Flushed cheeks and a speechless mind

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Es war März und ich war mal wieder zu kalt angezogen. Ich stand vor Murphys Haustür und klingelte bereits zum zweiten Mal. Wir wollten uns heute zusammensetzen, um an einem eigenen neuen Song zu arbeiten und dafür mussten wir zum Glück nicht in der Garage hocken. Wir waren um 15 Uhr, also vor zehn Minuten verabredet. Ich war etwas zu spät, aber da die Jungs daran gewöhnt sind, habe ich mir nicht die Mühe gemacht ihnen zu schreiben.

Langsam wurde ich ungeduldig und bewegte meine Hand wieder in Richtung der Klingel. Kurz bevor ich diese drücken konnte, wurde die Tür aufgerissen. „Meine Güte, ich b-... Oh, du bist es. Hi."

Im Flur stand nicht Murphy, sondern Kayla. Etwas überrumpelt starrte ich sie an. Ich hab sie zuletzt vor zwei Wochen in der Garage gesehen und versinke immer noch in Scham, wenn ich an den zusammengebrochenen Stuhl denken muss. Das Mädchen war kurz gekleidet. Ein Sport-BH, eine Shorts und um die Hände trug sie gewickelte Bandagen. Ich hatte zwar keine Ahnung, aber das sah für mich nach Boxtraining aus. Mein Blick fiel dann auf ihre Haare, welche sie in einen Zopf hochgebunden hatte. Ich konnte trotzdem einige gelbe Strähnchen in dem dunkelblau erkennen und ich musste sofort an Dori von „Findet Nemo" denken. „Jetzt steh da nicht so rum, es wird kalt", drängelte sie mich dann ins Haus und schloss die Tür hinter mir, sobald ich ihm angenehm warmen Flur stand. Ich begann meine Schuhe und Jacke auszuziehen und zu meiner Erleichterung verschwand Kayla wieder im Haus. In ihrer Nähe fühlte ich mich merkwürdig. Positiv merkwürdig.

Gerade als ich fertig war und mich mitsamt Gitarre ins Wohnzimmer aufmachte, ertönte die Stimme des Mädchens wieder. „Du bist ganz schön pünktlich." Ich wirbelte herum und entdeckte sie zu meiner Rechten. Sie stand mit einem Glas Wasser in der offenen Küche und betrachtete mich. Ich legte die Gitarrentasche auf das schwarze Ledersofa und bewegte mich langsam zur Küche. „Ich dachte eigentlich ich wäre zu spät. Wo sind Murphy und so?", fragte ich etwas zu offensichtlich verwirrt. „Also wenn du es genau wissen willst, Murphy ist mit unserer Mom in der Stadt und kauft irgendwas für sein Tenniskram. Und wo die anderen Gestalten sind weiß ich nicht, aber sie sollten in 45 Minuten hier sein", erzählte sie während sie sich die Bandagen von der Hand wickelte. Sie schien bis eben trainiert zu haben. Verwirrt griff ich nach meinem Handy und öffnete unsere WhatsApp Gruppe. Eine ungelesene Nachricht von Murphy: „Jo eine Stunde später pls muss noch wohin danke sehr"

Toll gemacht Enya, jetzt kannst du dich eine dreiviertel Stunde hier hinsetzen und warten, weil du mal wieder nicht lesen kannst.

„Ich schätze ich habe Recht?", fragte Kayla dann und ich musste sie nicht ansehen, um zu wissen, dass sie schon wieder grinste. Alles was ich herausbrachte war ein verlegenes Lachen.

Sie muss denken ich bin komplett bescheuert.

„Ja hast du. Dann muss ich jetzt wohl warten. Aber dann bin ich wenigstens zur Ausnahme mal nicht zu spät", kommentierte ich und bewegte mich zum Sofa. Zum einen wollte ich es mir da bequem machen und zum anderen, wollte ich nicht, dass Kayla mein Gesicht sieht, das vermutlich schon wieder rot angelaufen ist. Rot anlaufen, der Klassiker. Nur werden meine Wangen nicht niedlich rötlich, nein nein. Ich sehe viel mehr aus als hätte ich mich gerade am Gewichtheben probiert und dann fünf Minuten nicht mehr geatmet. Mein Gesicht hatte wahrscheinlich gerade diese Farbe und das wollte ich dem anderen Mädchen nicht antun.

Ich hatte mich gerade einigermaßen bequem hingesetzt, als sich auch Kayla zum Sofa bewegte. „Willst du Gesellschaft?" Perplex nickte ich und sah zu wie sie zwei Wassergläser auf dem kleinen Tisch abstellte und eines zu mir herüberschob. Dankend murmelte ich etwas.

„Hab ich dich beim Training unterbrochen?", versuchte ich die Stille zu durchbrechen, welche ich zwar unangenehm fand, aber Kayla nicht zu stören schien. Sie winkte ab. „Alles gut, wollte eh gerade eine Pause machen."

Während Kayla an ihrem Wasserglas nippte, suchte ich einen Weg mich irgendwie zu beschäftigen. Es sind noch knapp 40 Minuten, bis die anderen auftauchen und ich war mir sicher, dass das lange 40 Minuten werden würden.

„Muff hat erzählt ihr arbeitet gerade an einem Song?"

Überrascht über das Interesse nickte ich nur. „Was für einer? Er wollte mir den Text nicht zeigen", fuhr sie fort woraufhin ich lachte. „Ne den zeigen wir noch keinem. Der ist... noch nicht so gut."

„Noch nicht so gut?"

„Ne, wirklich nicht. Passt alles noch nicht zusammen und wir müssen noch die Melodie schreiben und sowas... Wir können dir das ja vorspielen wenns fertig ist", bot ich dann an.

„Ja klingt gut, vorausgesetzt Muff lässt mich das hören. Der wird immer so zickig wenns um eure kleine Band geht."

Ich zog den Kopf ein. Ich kannte das von Murphy nur zu gut. Aber ich bin in der Hinsicht genauso. Bevor die Leute sich über uns lustig machen, halten wir unsere Sachen lieber erstmal geheim. Man könnte meinen, es mangelt uns an Selbstvertrauen, aber so ist das eigentlich nicht. Wenn wir auftreten, können wir die Menschen und deren Meinungen ausblenden. Aber wir spielen wahrscheinlich noch nicht lange genug zusammen, um jede unfreundliche Kritik einfach abprallen lassen zu können. Vor allem Jax macht sich noch wochenlang Gedanken.

„Warum habt ihr eigentlich keinen Namen?"

Gute Frage Kayla

„Ich weiß nicht so ganz. Wir haben noch nichts gefunden was zu uns passt, weißt du? Es muss halt einfach uns so zusammenfassen und irgendwie... naja auch zu unserer Musik passen. Oder zumindest einfach einzigartig klingen." Kayla nickte, obwohl ich mir nicht ganz sicher war, dass sie wirklich verstand, was ich meinte. Sie schien nicht so musikaffin zu sein wie ihr Bruder.

„Aber krass viele Bands haben doch gar keine Bedeutung hinter ihrem Namen, oder?"

„Ja, ist richtig. Aber dann klingt deren Namen wenigstens gut. Wir kriegen ja nicht mal das hin."

Missmutig vergrub ich mein Gesicht in meinen Händen. Es ist wirklich anstrengend, wie lange wir schon an Ideen arbeiten. Nur leider sind die Jungs ziemlich unkreativ.

„Nicht, dass ich da eine Hilfe bin. Aber ihr schafft das schon. Und ihr seid ja noch nicht groß und berühmt, also ist das doch eh erstmal egal."

Groß und berühmt?

Ich musste lachen, fühlte mich aber gleichzeitig geschmeichelt.

„Ja ist klar." Spielerisch verdrehte ich die Augen. „Nein, nein. Ich finde ihr spielt gut. Ich würde mir das live anhören. So auf einem Konzert? Kann ich mir gut vorstellen. Zumindest von dem bisschen was Muff mir mal gezeigt hat." Etwas überrumpelt sah ich sie an. Sie mochte unsere Musik wirklich?

Kayla mag unsere Musik. Kayla mag unsere Musik.

So gut wie es ging versuchte ich meine übertriebene Freude zu verstecken.

„Ehrlich gesagt, wollen wir es demnächst wirklich mal versuchen kleine Auftritte machen zu können. In so Clubs", gab ich zu. Tatsächlich träumen wir seit längerer Zeit davon vor Publikum zu spielen, dass nicht unsere Freunde, Familie oder Schule ist. Nur ist das tatsächlich gar nicht so einfach und es ergibt sich einfach nichts.

„Das hör ich mir an. Ich will dich doch nochmal Gitarre spielen sehen."

Als ich Kayla ansah, grinste sie nur frech und zwinkerte mir zu.

„Jedenfalls, ich muss weiter trainieren. Dir noch viel Spaß beim Warten."

Ohne auf meine Antwort zu warten, verschwand sie aus dem Wohnzimmer. Wortlos blickte ich ihr hinterher. 

Not shy of a spark | gxgWo Geschichten leben. Entdecke jetzt