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Sie hatten wunderschöne Tage in Whitby und genossen die Zeit. Am Abend vor der Rückfahrt, sie lagen bereits im Bett im dunklen Zimmer, stellte Luca die Frage, die ihr seit Tagen auf der Seele brannte: „Wie geht es weiter, wenn wir zurück in London sind?“ Er drehte den Kopf zu ihr. „Wie meinst du das?“ Er war verwirrt. „Ich dachte, es wäre klar, dass wir beide zusammen sind.“ Sie seufzte. „Das meine ich nicht,“ sie schüttelte den Kopf, „ich frage mich nur, wie unser Alltag aussehen wird. Ich muss wieder arbeiten. Chloe kommt dann auch wieder zurück und geht wieder zur Schule. Du hast so einen ganz anderen Ablauf und wirst viel unterwegs sein, wir werden uns oft für lange Zeit nicht sehen und…“ „Wir werden eine Lösung finden,“ unterbrach er sie, „ich habe dir ja vor einigen Tagen schon den Vorschlag gemacht, dass ihrzu mir ziehen könntet und du musst auch nicht mehr in der Kanzlei arbeiten, dann hätten wir schon viel mehr Zeit zusammen.“ Überrascht drehte sie den Kopf. „So einfach ist das nicht. Ich kann doch nicht einfach alles stehen und liegen lassen.“ „Warum nicht?“, fragte er und zuckte mit den Schultern, „Ich habe nicht den Eindruck, dass dein Job dich erfüllt. Du könntest kündigen und machen was dir Spaß macht. Fotografieren zum Beispiel.“ „Was? Wie stellst du dir das vor? Wovon sollen Chloe und ich denn leben…“ Wieder fiel er ihr ins Wort. „Mir geht schon sehr lange was durch den Kopf. So eine Idee, die immer mehr Gestalt annimmt. Vor allem, seit ich mit Chloe gesprochen habe.“ „Was meinst du, du hast mit Chloe gesprochen?“ Sie setzte sich auf und sah ihn an. Seinen Gesichtsausdruck konnte sie im Dunkeln nur erahnen. Er seufzte. „Versprichst du mir, dass du mich ausreden lässt?“ Sie sah ihn immer noch prüfend an, nickte dann aber. Als er nicht anfing zu sprechen wurde ihr klar, dass er ihr Nicken nicht gesehen hatte. „Ja,“ sagte sie deshalb leise. 

Er setzte sich nun auch auf und sah sie an. „Also,“ fing er an zu reden, „Ich glaube fest daran, dass jeder Mensch das tun sollte, wofür er brennt.“ Luca öffnete den Mund, doch Louis hob die Hand. „Lu, bitte, du hast es mir versprochen, mich ausreden zu lassen.“ Seufzend nickte sie wieder: „Okay.“ Er kicherte leise. „Okay. Also wie gesagt, ich glaube fest daran. Das gilt auch für Chloe. Sie hat mir erzählt, dass sie und Cara einen Traum haben. Du kennst diesen, nehme ich an?“ Luca nickte wieder. Er nickte ebenfalls und sprach weiter. „Die beiden Mädels haben Talent, wenn es ums Singen geht und das muss man unterstützen. Ich weiß, dass dir und Caras Mutter die Mittel dazu fehlen. Ich kann mir vorstellen, dass euch das schmerzt, da ihr euren Mädels gerne jede Zukunft ermöglichen würdet, die sie sich wünschen und ich bin gerne bereit – euer Einverständnis vorausgesetzt – die beiden in ihrem Traum zu unterstützen. Chloe hat dir sicher von dem Internat erzählt, dass ihnen die entsprechende Ausbildung ermöglichen kann?“ Luca nickte wieder. Sie senkte den Blick. Natürlich wusste sie von Chloes und Caras Träumen. Sie wusste auch, dass es nicht nur ein Teenie-Hirngespinst war. Und sie wusste natürlich, dass beide das Zeug dazu hätten. Chloes Stimme war fantastisch und das bereits seit jungen Jahren. Sie hätte ihr gerne diese Chance ermöglicht, doch die Gebühren des Internats wären nicht für sie zu stemmen, nicht einmal, wenn sie doppelt so viel arbeiten würde. Von ihrem Gehalt würde sie es sich niemals leisten können. Chloe hatte dafür auch Verständnis und trotzdem war sie verständlicherweise traurig darüber. Nach einer kurzen Pause sprach er weiter. „Also wie gesagt, möchte ich den beiden diese Chance gern bieten, wenn du und Caras Mutter zustimmen.“ Luca öffnete wieder den Mund, doch Louis unterbrach sie direkt. „Ich bin noch nicht fertig. Das war nur ein Teil dessen, was mir durch den Kopf geht.“ Jetzt kam der Teil, von dem Louis nicht wusste, wie sie reagieren würde, also holte er nochmals tief Luft. „Ich hatte von Anfang an den Eindruck, dass dir nicht viel an deinem Job liegt. Wenn es um Fotografie geht, dann strahlen deine Augen und du bist Feuer und Flamme. Das ist deine Leidenschaft. Das konnte ich am ersten Abend als wir uns das erste Mal gesehen haben, direkt wahrnehmen. Du bist die geborene Fotografin. Dein Leuchten in den Augen beim Fotografieren, beim Konzert oder als du mich mitgenommen hast oder beim Entwickeln, beim Bearbeiten der Bilder, egal was, deine Leidenschaft in den Augen hat mich umgehauen. Ich liebe diesen Ausdruck in deinen Augen, wenn du tust, was du liebst.“ Er sah sie kurz an, bevor er weitersprach. „Und ich finde, du solltest tun, was du magst, was dir wirklich Spaß macht und nicht in einer staubigen Anwaltskanzlei dein Talent verschwenden. Du hast etwas Besseres verdient. Naja und da ich auch überlegt habe, wie wir zusammen sein können, auch wenn ich mit den Jungs auf Tour bin, dachte ich…,“ jetzt kam das Entscheidende, „also ich dachte – und die Jungs finden die Idee auch super – du könntest als unsere Exklusiv-Fotografin einfach mitkommen.“ Luca schnappte nach Luft. In ihrem Kopf herrschte Chaos: „Aber…“ „Shhh,“ unterbrach er sie wieder sanft und legte seine Hand auf ihren Arm, „ich bin immer noch nicht fertig und du hast es versprochen. Keiner sagt, dass du sofort eine Entscheidung treffen sollst. Ich weiß, dass ist gerade alles sehr viel, was ich dir hier sage. Aber du musst zugeben, dass es die perfekte Lösung für alles wäre. Chloe wäre zusammen mit ihrer Freundin in guten Händen, sie könnten ihrem Traum folgen und du und ich, wir könnten zusammen sein, du würdest trotzdem unabhängig bleiben, weil du dein eigenes Geld verdienen würdest, ich weiß ja wie wichtig dir das ist. Und das ist ja auch in Ordnung. Ihr könntet zu mir ziehen, dein Haus könntest du vermieten, dann hättest du noch eine Einnahmequelle. Tourtermine können so geplant werden, dass wir immer in London wären, wenn Chloe Ferien hat. Alles wäre perfekt.“ Wieder machte er eine Pause. Er hatte sich in Rage geredet und sah sie nun an. „Was sagst du dazu?“ Luca schwieg für eine ganze Weile und starrte ins Dunkle. Sie wusste gar nicht, was sie sagen sollte, ihr schwirrte der Kopf. Er hatte sich wirklich viele Gedanken über eine gemeinsame Zukunft gemacht und das, obwohl sie sich erst seit gut drei Wochen kannten. War das normal? Ihr kam es vor, als läge der Abend des Konzerts schon viel weiter zurück. In der Zwischenzeit war so viel passiert. Es waren lebensverändernde Dinge, die Luca erst mal verarbeiten musste. War sie zu solch schwerwiegenden Entscheidungen überhaupt schon in der Lage? Alles was er gesagt hatte, klang so perfekt. Konnte das funktionieren? Sie wusste es im Moment nicht. Sie sah ihn an. „Das klingt alles zu schön, um wahr sein zu können.“ „Warum?“, fragte er, „Es wäre für uns alle eine wunderbare Lösung.“ „Eben drum. Es klingt schon zu perfekt und ich kann das alles nicht von dir erwarten, dass du…“ „Shhh,“ er legte ihr seinen Zeigefinger auf die Lippen, „es geht nicht darum, was du von mir erwarten kannst. Es geht darum, was das Richtige ist. Und für mich fühlt es sich richtig an.“ Luca wollte etwas erwidern, doch sie hatte keine Chance, da da schon seine Lippen auf ihren lagen.

Picture you  《Louis FF》 abgeschlossen Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt