29. Wie früher

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Es war bereits nach 12 Uhr am Mittag als wir wieder bei mir Zuhause eintrafen, aber auch jetzt hatte sich der Stress noch kein wenig gelegt. Meine Mutter war noch immer unfassbar beschäftigt, wobei sie sich aber auch nicht helfen lassen wollte. Da kam eben der Perfektionismus durch, welcher sich leider auch zu oft in mir widerspiegelte. Sissy hingegen, die kleine Prinzessin selbst wie unser Dad sie früher immer genannt hatte wegen der damaligen Prinzessin Sissy, war dabei sich in Seelenruhe ihre Fingernägel dunkelblau -passend zu ihrem Kleid- zu lackieren, Chris konnte ich nirgend erblicken und mein Vater Robert, der Ehrengast höchstpersönlich, saß tiefenentspannt auf dem cremefarbenen Sofa und las die heutige Zeitung. Ja ich war wirklich wieder Zuhause. Es fühlte sich so vertraut an wie schon damals. Ich war recht früh aus- und dann auch umgezogen. Mit 18 hatte ich mein Abitur mit einem 1,5 Abschnitt gemacht und war dann auf die FBI Akademie gegangen. Ich wollte schon immer Bundesbeamtin werden. Erst war Polizei mein Wunsch gewesen und dann später doch das FBI- die waren viel cooler. Eigentlich nicht das, was man sich für seine achtzehnjährige Tochter kurz nach dem Abitur wünscht. Meine Eltern hätten sicherlich Krankenschwester, Grundschullehrerin oder auch Anwältin besser für mich gefunden doch meinen Wunsch beim FBI anzufangen haben sie nie niedergeschmettert, wofür ich ihnen jeden Tag unsagbar dankbar bin. Und dann bin ich wegen dieses einen unbedeutenden Falles nach London umgezogen, zu Sherlock Holmes und seinen Assistentin Dr. John Watson. Hätte ich damals auch nur geahnt das dieser "Verrückte" wofür ich Sherlock damals noch gehalten hatte nun meine Hand hält und im Wohnzimmer meiner Eltern steht? Sicher nicht!

Die Tüte mit meinem neuen Kleid ließ ich erst einmal im Flur stehen und schlenderte dann durch das Wohnzimmer, strich mit meinen Fingerspitzen über die schwarzen, nun perfekt gefalteten Servietten und musste bei dem Anblick leicht schmunzeln. Ich ging hinüber zu meiner Mutter. "Mum brauchst du noch Hilfe?" fragte ich sie. Gerade in den Moment strich sie ihren letzten Punkt -Fridas Kleid- durch und legte den Kugelschreiber ab. "Nein alles gut Liebes" lächelte sie, wodurch sie ihre leichten Lachfalten offenbarten. "Mach dich am besten schonmal fertig, die ersten Gäste sind zu um 3 Uhr geladen." Ich nickte ihr zu, warf dann meiner Schwester einen grinsenden Blick zu und verschwand wieder in die Küche um selbst zu überprüfen ob wirklich alles fertig war oder ob meine Mum wieder lieber alles allein machte. Dort war bereits einige Körbe und Schüsseln mit Salaten, Desserts und Knabbereien aufgebaut. Das Essen wurde bereits heute morgen in den angemieteten Partyraum geliefert, was mein Bruder in Empfang genommen hatte, doch sonst hätte meine Mum Recht es war wirklich alles fertig Also konnte ich beginnen mich fertig zu machen. Sherlock stand weiterhin im Flur und blickte mir hinterher. Es musste ziemlich komisch aussehen wie ich durch die Räume lief und alles überprüfte. Ich wollte mir gerade die Tüte nehmen und dann wieder nach oben gehen um wirklich anfangen mich umzuziehen und fertig zu machen, da schnappte mir meine Mum die Tüte weg und lächelte behutsam: "lass mich das lieber nochmal bügeln." Verwirrt sah ich sie an, "das muss man doch nicht bügeln?" "Doch Schatz, nur weil du nicht bügeln kannst heißt das nicht das man es nicht bügeln muss" erklärte sie mütterlich schmunzelnd. Gespielt entrüstet sah ich ihr in die blau-grauen Augen und begann dann aber doch zu grinsen. Meine Mum verschwand mitsamt der Tüte in den Keller, wo der Waschraum samt Waschmaschine und Trockner war und ich mit Sherlock wieder nach oben in unsere eigenen Zimmer. "Ich kann bügeln" murmelte ich leise vor mich hin als wir gemeinsam die Treppen hoch gingen. Ich konnte förmlich spüren wie Sherlock hinter mir grinste, was auch mir ein leichtes Lächeln aufs Gesicht zauberte.

Eine ganze Weile später -vielleicht eine oder auch schon zwei Stunden- waren wir beide wieder in unseren eigenen, eigentlich vorgesehenen Zimmern und bereiteten uns auf die Feier vor. Ich hatte keine Ahnung in wie fern fertig Sherlock schon war, aber ich war definitiv nicht fertig, alles andere als fertig. Nachdem wir nach oben gegangen waren war ich erst einmal unter die Dusche gegangen und hatte dann begonnen meine Haare zu locken, was die erste Herausforderung gewesen war. Erst waren sie zu nass, das hieß ich musste zu föhnen, danach waren sie dann so elektrisiert das die Locken nicht gehalten haben und zu guter Letzt hat es dank meiner recht dicken Haare nun über eine Stunde gedauert. Seufzend legte ich den Lockenstab an die Seite, übersprühte alles noch einmal mit einer Ladung Haarspray mit Ultra Halt, wie es auf der goldenen Flasche beschrieben stand, und widmete mich dann meinem Make up. Es war zwar Mai, doch trotzdem warm und durch die vielen Leute würde der ganze Raum nur noch mehr erhitzt sein, also musste ich einfach hoffend das mir die ganze Schminke nicht wieder aus dem Gesicht hinunter lief. Fröhlich ausgelassen startete ich meine Musikplaylist auf meinem Handy und begann dann mich zu schminken. Zwischenzeitlich kam Mum nochmal rein, selbst mit Lockenwicklern in den kürzeren Haaren, um mir das frisch gewaschen und gebügelte Kleid zu geben, was sie mir mit einem vielsagenden Blick auf die Badtür überreichte. Auch sie hatte sich anscheinend daran erinnert, dass die beiden Zimmer durch das Bad verbunden war und vermutete nun alles und philosophierte wild. Ich grinste nur und sie ging wieder, ebenfalls vielsagend lächelnd.

Doch ich musste endlich fertig werden es war bereits kurz nach 2 Uhr, wobei wir halb 3 in dem angemieteten Raum sein wollten. Eingedeckt, sowie vorbereitet war zwar alles schon doch trotzdem würde meine Mum sowieso nochmal alles überprüfen, doch auch da würde ich mich nicht ausschließen es auch noch einmal zu tun. Mein Dad würde entspannt auf seinem eigenen Stuhl sitzen und sicherlich die Tischdeko begutachten und Sherlock... das war die einzige Lücke, ich hatte keine Ahnung wie er in diese Gleichung passen würde. Ich könnte hunderte Dinge aufzählen die Sissy, Chris und meine Eltern nachher noch genauso tuen werden, doch nicht bei Sherlock und davor hatte ich ehrlich gesagt ein wenig Angst. Ich hatte Angst vor einem peinlich komischen Vater-Freund Gespräch, vor meiner Verwandtschaft, die mich seit der 8. Klasse nicht mehr mit einem Freund gesehen hatten, wobei ich meinen Ex Freund nicht groß vorgestellt hatte, ganz einfach auch um meine kleine Schwester nicht zu blamieren. Ja ich hatte echt Schiss.

Nun war ich Gott sei Dank auch fertig und hatte auch das Kleid an. Ich suchte noch all meine Sachen für meine Handtasche zusammen und stellte sicherheitshalber noch ein paar Turnschuhe mit fürs Auto bereit, falls mir nachher die Füße schmerzen würden. Meine Schuhe sieht man unter dem bodenlangen Kleid eh nicht, doch meine Mum würde mich eiskalt köpfen wenn sie mitkriegen würde das ich den ganzen Tag zu Dad's sechzigsten Geburtstag Converse anhatte.

In dem Moment kam auch Sherlock aus der Badtür hinaus, blieb jedoch im Türrahmen stehen und betrachtete mich ausgiebig. Er sah wirklich gut aus. Es war zwar nur ein einfach schwarzer Anzug mit passender Fliege und auch Schuhen, doch Sherlock gab all dem etwas unverkennbares, geheimnisvolles und doch wunderschön und anziehend. Er hatte allem Anschein nach versucht seine dunklen Locken zu bändigen, doch auch dies schien dies fehl geschlagen zu sein, sie hingen nämlich noch immer wild in seinem Gesicht auch vor seinen traumhaft schönen Augen. Wir musterten uns offenbar gegenseitig, was auch Sherlock in diesem Moment mitbekommen haben musste denn er kam schmunzelnd auf mich zu und legte seine Hände auf meiner Hüfte ab, drückte mich an ihn heran und stupste erst meine Nasenspitze mit der seinen an und küsste mich dann ganz sanft. Meine Lippen prickelten und auch jeden Zentimeter meiner Haut den er berührte. Würde dieses Gefühl jemals vergehen wenn ich ihn sehe? Hoffentlich nicht. Der Moment war wunderschön und ich hoffte für eine Sekunde er würde niemals enden, ganz genau bis ich mich dann daran erinnerte wo wir waren und das man seine Familie auch manchmal hassen durfte- besonders Väter...

Loving the Sherlock Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt