Sie holte sich ein Tee, ließ uns aber kalt. Dann platzierte sie ihren fiesen Hintern in ein genauso fies aussehenden Stuhl und begann zu sprechen. >>Also meine Lieben<< Bei dem Wort verschluckte sie sich, >>schön, dass ihr gekommen seid.<< Als ob wir eine andere Wahl gehabt hätten. Selbst Henry guckte mich bei diesen Worten ein wenig belustigt an.  >>Ich weiß nicht, ob es euch schon jemand erzählt hat aber es geht um euch.<< Uns hatte zwar niemand wirklich was erzählt aber um wen bitte sollte es denn sonst gehen?
>>Also um eure weiterschreitende Beziehung, um ehrlich zu sein.<< Was sollte das denn jetzt schon wieder heißen? Oh Nein! Oh mein Gott. Nicht das, was ich dachte, oder? Ich schaute angstvoll zu Henry. Er hatte den gleichen Gedanken, sah aber eher belustigt aus. Er hatte sein spezielles Lächeln aufgesetzt und lehnte sich lässig in seinen Stuhl zurück. Mein Herz schlug schneller. Gott, was war dann jetzt wieder mit mir los? Wie er da saß... So unbemüht um jegliche Haltung und doch sah er so unfassbar sexy aus, einfach indem er da nur saß und lächelte.
Hilfe! Was ist mit mir? Zum Glück war Mia jetzt nicht in der Nähe.
>>...ich wollte bloß sicher gehen, es gesagt zu haben. Eine Teenieschwangerschaft würde ein wirklich sehr schlechtes Licht auf unsere Familie werfen. Nun, wo ihr wohl bedauerlicherweise dazugehört.<< sagte in diesem Augenblick das Bocker.
Hups. Ich hatte wohl zu lange Henry angestarrt. Aber das was ich gehört habe, reichte aus. Gedanken bestätigt.
Jetzt mussten wir irgendwas sagen. Aber was? Henry war nicht hilfreich, der lächelte immer noch. Ob der überhaupt was mitbekommen hatte? So brachte er mich nämlich einfach nur total aus der Fassung.
>>Ähmmm... Ja...<< fing ich hilflos an. Immer noch völlig gefangen in Henrys Blick. >>Danke für die....Warnung?!<< Holla die Waldfee. Schlimmer gings echt nicht. Aber ich hatte es überstanden. Und auch meine Reaktion überraschte mich ein wenig. Ich dachte irgendwie, Gespräche in dieser Art würden mich völlig verrückt machen, ich blieb aber völlig gleichgültig. Es störte mich nicht. Es war mir nicht mal wirklich unangenehm gewesen. Es war eher unerwartet. Wir würden schon daran denken. Dafür würde ich sorgen, dass muss mir das Bocker nicht sagen.

Henry überredete mich, mit zu ihm nach Hause zu kommen, da er meinte, dass das Haus frei war und wir uns so in Ruhe erstmal ein bisschen entspannen können. Obwohl er nicht sehr angespannt aussah. Aber Entspannen war auch nicht seine Absicht. Stattdessen sagte er >>Liv, ich weiß nicht recht was du jetzt denkst, aber ich finde es war gut, dass Graysons Großmutter uns zu sich eingeladen hat.<< Naja... Gerade bin ich verwirrt. Ich fand es jetzt auch nicht schlimm. Aber das es gut war, finde ich jetzt auch ein bisschen übertrieben zu sagen. >>Ich habe mitbekommen, dass du nicht so gut auf das Thema zu sprechen bist, aber ich finde sie hat recht. Wir müssen uns noch einmal Gedanken dazu machen.<< Ohha. Zwei Sachen. Erstens, ihm entging auch nichts, oder? Und zweitens, sollte ich mich jetzt verletzt fühlen, weil er es schaffte, mich anzuschauen und gleichzeitig zuhören konnte? Ich hatte nämlich nicht gehört, dass das Bocker gesagt hat wir sollen uns „Gedanken machen".
>>Das hat das Bocker gesagt? Wir sollen alles nochmal überdenken? Meinst du damit, wir sollten uns überlegen, ob wir es lieber doch lassen?<< Ich merkte, wie meine Stimme Wort für Wort höher wurde. Ok, vielleicht war ich doch ein bisschen verletzt?
>>Um Gottes Willen, Liv, Nein! Seit Wochen freu ich mich auf nichts mehr, als darauf, mit dir zu schlafen. Glaub mir, ich zähl die Tage. Wenn es auch nur ansatzweise so gut wird, wie wenn du mich küsst, dann...dann will ich nie mehr etwas anderes tun.<< Das hatte gesessen. Ich schmolz dahin. Ich konnte nicht anders, ich musste zu ihm und ihn küssen. Ich lief die paar Schritte durch den Raum auf ihn zu und schlang meine Arme um seinen Hals. Ich presste meinen Mund so heftig auf seinen, dass er überstürzt einen Schritt zurück wich, aber nur um mich kurz darauf mit solch einer Heftigkeit zurück zu küssen, dass ich Halt in seinen Haaren suchen musste, was mich dazu brachte, seinen Kuss nur noch stärker zu erwidern. Das machte mich verrückt. Verrückt nach ihm. Und auf einmal wusste ich nicht mehr, wovor ich mich fürchtete. Es würde wunderbar werden und ich hab nichts zu verlieren. Ich hab schließlich Henry. Den besten Jungen der Welt.

Die Frühjahrsferien - SilberWo Geschichten leben. Entdecke jetzt