Play With Me || (Kagehina)

Garderobe

Hinata war sichtlich verwirrt, jedoch überspielte er es mit einem Lachen und legte kurz die Arme um ihn.

Kageyama wäre am liebsten im Erdboden versunken und nie wieder aufgetaucht. Er konnte noch nie gut die Zeichen anderer Leute deuten, aber das war ja jetzt wohl die Krönung. Was dachte er sich nur dabei?

"Also ja, alles klar.. Ähm.. Sieht wohl so aus als würdest du nächste Woche beim Turnier doch mitspielen."

Der Zuspieler drückte den Kleinen von sich, blickte zu Boden und kratzte sich verlegen am Hinterkopf.

"Auch wenn ich es heute nicht geschafft hätte, ich wäre trotzdem mitgekommen."

Der Mittelblocker hatte ein riesiges Grinsen im Gesicht. Wie konnte er nur ständig so positiv und motiviert sein? Hinata hebte die Bälle auf, warf sie alle in den Wagen und räumte sie in den Geräteraum.

Kageyama machte sich daran das Netz aufzuräumen. Eigentlich hatte er die ganze Arbeit gemacht, er hatte Shōyō direkt in die Hand gespielt, sodass dieser nur noch zuschlagen musste. Trotzdem sind die Sprünge des Kleinen überragend, vorallem für seine Größe. Erst war der Jüngere skeptisch gegenüber den Mittelblocker gewesen, da er ständig so aufgedreht war. Doch mittlerweile stellte er fest, dass sie vielleicht doch ein echt gutes Team werden könnten.

Hinata und Kageyama wechselten kein Wort miteinander, während sie die Halle aufräumten. Schließlich gingen sie zusammen die Treppe nach oben zur Umkleide. Tobio zog sich sein Shirt über den Kopf und wollte sich die Hose ausziehen, als Shōyō ihn plötzlich ansprach.

"Sag mal Kageyama, hast du eigentlich auf deiner alten Schule auch schon Volleyball gespielt? Ich meine, ein Anfänger bist du auf jeden Fall nicht, vorallem wenn man deine Zuspiele beachtet und außerdem bist du sehr trainiert."

Der Zuspieler zog die Augenbrauen zusammen und war leicht überrascht. Wie oft hatte der Kleine ihn bitte beobachtet? Und wie hatte er innerhalb der letzten Tage soviel über ihn festgestellt? Es war ihm nicht geheuer, wenn Menschen soviel über ihn wussten, vorallem nicht, wenn er es ihnen nicht selbst erzählt hatte. Tobio wandte den Blick von seiner Tasche ab und drehte sich langsam zu seinem Teamkollegen um.

"Ich-"

Der Schwarzhaarige stockte kurz, als sein Blick auf den oberkörperfreien Älteren fiel. Seine feuerfarbenen Haare waren durcheinander und an seiner Brust klebten ein paar Schweißperlen. Kageyama's Blick wanderte über den Rumpf seines Gegenübers und zurück zu seinem Gesicht. Seine Wangen hatten die Farbe eines Feuermelders angenommen. Tobio schluckte kurz, bevor er weiter sprach.

"Ich war auf meiner alten Schule auch schon Zuspieler in unserem Volleyball-Team. Ich bin aber ehrlich gesagt ziemlich froh nicht mehr dort zu sein. Nicht wegen den Leuten, aber ich war kein Teammitglied, welches man sich wünschen würde."

Moment mal, wieso erzählte er das überhaupt? Normalerweise redete er nie soviel über seine Vergangenheit, geschweige denn mit einem Fremden. Kageyama war verwirrt, doch der Kleine quatschte einfach weiter.

"Das dachte ich mir schon, als ich dich das erste Mal halbnackt gesehen hatte. Solche Muskeln bekommt man ja nicht einfach so über Nacht."

Hinata lachte, bis ihm auffiel was er da gerade gesagt hatte und wie verkehrt sich das anhörte. Deswegen versuchte er es schnell zu überspielen und redete weiter.

"Naja, und so wie du dich momentan gibst, bist du hier auch kein besseres Teammitglied."

Bitte was? Der Zuspieler kniff die Augen zusammen und trat einen Schritt weiter auf den Mittelblocker zu. Er schaute auf ihn herab und zischte den Satz hinter seinen zusammen gebissenen Zähnen hervor.

"Hör zu du Idiot, pass lieber auf was du sagst, sonst werde ich dich ganz schnell auf dem Spielfeld plattmachen."

Der Kleine bewegte sich keinen Zentimeter, das Einzige was Kageyama spürte war seine Atmung direkt gegen seine Brust. Sie standen wenige Zentimeter von einander entfernt und starrten sich einfach nur an. Ihre Wangen brannten wie Feuer. Sag doch irgendetwas. Oder beweg dich, bring endlich Abstand zwischen euch. Doch Tobio konnte nicht, er war wie gelähmt.

Die schönen Augen des Mittelspielers zogen ihn tief in seinen Bann und ließen ihn erstarren. Es war als würde er im Herbst im Wald spazieren gehen, über einen schlammigen, warmen Boden, welcher mit getrockneten Blättern bedeckt war. Dunkle und hellbraune Blätter, die in der untergehenden Abendsonne einen wunderschönen Glanz annahmen. Wie ein zarter Wind der die Blätter aufwirbelte und mitnahm, als würde der kleine Wirbelwind all seine positive Energie und Freude mit seinem Team teilen und mitreißen.

Hinata war dann endlich der Erste der sich bewegte. Er taumelte ein paar Schritte zurück und begann schnell sich umzuziehen. Kageyama tat es ihm nach. Er zog sich eine lange Jogginghose an und setzte sich auf die Bank um seine Schuhe binden zu können. Vorsichtig blickte er von seinen Füßen auf und wagte einen Blick zu seinem Mitspieler. Er saß mit dem Rücken zu ihn auf der Bank und versuchte sich gerade sehr umständlich den Pullover über seinen Kopf zu ziehen. Der Ältere war sehr klein, doch trotzdem war er überraschend breit gebaut. Über seine Schulter bis hin zur Mitte seines Rückens schlängelte sich eine unsaubere Narbe. Wahrscheinlich ein Unfall beim Volleyball-Spiel mit sofortiger Not-Operation. Die leicht verblasste, weiße Narbe zog sich wie Eis, welches angefangen hat zu splittern über den Rücken. Ein feiner Riss, als würde man im Winter über einen zugefrorenen See mit Schlittschuhen laufen und eine Spur hinterlassen.

Die Luft im Umkleideraum war wie elektrisch aufgeladen. Tobio versuchte zu atmen, doch seine Brust zog sich immer weiter zusammen und er versuchte vergeblich nach Luft zu schnappen. Es war viel zu heiß, sein Körper brannte.

Schnell zog er sich seinen warmen Kapuzenpullover über, warf seine ganze Kleidung unordentlich in seine Tasche und zog den Reißverschluss zu. Sein Hals war trocken, als er versuchte zu schlucken. Er schnappte sich Tasche, Schal und Jacke und riss die Tür der Garderobe auf.

Kageyama rannte den langen Flur entlang, doch es kam ihn vor als würde es gar nicht enden wollen.

Endlich angekommen schlug er die letzte Tür, welche ihn von der Außenwelt trennte, auf. Tobio's Lungen schnürten sich zusammen, als er die kalte Winterluft inhalierte. Der Schwarzhaarige wollte seine Hand auf das Treppengeländer legen, verfehlte es jedoch knapp und krachte auf den Stufen zusammen.