Schritt 1

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Der selbst hass tropft mir aus den Mundwinkeln. Die Angst erbricht sich vor mir auf den Fußboden. Die Enteuchung macht mich klein, verdunkelt meine Gedanken und lässt mich bluten. Schreie der Erinnerungen machen mich taub. Alle Todesgedanken hängen sich wie ein Seil um meinen Hals. Ich ersticke an all' meinen Gedanken, an meiner eigenen Existenz.
Manchmal fühlt sich das Leben an wie ein Tunnel ohne Ende. Es gibt kein Licht, keine Hoffnung, keine Perspektive. Nur Verzweiflung, Leid und Schmerz. Ich wäre so gern allein, hätte gerne meine Ruhe. Ich kann die Anwesenheit von Menschen nicht mehr ertragen. Ich will, das sie alle weg sind, dass sie fortgehen und aufhören, mich anzustarren. Ich kann es nicht auf die leichte Schulter nehmen, wenn man mir sagt, dass ich nichts wert bin. Schon gar nicht dann, wenn ich selbst weiß, dass damit nur die Wahrheit ausgesprochen wird und ich mich selbst fühle wie ein wertloses nichts. Ich habe diese ganzen Gedanken in meinem Kopf, dass ich gehen kann. Irgendwohin. Für immer. Tags über will ich die Menschen um mich nicht herum haben, doch... Nachts wenn die Straßen leer sind, all das licht erlöscht ist und ich im Dunkel auf meinem Bett sitze und einfach gegen die wand schaue, sind es nicht die Menschen die mich förmlich ersticken, es sind meine Gedanken. All diese fragen die mir durch den Kopf gehen, all mein leid aus meinen Erinnerungen die ich wieder und wieder in Bilder in meinem Kopf durchlebe und jedes mal dieser unerträgliche Schmerz in meinem Herzen. Wenn die Dunkelheit mein Brustkorb umklammert und meine Lunge zerdrückt. Es sind ZU viele Gedanken, Gedanken die ich nicht zuordnen kann, weil sie einfach keinen platz finden, die mich aber wahnsinnig machen. Tags über Schaft man es gerade noch so, diesen Gedanken zu entfliehen, sich ablenken... doch, Nachts kannst du ihnen nicht entkommen. Die Depression klopft immer wieder, ohrenbetäubend gegen meine Zimmertür und jedes mal aufs Neue überkommt mich ein Gefühl der Kälte und ich rolle mich unter meiner Bettdecke ängstlich zusammen wie ein kleines Kind, in der Hoffnung, das mich hier niemand findet und ich von der Welt nichts mehr mitbekomme. Nie hat das Verstecken wirklich geholfen. Die Depression vergriff sich ständig an mir und brüllt mir mit kalter Gewissheit ins Ohr und färbt meine Gedanken schwarz. Wenn die Depression ihre Fesseln ein wenig lockert, laufe ich wie ein "Zombie" durch das Zimmer, durch die Flure und Räume und suche nach irgendwas lebendigem. Irgendwas, das mich mit Freude und Leben füllt. Doch selbst nach dem längsten Weg meiner Schritte, nach all' diesen Jahren, erblicke ich nichts weiter als die immer noch gleich aussehenden Wände und diese blutroten aber auch tiefschwarzen Erinnerungen. Und dann diese eisige Kälte in mir. Ich will hier raus. Zu viel dröhnt durch mein Inneres. Es macht mich verrückt. Ständig Versuche ich die Gedanken zu verdrängen. Ich versuche zu schlafen in der Hoffnung die blutigen Bilder der Vergangenheit wenigstens hier nicht erblicken zu müssen... vergeblich, zum Schlaf wird es nie kommen. Ich habe Gedanken ans Ritzen oder eine Überdosis Tabletten zu schlucken, die mich für immer einschlafen lassen. Doch am Ende bleibt mir nur der Tod der mir im Nebel erscheint und mich für meine Selbstzerstörung auslacht... Oder ist es das Leben, das mich so auslacht? Die Lache ist ohrenbetäubend, ich werde sie nie los. Sie verfolgt mich. Bis in mein Grab.
Ja, man beurteilt mich , weil ich mich ständig dafür entschuldigen muss, etwas nicht zu schaffen, was ich mal geschafft habe und mich dafür entschuldigen muss, dass ich nur noch funktioniere und nicht mehr lebe. Das ich Dinge tue, die ich nicht tun sollte, weil sie mir schaden. Man sagt: Das macht die doch absichtlich! Man sagt: Das gefällt der doch! Man sagt: Die will nur Mitleid! Oh, natürlich. Es gefällt mir, immer wieder durch die Hölle zu gehen. Es gefällt mir, allen ständig meine Schwäche eingestehen zu müssen. Es gefällt mir, nichts mehr auf die Reihe zu kriegen. Es gefällt mir, überall abgelehnt zu werden. Es gefällt mir, wenn sich nach und nach jede Hoffnung zerschlägt. Es gefällt mir, wenn sich Gedanken an den Tod einschleichen. Es gefällt mir zu hungern, zu kotzen oder mir die Arme aufzuschlitzen. Ja, dass alles gefällt mir. Ich kann mir wirklich nichts besseres vorstellen. Glaubst du das wirklich? Man sollte nie voreilig urteilen. Nie!
Die Zeit tickt, nichts hält sie an. Sogar wenn das Ende schon gekommen ist, dreht sich der Zeiger unaufhaltsam weiter. Was geschieht mit uns nach dem Ende? Ist es unendlich oder ist einfach alles vorbei? Endlichkeit gefällt dem menschen nicht, am wenigsten bei einem geliebten, nahestehenden und vertrauten Menschen. Abschied für die Ewigkeit. Kein Zurück, nur ein Vorwärtsgehen, jedenfalls für die, die auf diesem Planeten verblieben sind. Die Toten kehren nicht zurück. Wie eisig es doch in unserem Herzen aussehen kann. Der Tod, wie verkraftet man ihn? Die Zeit? Die Zeit, die eigentlich nur vom Menschen geschaffen und messbar gemacht wurde? Sie heilt und zerstört im Leben. Weder ist sie gut noch schlecht. Der Körper zerfällt mit der Zeit und damit auch der Mensch, charakterlich und emotional. Er ist weg. Es gibt ihn nicht mehr. Die Natur hat ihn sich geholt. So einfach ist es.
Wir alle suchen nach jemandem. Nach diesem besonderen Menschen der uns das gibt, was wir in unserem Leben so schmerzlich vermissen. Nach jemandem der uns Gesellschaft leistet. Oder Hilfe verspricht. Oder Sicherheit bietet. Und manchmal, wenn wir wirklich lange genug suchen, finden wir jemanden, der uns das alles auf einmal gibt. Ja, wir alle suchen nach jemandem, aber finden nie. vielleicht sollten wir einfach aufhören zu suchen und anfangen gefunden zu werden.

Wenn meine Seele erkrankt und mein Körper zum feind wird...Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt