Das ist doch ein Scherz, oder? Ich meine, gleich wird ein Kamerateam erscheinen und mir beweisen, dass ich bei der »Versteckten Kamera« live auf Sendung bin. Ich warte, doch nichts passiert.
Ich schlucke, bin wie gelähmt. Natürlich passiert immer mir so etwas. Dass ich meinen zukünftigen Boss intim kenne und den anderen als Arsch beschimpft habe. Ich schaue drein, als würden Weihnachtsmann und Osterhase gleichzeitig vor mir stehen. Sechs Augenpaare sind auf mich gerichtet und ich versuche, mich zu sammeln.
»Freut mich sehr, meine Herren«, quietsche ich, reiche ihnen meine Hand und den Herren der Stunde entlocke ich sogleich ein Schmunzeln. Mister One Night Stand lässt nicht lange auf sich warten und ergreift meine Hand.
»Sean Coleman. Miss Reed, es ist mir wahrhaftig eine Freude, Sie wiederzusehen. Haben Sie gut geschlafen?«, fragt er ohne jegliche Scham und grinst mich verführerisch an. Genau dieses Grinsen ist mir gestern N acht zum Verhängnis geworden. Ich schlucke, mein Mund ist trocken und meine Zunge klebt an dem Gaumen. Sean Coleman hat eine besondere Wirkung auf mich, der ich mich nicht entziehen kann. Der Blick von Mister und Liam Coleman huscht von Sean zu mir und ich bin kurz davor, zu hyperventilieren. Die müssen ja sonst was denken und sie haben nicht mal U nrecht!
»Da-Danke Sir. J a, ich habe sehr gut geschlafen«, stottere ich verlegen. Warum sollte ich lügen? Er war wirklich grandios im Bett.
Nun reiche ich seinem Bruder die Hand. »Liam Coleman. Was für eine Überraschung. Wir hatten ja heute schon das Vergnü gen«, lächelt er und irgendwie bringt mich dieses Grinsen komplett aus dem Konzept. Seine Hand war rau, aber er drückt meine Hand sanft. Ich schlucke erneut.
Ȁhm ... ja, stimmt. Es tut mir Leid wegen vorhin. Ich wollte Sie nicht beschimpfen, krieche ich zu Kreuze. Das wird wohl mein erster und letzter Arbeitstag sein. Verabschiede dich von der Marketingbranche, Emma.
»Ist schon okay. Schließlich war es ja meine Schuld«, sagt er milde.
»Ihr drei kennt euch bereits?«, fragt nun Coleman Senior. Seine Stimme schien nicht mehr so freundlich, eher verärgert. Oh ja, Game Over für Miss Reed.
»Vater, ich bin heute Morgen in Miss Reed s Auto gefahren. Wir hatten einen kleinen Unfall«, sagt Liam kurz und knapp. Mein Blick gleitet zu dem Mann neben mir, der mit den Kiefern mahlt und seine Söhne mit Adleraugen beobachtet.
»Du bist der armen Miss Reed ins Auto gefahren? Wo hast du denn deine Augen? Warst du allein?« Ob er alleine war? Was ist das denn für eine Frage?
»Ja, Vater. Ich war allein.«
Sein Augenpaar wandte sich wieder mir zu. »Miss Reed. Sie können nun zu Miss French gehen und sich alles erklären lassen«, meinte Charles Coleman. Mit eingezogenem Kopf verlasse ich das Büro, lehne mich gegen die Tür, nachdem ich sie hinter mir geschlossen habe, und atme erst einmal tief durch. Anscheinend bin ich noch Praktikantin bei Coleman & Sons. Die Frage ist nur, wie lange?
Miss French ist eine schlanke, vollbusige, überaus künstlich wirkende Barbiepuppe. Eine bessere Beschreibung fällt mir einfach nicht ein. Ihr weißblondes Haar fiel ihr bis zu den Hüften, ihr Teint war blassrosa und ihr Körper wohlgeformt. Sie trägt ein knappes Kleid, dass wirklich nicht mehr viel Spielraum für die Fantasie lässt. Mrs French kaut an ihrem Kaugummi und erklärt mir halbherzig meinen Arbeitsbereich. Zu meinem Leidwesen bin ich fürs Kaffeekochen, Post sortieren und Abtippen von Briefen verantwortlich. Von einer glänzenden Karriere als Marktingmanager bisher keine Spur.
»Rauchst du?«, fragt mich Jazabell. Ja, das ist kein Witz, ihr Name ist wirklich Jazabell. Ihre Eltern mussten sie wohl hassen.
»Nein. Hab ich nie.«
Sie schnaubte und sah mich missbilligend an. »Das dachte ich mir schon. Nun, trotzdem erkläre ich es dir. Das Rauchen ist nur auf der Dachterrasse gestattet. Jetzt kannst du schon mal in die Büroküche gehen und frischen Kaffee aufsetzen«, schnalzt sie mit der Zunge, kaut frech an ihrem Kaugummi und lässt mich einfach stehen.
Wie zum Teufel hat sie es geschafft, Abteilungsleiterin zu werden? Ein Blick auf ihren prallen Hintern, der hin und her wippt, lässt es mich schon erahnen.
Der Bürokomplex ist überschaubar. Die ersten vier Etagen fallen in den Bereich des Sicherheitsdienstes. In den nächsten fünf Stockwerken befindet sich die Buchhaltungs-, Rechts- und Personalabteilung. Die letzten acht Geschosse sind den aktiven Mitarbeiter vorbehalten, die mit den direkten Kundenaufträgen beschäftigt sind.
Den ganzen Vormittag habe ich Flyer sortiert, Kaffee gekocht und Bestellungen fürs Mittagessen aufgenommen. Mein Kopf brummt, ich bin todmüde und sterbe vor Hunger. Liam oder Sean sind mir seit unserer peinlichen Vorstellungsrunde nicht mehr über den Weg gelaufen und ich danke Gott auf Knien dafür.
Ich lehne in der Büroküche lässig an der Arbeitsplatte und warte darauf, dass es endlich 13 Uhr wird und ich Mittagspause machen kann. Pünktlich auf die Minute läutet auch schon mein Handy.
»Hey Pricipessa«, begrüßt mich ein überschwänglicher Aiden am Telefon und ich wollte ihn am liebsten durch Telefon ziehen und erwürgen. Von einem Kater keine Spur.
»Spar dir dein Pricipessa, du elender Mistkerl!«, zische ich und stoße mich mit Schwung von der Küche ab. »Wegen dir habe ich verschlafen und bin neben einem fremden Mann aufgewacht!«
Er lacht. »Ach komm schon. Ich habe dir zwar die ersten zwei Shots aufgezwungen, aber die nächsten hast du freiwillig getrunken und dich nicht beschwert.«
»Das stimmt doch gar nicht!«
»Und wie das stimmt! Nach deinem zehnten Shot hast du noch geschrien, und ich zitiere: Scheiß auf die Arbeit als Praktikantin, ich werde einfach Backgroundtänzerin! Und dann hast du wild und sexy getanzt. Mann, war ich stolz auf mein Mädchen.« Mit der flachen Hand klatsche ich mir auf die Stirn. Wie peinlich ist das denn? »Außerdem war der Typ heiß! Schade, dass er nicht auf Männer steht, sonst hätte ich ihn mir sicher geschnappt«, schwärmt er.
»Naja, so toll war er auch nicht«, versuche ich abzulenken, doch der Gedanke an Sean Coleman, der jeden Zentimeter meines Körpers geküsst hatte, ließ mir die Schamesröte ins Gesicht schieß en.
»Ich kenne dich, Baby, und ich weiß, wenn du lügst. Gib's zu, er war der Hammer im Bett oder?« Ich kann mir sein breites Grinsen regelrecht vorstellen.
»Okay, er war heiß und der Sex göttlich, aber er ist auch mein Boss«, beichte ich und kneife die Augen zusammen. Die Tatsache, dass ich mit meinem zukünftigen Boss geschlafen habe, liegt mir schwer im Magen. Ich habe mir diesen ersten Arbeitstag ganz anders vorgestellt, wollte alle aus den Socken hauen und ihnen zeigen, dass ich was auf den Kasten habe und genau in diese Firma passe. Doch ich habe mich vor den Chef s wie Steve Urkel auf LSD verhalten.
»Mister Göttlich ist dein Boss?«, fragt Aiden und ich kann seine Verwunderung deutlich heraushören.
»Ja, Aiden. Mister Göttlich ist mein neuer Boss«
Ein Räuspern hinter mir lässt mich vor Schreck zusammenzucken. Wie von der Tarantel gestochen drehe mich um. Vor mir steht Sean Coleman in seiner ganzen Herrlichkeit und grinst mich frech an. War ja klar.
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Pick the Boss - LESEPROBE
ChickLitWas tust du, wenn du nach einer durchzechten Nacht neben einem One Night Stand aufwachst, mit Panik feststellst, dass du zu spät kommst und dass noch an deinem ersten Arbeitstag? Damit nicht genug übersieht ein arroganter Arsch die rote Ampel und fä...