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Luca hatte sich soweit hergerichtet, dass sie wieder zurückgehen konnte. „Die Männer sind auf der Terrasse," sagte Martha als Luca in die Küche kam. Also durchquerte sie diese und trat hinaus ins Freie. Louis sah sie an und ein Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus. Er sah, dass sie geweint hatte, ließ sich aber nichts anmerken. „Auch eine?" Er hielt ihr die Schachtel hin und sie nickte dankbar, dass er keine Bemerkung über ihre verweinten Augen machte. „Ich muss dann mal los," sagte Charles nach einem Blick auf seine Armbanduhr, „wir sehen uns." Er legte Louis kurz die Hand auf die Schulter und verließ die Terrasse. Die Vertrautheit zwischen den beiden war für Luca seltsam anzusehen, aber tief im Inneren freute es sie auch.

„Wollen wir dann die Namen checken?", fragte Louis sie. Luca nickte. „Ja, das machen wir... danke." Überrascht sah er sie an: „Für was?" Sie zuckte dich Schultern. „So einfach." Damit drehte sie sich um und ging zurück in die Küche, um sich von ihrer Granny zu verabschieden. Lächelnd lief er hinter ihr her.

Sie lief schnell auf dem Rückweg zum Hotel. Sie war wieder wie ausgewechselt. Manchmal fand er ihre Stimmungsschwankungen etwas beängstigend, aber nach dem Gespräch mit Charles war ihm einiges über Lus Gemütszustand klargeworden. Er hoffte, sie würde ihm irgendwann genug vertrauen, um ihm die Geschichte von dem Kerl, den er gerne erwürgen würde, zu erzählen. Er ballte die Fäuste bei dem Gedanken an diesen Typen. Wie konnte man nur einem Mädchen so etwas antun? Es war ihm nicht begreiflich.

„Alles okay bei dir," fragte nun Luca ihn. Überrascht sah er auf. „Äh, ja... klar, alles bestens und bei dir?", fragte er schnell zurück um abzulenken. Sie strahlte „Klar!" Sie hatte seine Anspannung direkt wieder vergessen. Sie brannte nun förmlich darauf, die Menschen hinter den Namen zu finden, die sie in dem Flyer gefunden hatten.

Als sie im Hotelzimmer angekommen waren schnappte sich Luca gleich ihr Laptop, schaltete es ein und legte sich damit aufs Bett. „Was ist? Worauf wartest du?", fragte sie Louis ungeduldig als dieser einfach nur dastand. Sie schlug ein paar Mal mit der Hand neben sich auf das Bett, „komm her. Du hast den Flyer." Wieder war er überrascht. Was hatten sie und Martha vorhin besprochen, dass sie nun so ausgelassen war? Er schob den Gedanken beiseite, streifte die Schuhe ab und legte sich ebenfalls auf dem Bauch neben sie auf das Bett. Den Flyer hielt er in der Hand. Ungeduldig trommelte Luca mit den Fingern auf den Rand des Laptops. „Endlich," schnaufte sie, als es hochgefahren war und sie die Suchmaschine öffnen konnte. Dann sah sie Louis erwartungsvoll an. Als dieser nicht reagierte, weil er nicht wusste, was sie von ihm wollte lachte sie auf: „Den ersten Namen, bitte." „Ach so, klar," er warf einen Blick in den Flyer und ging die Namen durch, „der erste ist ‚Raúl Tovar'." Mit fliegenden Fingern tippte Luca die Buchstaben. Es gab einige Einträge zu dem Namen. „Hm, ich gebe mal noch Barcelona dazu ein," murmelte sie. „Okay, mal sehen... hm, der ist zu alt... der auch. Sonst passt da auch nichts wirklich, oder was meinst du?" Sie sah ihn von der Seite an. „Ich denke nicht, nehmen wir den nächsten. ‚Carlos Salinas'." Zu dem Namen fanden sie gar nichts. Bei den nächsten Namen ‚Patricio Matutes' und ‚Fernán Martinez' waren sie sich unsicher. „Dann haben wir noch ‚Ezequiel Seabra'," sagte Louis. Luca zuckte kurz. „Wie hieß die Schule nochmal?", fragte nun Luca. „Warte," Louis suchte den Namen, „‚Sagrado Corazón de Sarriá'," las er vor. „Das ist sie." „Was?" Louis sah auf den Bildschirm. Dort konnte er lesen, dass dieser Ezequiel Musiklehrer und Chorleiter an eben dieser Schule war. Das konnte kein Zufall sein. Er musste Harriet zumindest kennen. Luca griff nach seinem Arm und drückte ihn fest. „Denkst du dasselbe wie ich?" Ihr Gesicht war ganz nah vor seinem und ihm schoss nur durch den Kopf ‚wenn du gerade daran denkst, mich zu küssen, dann denken wir dasselbe', aber er sagte: „Er muss deine Mutter zumindest kennen. Vielleicht kann er uns weiterhelfen oder vielleicht ist er auch...", er machte eine Pause, dann sagte er: „Wir müssen nach Barcelona!" „Was?" Lucas Stimme war schrill und sie sah ihn an als hätte er den Verstand verloren. „Ja, wir müssen mit ihm sprechen, persönlich. Wir haben nun echt eine konkrete Spur zu deinem Vater. Dieser Ezequiel weiß vielleicht etwas, was er uns über damals erzählen kann, was uns weiterhilft. Es nützt nichts, wenn wir ihm eine E-Mail schreiben oder telefonieren. Wir müssen dahin." „Wie stellst du dir das vor? Meinst du, ich kann mich einfach mal so mir nichts dir nichts in den Flieger nach Barcelona setzen?" „Warum nicht?", gab er zurück. Da fiel ihr ein, dass er über das nötige Kleingeld verfügte, um so etwas spontan machen zu können und er deshalb nicht verstand, wo ihr Problem lag. „Willst du denn nicht, dass wir mehr erfahren?" „Doch, sicher," sagte sie leise, „aber ich kann mir nicht einfach mal einen Flug und was auch immer nach Spanien leisten." Sie sah weg. Er lachte: „Ach so, na, wenn es nur daran liegt, das lass mal meine Sorge sein." Er nahm das Laptop und suchte nach Flügen nach Barcelona. „Was tust du da?" „Ich werde uns nun Flüge und ein Hotel buchen," als sie schon den Mund öffnen wollte, um zu widersprechen, legte er seinen Finger auf ihre Lippen. Ein Schauer durchlief sie bei seiner Berührung. „Keine Widerrede, schließlich bin ich Schuld," er malte Anführungszeichen in die Luft und lächelte sie an. Wie sie da nun so vor ihm im Schneidersitz hockte und ihn ungläubig ansah hätte er sie am liebsten geküsst. Er sah sie an und Luca sah in seine Augen. Da war etwas, das sie kurz das Gefühl für Raum und Zeit vergessen ließ, genauso wie sie vergaß zu wiedersprechen. Sein Lächeln wurde breiter bei ihrem Blick, der auf ihm ruhte. Er wäre glücklich, wenn sie ihn immer so ansehen würde, doch er riss seinen Blick los und räusperte sich. „Ich brauche deinen vollen Namen und dein Geburtsdatum," sagte er schnell und starrte auf den Bildschirm, „in dem Flug morgen gibt es noch freie Plätze, sollen wir den nehmen, der geht um 4.40 Uhr ab London, Ankunft Barcelona 7.50 Uhr? Der Rückflug dann eine Woche später, geht abends um 8.40 Uhr und landet um 9.50 Uhr?" Luca löste nun auch ihren Blick von ihm. „Ähm, okay, wie du meinst." Sie stand vom Bett auf. Dieser Moment gerade zwischen Ihnen hatte sie ein wenig überwältigt. „Gut, dann also Name und Geburtsdatum," forderte er sie erneut auf. „Luca Louise Lovell, 28.12.1991." „Louise?", fragte er lächelnd und sie nickte nur. Er gab alle notwendigen Daten ein und buchte die Flüge. „So, das wäre erledigt, ich kümmere mich jetzt noch um ein Hotel." „Mhm," in Lucas Kopf drehten sich die Gedanken im Kreis, Gedanken an Louis, an ihren Vater, diesen Ezequiel, ihre Gran, ihre Mutter. Sie legte die Hand an die Stirn und schloss die Augen. Das war echt viel heute.

Louis suchte währenddessen ein Hotel. Er fand schnell eines das ihm gefiel, es hieß ‚Condes de Barcelona' und hatte vier Sterne, eine wunderschöne Dachterrasse und einen Pool und einen Whirlpool auf dem Dach und die Zimmer waren auch sehr ansprechend. Also buchte er schnell ein Doppelzimmer, sagte Luca aber nichts. Vielleicht würde sie sonst protestieren, dass er keine zwei Einzelzimmer genommen hatte. Er nickte zufrieden als die Buchungsbestätigung ankam. Nun konnte sie nichts mehr daran ändern und er musste lächeln. Er stellte sich vor, wie er mit ihr abends im Whirlpool auf dem Dach des Hotels sitzen würde. Er seufzte, weil er wusste, dass es bis dahin noch ein weiter Weg wäre. Er musste sich mit kleinen Schritten zufriedengeben, wenn er sie nicht vertreiben wollte und das war das Letzte, was er wollte. „So, fertig, Flüge und Hotel sind gebucht. Was machen wir jetzt noch? Ich würde gerne zur Abbey." Luca sah ihn an und überlegte kurz. Allzu spät war es noch nicht. „Okay," frische Luft würde ihr jetzt guttun. „Ich rufe noch schnell meine Großeltern an und dann können wir gehen, ich hoffe du bist gut zu Fuß, es sind 199 Stufen nach oben. Von hier aus sind es etwa zwanzig Minuten." „Let's go," er strahlte sie an, „Können wir den Fotoapparat mitnehmen?" Lächelnd nickte sie. Sie machten sich auf den Weg und das Wetter zeigte sich von seiner besten Seite.

Picture you  《Louis FF》 abgeschlossen Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt