Hexenküche

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Grinsend saß sie auf dem Pult, wobei sie mit ihren Beinen schaukelte.

»Stopp, Aloïsia«, befahl sie der Jugendlichen vor ihr,»sonst explodiert es!«

Ihre Augen lagen streng auf dem tief-grünen schäumenden Gebräu, das mehr blubberte als eine kochende Quelle. Auch wenn es eigentlich ein dunkles Türkis sein sollte, konnte sie an der Zubereitung nichts bemängeln, weshalb sie es auch dabei beließ und sich eher um den Ausgang sorgte.

Aloïsia Rotholz war unter anderem ihre beste Schülerin, weshalb sie sich nicht wirklich Sorgen machte, als sie in ihrer Bewegung erstarrte und dann die Pipette sinken ließ, dennoch verengte sie ihre Augen, nachdem das asiatische Mädchen neben ihr das selbe tat. Beinahe roch sie schon den Betrug, den Hexen nicht brauchten, um ihre Mächte zu vergrößern. Aloka war immer vorsichtig bei sowas, denn man konnte auch sehr schnell in die schwarze Magie abrutschen.

»Huyen, Aloïsia, ihr kommt nach dem Essen noch einmal zu mir«, meinte die Frau mit dem puppenhaftem Gesicht deshalb.

Weiter hinten kicherten die Mädchen ihrer Klasse, anstatt ihre Arbeiten aufzubessern. Nicht wenige meinten, schon fertig zu sein, doch blieben die Farben in den Töpfen weiterhin ein seltsames Chaos, welches niemand mehr retten konnte. Trotzdem erstarrten alle, als die, durch Explosionen, schwarze Tür aufschwang und ein Hybrid sie beehrte.

»Frau O'Caiside, eine gewisse Frau Rotholz will Sie sehen. Könne Sie bitte vor die Tür kommen?«

Demütig hielt der Angestellte seinen Kopf gesenkt, wie es allein einer seiner Art tat; halbe Seelen, die überall als Ausgestoßene galten.

»Ja, natürlich.«

Langsam stand die Rothaarige von dem Lehrertisch auf, während sich langsam Gemurmel in der Klasse ausbreitete, wohingegen manche versuchten hinter den Hybriden etwas zu erkennen, was wie ein Mensch aussah.

Seufzend wandte sich Aloka kurz noch ihrer Klasse zu und versuchte die Freundlichkeit ersterben zu lassen.

»Macht weiter«, meinte sie dennoch freundlich wie zumeist. Den Hybriden befahl sie jedoch, dass er gehen sollte.

Eine leichte Rotfärbung erfuhren ihre Haare, bevor sie die Tür öffnete und schlanken Frau gegenüberstand, deren Augen müder als sonst schienen.

»Was haben Sie nun wieder? Ihre Enkelin ist zum Lernen hier!«, fauchte sie sofort, obwohl ihre beste Schülerin ein Naturtalent war, was die Hexenkunst betrat.

Aloka hatte, während sie sprach, ihre Arme vor der Brust verschränkt und wollte eigentlich wieder gehen, anstatt zu verweilen. Dabei stand Rayen ganz und gar nicht angespannt vor ihr.

»Sie darf nicht mehr nachhause kommen und ich will, dass Sie sich um sie kümmern, Frau O'Caiside.«

Sachlich und ruhig klang ihre Stimme. Keine Emotionen, welche ihre wahre Leitgedanken verrieten, wodurch sie nur schlucken konnte. Kurz holte sie Luft.

»Ich werde wahrscheinlich auch nicht wiederkommen, deswegen wollte ich Ihnen sagen, dass sich Herr Moon um sie kümmern wird, wenn es soweit ist oder eine andere Person, die mir sehr nahe steht.«

Unter ihrer emotionslosen Stimme zuckte die Hexe zusammen, nickte aber, weil es zur Pause klingelte, widersprach sie nicht mehr.

»Auf ein Wiedersehen.«

Nachdem die Rothaarige blinzelte, war sie bereits den Gang hinunter stolziert sowie die schwarzen Handschuhe erneut ihre Finger bedeckten.

Die Kleine war eine Rotholz, weshalb allein Markus das Sagen hatte, doch war seit seinem Tod Rayen für sie verantwortlich gewesen und wollte sie deswegen nicht in diese Angelegenheit verstricken.

Langsam setzte die Schwarzhaarige ihre Schritte, um die Schwingungen um sich herum aufzunehmen. Lange war es her, denn es gab viele Feindschaften zwischen den Wesen ihrer Welt, die sie noch heute für verrückt hielt und am liebsten kein Teil davon sein wollte.

Kalter Wind ließ sie erzittern. Eigentlich das Markenzeichen der blonden Irin, doch allein einige Schüler waren mit ihr im Flur, welcher keine Fenster beherbergte. »Bandia na marbh. Bandia na hoíche.«, raunte er in ihrer Stimme, währenddessen Rayen weiter lief.

Eigentlich brach sie damit ihr Versprechen an Markus, doch so musste es nun einfach sein, dennoch war sie andernfalls so wieder abhängig von einem Mann, dessen Anwesenheit erst Schuld an allem war.

Schnelle Schritte hörte sie hinter sich. Von schlichten Turnschuhen, vermutete sie. Solche, die man in jedem Geschäft bekommen konnte.

»Kleine, halte dich daraus, solange du noch nicht drinnen bist.«

Ruckartig wandte sie sich zurück, wobei ihre Augen grüne Augen streiften. Wut spiegelte sich in ihnen wieder, doch blieb eine gewisse Unsicherheit, die man ihr nicht nehmen konnte.

»Ich wollte nur... Ich meine, Ihr echter Nachname ist so alt wie die Schöpfung, richtig? Passen Sie auf sich auf.«

Bevor die junge Hexe an ihr vorbei rannte, grinste sie nochmals, denn eigentlich ging sie davon aus, dass sein Kind nichts von ihr hielt und auch noch richtig lag, denn unter den Hexencoven galt ihr Familienname als uralt. So alt, dass man sie beinahe mit Gott verglich.

»Halleluja!«, stieß sie deshalb aus.

Lamyers sollte verboten werden, zumindest in der Hexenküche. Da hörte sich Rotholz schon besser an, sofern man keine Geschichten über sie gehört hatte.

Gemächlich setzte sie sich in Bewegung, um nicht noch mehr Zeit zu verschwenden. Zumindest war sie nach dem Vorfall direkt aufgebrochen und wollte nicht, dass man sie zu sehr mit anderen verglich oder bereits etwas davon gehört hatte.

Kaum war sie aus dem Keller, kam ihr auch der Hybrid entgegen, der ihren dichten Mantel und den dunklen Sonnenhut zurück gab. Dankend nickte sie, wonach sie wieder ihre Sonnenbrille aufsetzte und den Mantel an ihrem Körper richtete.

An den Blicken der Schüler erkannte Rayen, dass man sie für einem Vampir hielt, der zu lange in der Sonne lag.

Provozierend leckte sie sich über die Lippen, woraufhin sie kicherte. Vampire wurden geflockt, Hexen wurden verbrannt oder geköpft und Dämonen wurden erhängt, geköpft oder zerstückelt.

Nur die Amerikaner waren in bestimmten Jahrhunderten etwas spezieller mit den Urteilen sowie aus Gerüchten mit der Zeit Tatsachen wurden.

Allein Thekla, eine ihrer früheren Begleiterinnen, blieb von diesen verschont. Niemand zu sein war seit langem ihr Ziel, doch wenn sie ihre Umgebung so betrachtete, war eine Hexenschule mitten in Deutschland kein besonders gutes Ziel gewesen. Hier war größtenteils der erste Coven vertreten, wodurch sie sich praktisch in das Maul ihres Erschaffers warf.

Rayen - Von Nacht zu NachtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt