Kapitel 3 | Emma

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»Emma? Emma, bist du noch da?«, ruft Aiden verunsichert durch das Handy. Sean Coleman lehnt lässig mit verschränkten Armen an der Küchentheke und mustert mich mit Adleraugen. Sein Blick verrät mir sofort, dass er an letzte Nacht denkt . Er schmunzelt über meine Sprachlosigkeit und reibt sich amüsiert das Kinn.

»Ähm, Aiden, ich ruf dich zurück.« Ohne auf eine Antwort zu warten, tippe auf den roten Hörer meines Smartphones. »Mister Coleman. Hallo«, sage ich schließlich nach einer gefühlten Ewigkeit. Seine Haare sind wild verwuschelt, doch es wirkt nicht ungepflegt, sondern perfekt in Szene gesetzt. Sie sind etwas länger, reichen ihm bis zum Ohr und die Farbe ist pechschwarz. Sein dunkelblauer Anzug mit hellblauen Nadelstreifen passt ihm wie eine zweite Haut, seine Krawatte war ebenfalls hellblau und er sah gar nicht nach dem Typen aus, den ich gestern in der Bar kennengelernt habe. Gestern war sein Outfit leger und sexy.

Ich schlucke und werde augenblicklich nervös, als ich an unseren Sex denke. Er war leidenschaftlich und hemmungslos. Normalerweise bin ich eher der Beziehungstyp, doch Sean kitzelte gestern die Femme Fatale aus mir heraus, von der ich nicht einmal wusste, dass sie in mir existiert. Okay, ich habe ihn nackt gesehen, doch das ist nicht allein der Grund meiner Nervosität. Ich hoffe und bete, dass er von meinem Gespräch mit Aiden nichts mitbekommen hat.

»Mister Göttlich also, hmm«, sagt er und ich kneife die Augen fest zusammen, als hätte mir jemand einen Hammer an den Kopf geschlagen. Mist verdammter! Verlegen zucke ich mit den Achseln. Er stößt sich von der Arbeitsplatte ab und geht ein Stück auf mich zu. Instinktiv weiche ich zurück. Doch ihn lässt das kalt.

»Hören Sie, Mister Coleman«

»Sean.«

»Was?«, frage ich verwundert.

»Nennen Sie mich Sean«, raunt er und mein Herz setzt einen Schlag aus. Seine Stimme ist rau und trieft nur so vor Sex. Oh ja Sex, schreit mein Unterbewusstsein und ich schüttle verärgert den Kopf. Was ist denn mit mir los? Wir sind doch nicht auf der High School, sondern im Büro der erfolgreichsten Marketingagentur New Yorks. Diese Tatsache ernüchtert mich und endlich bin ich wieder ganz bei Verstand.

»Nein, ich möchte Sie nicht beim Vornamen nennen. Sie sind mein Boss.« Ich trete so lange zurück, bis ich die kalte Wand im Rücken spüre. Sean gleicht einem Panter, der seine Beute ins Visier nimmt, um dann zuzuschlagen. Mir gefällt diese Situation ganz und gar nicht.

»Wieso willst du mich nicht mit dem Vornamen ansprechen? Gestern Nacht hat es dich auch nicht gestört, meinen Namen zu schreien, als du gekommen bist«, schmunzelt er und steht nun direkt vor mir. Mein Gesicht nimmt die Farbe einer roten Ampel an und am liebsten würde ich im Erdboden versinken.

»Da wusste ich auch nicht, dass Sie mein zukünftiger Boss sind.«

»Auch wenn ich dein Boss bin, können wir zusammen viel Spaß haben. Du bist sehr interessant und sexy, wenn du so tust, als würdest du mich nicht wollen.« Mein Puls rast, doch ich lasse mich nicht aus dem Konzept bringen. Naja, ich versuche es zumindest.

»Ich will Sie aber nicht.«

»Dein Körper sagt mir etwas anderes«, raunt er mir i ns Ohr. Ich schließe die Augen und ein wohliger Schauer erfüllt meinen Körper.

Halt! Sitz! Böse Emma, knurrt mein Unterbewusstsein und ich öffne meine Lieder. Er sieht mir fest in die Augen, beugt sich ein wenig vor, stemmt beide Handflächen neben meinem Kopf ab und nähert sich langsam meinem Gesicht. Sein Blick ist dunkel und sexy und sein Mund einen Spalt weit geöffnet.

Unbewusst lecke ich mir über die trockenen Lippen und kaue auf meiner Unterlippe. Sofort denke ich an das Buch 50 Shades of Grey, das ich vor Kurzem gelesen habe, und höre augenblicklich mit dem Lippenspiel auf. Nicht dass Sean auf die Idee kommt, einen auf Christian Grey zu machen und mich zu versohlen. Ich würde lügen, wenn ich sage, dass mich dieser Mann kalt lässt. Auch nur an letzte Nacht zu denken, lässt meinen Puls in die Höhe schießen. Doch so eine bin ich nicht, wollte ich nie sein. Ich will nicht nach Jahren harter Arbeit, mir anhören müssen, dass ich mich nur hochgeschlafen habe.

»Nein, Mister Coleman. I ch möchte keinen Spaß mit Ihnen. Letzte Nacht war ein One Night Stand, und wie der Name schon sagt, es war nur eine Nacht. Am besten ist, wir vergessen es und arbeiten professionell weiter.«

Ohne auf meine Worte zu hören, kommt er mir immer näher. Ich kann seinen heißen Atem auf meinen Lippen spüren und mein Brustkorb hebt und senkt sich schnell.

»Nicht«, hauche ich, lege meine linke Handfläche auf seine Brust und versuche, ihn von mir zu schieben, doch er rührt sich kein Stück. Meine Zwickmühle wird immer schlimmer und mir gehen die Argumente aus. Als er die Augen schließt, bekomme ich Panik und verpasse ihm, ohne Kontrolle über mein Handeln zu haben, eine schallende Ohrfeige.

»Du hast ihm echt eine geknallt?«, schrie Aiden auf. Vor Scham vergrabe ich mein Gesicht in die Hände und wimmere. Seit einer Stunde sitzen wir in meiner Wohnung und unterhalten uns über letzte Nacht und meinen ersten Arbeitstag. Er setzt sich neben mich und greift nach meinen Händen, um mich mit seinen braunen Augen zu fixieren. »Erzähl schon Emma. Was ist passiert?«

»Im einen Moment habe ich noch mit dir telefoniert und im nächsten steht er vor mir und will mich küssen.«

Er nickt. »Was ist nach der Ohrfeige passiert? Wie hat er darauf reagiert?«, fragt er und streicht mir mitfühlend über den Oberarm.

»Ich habe mich entschuldigt, von ihm entfernt und bin mit hochrotem Kopf und ohne ein Wort in die Cafeteria geflüchtet. Danach habe ich ihn nicht mehr gesehen.«

Aiden seufzt laut auf. »Ach Mensch, Principessa. Zuerst hast du gar nichts mit Männern am Hut, und wenn du endlich mal aus dir herausgehst, ist dein erster One Night Stand gleich dein Chef«, schüttelt er den Kopf.

»Ich weiß, Aiden. Was soll ich denn jetzt tun? Soll ich kündigen, bevor es die Runde macht?« Mir war nach W einen zumute, denn ich, mag diesen Job. Er ist jedenfalls besser als meine Arbeit bei Starbucks und die Bezahlung ebenso. Denn im Gegensatz zur Kaffeekette, habe ich bei Coleman & Sons die Möglichkeit aufzusteigen.

»Nein auf keinen Fall. Außer dir gefällt die Arbeit nicht?«

»Doch! Es gefällt mir sehr. Er gleicht zwar eher einem Kellner job, aber ich kann nicht erwarten, dass sie mich gleich zur Marketingmanagerin ernennen.«

»Stimmt, du hast Recht. Warte einfach mal ab. Vielleicht ist ihm diese Abfuhr sowieso peinlich und er wird nie wieder ein Wort darüber verlieren.«

Ich kenne Sean nicht, doch ich kann es jetzt auch nicht wieder ungeschehen machen. Es ist außerdem seine eigene Schuld, schließlich wollte er mich ohne meine Erlaubnis küssen. Wolltest du es wirklich nicht zulassen?, fragt mein Unterbewusstsein und ich roll e genervt mit den Augen. Natürlich wollte ich ihn küssen. Er sieht aus wie ein griechischer Halbgott. Ach, zum Teufel mit den Männern!

»Komm, Aiden, lass uns was vom Chinesen bestellen und einen Film ansehen. Ich habe genug für heute von Sean Coleman!«

Aiden springt euphorisch auf und klatscht in die Hände. »Ich weiß was dich auf andere Gedanken bringt«

»Magic Mike?«

»Ja, genau! Halbnackte Männer, die sich die Kleidung vom Leib reiß en, lassen dich einfach alles vergessen«, zwinkert er mir zu und legt die Disk in den Player. Ich atme tief ein und versuche, meinen Boss aus meinen Gedanken zu verdrängen. D och das erweist sich als weitaus schwieriger, als ich es mir vorgestellt hatte - trotz oder gerade wegen der halbnackten Männer.

Pick the Boss - LESEPROBEWo Geschichten leben. Entdecke jetzt