Kapitel 2
What's Wrong With Me?
Noah Carter stand mit einem grimmigen Gesichtsausdruck am Eingang, welcher in die Kindergartengruppe seines Sohns führte. Immer dann, wenn eine der Erzieherinnen oder einer der Erzieher ihn mit einem freundlichen Lächeln begrüßte, setzte er eine ebenso, jedoch falsche freundliche Miene auf und nickte leicht mit seinem Kopf in deren Richtung.
Es würde nur noch einige Minuten dauern, bis die Uhr 13:00 Uhr anzeigen und Rayne vor Begeisterung kreischend in seine Arme rennen würde. Noah verzog das Gesicht bei dem Gedanken.
Der kleine Junge verstand die kalte und abweisende Art seines Daddys ihm gegenüber nicht. Er war noch zu jung, um zu begreifen, wie sehr Noah ihn verachtete. In der Öffentlichkeit gab er sich Mühe, den Jungen an der Hand zu nehmen oder im Arm zu halten, ohne seinen Missmut ganz offensichtlich zur Schau zur stellen.
Er hielt auch nichts von der Idee, seine Wut in Form von Gewalt an dem Kind auszulassen; ein solch grausamer Mann war er nicht. Noch mehr als seinen kleinen Sohn verachtete er aber sich selbst, da er sich nicht dazu durchringen konnte, ihn tatsächlich mit jeder Faser seines Körpers zu hassen.
Noah konnte, egal, wie sehr er es auch wollte, seinen Sohn nicht hassen. Zur Hälfte schob er es auf die Tatsache, dass Rayne seiner Mutter wie aus dem Gesicht geschnitten sah und zudem für sein Alter von 5 Jahren ein sehr ruhiges und liebes Kind war.
Noah zwang sich, die Galle, welche seinen Hals hochsteigen wollte, wieder hinunter zu schlucken. Ein Blick auf seine lederne Armbanduhr verriet ihm, dass er noch genau eine Minute hatte, bis er Rayne wieder an die Hand und mit sich nach Hause nehmen musste.
Einige andere Elternteile standen geduldig neben ihm und warteten auf ihre Kinder. Als die Tür sich öffnete, stürmten dutzende Mädchen und Jungen aus dem Raum in Richtung ihrer Eltern und fingen an, hastig zu erzählen, was sie alles heute gemacht hatten.
Noah hielt die Luft an, als er bemerkte, dass Rayne auch nach fünf Minuten noch nicht da war. Er hatte bisher noch nie in den Gruppenraum kommen müssen, um den kleinen Jungen zu holen. Innerlich stöhnte er gernervt. Wo ist er denn?
Noah musste wieder ins Büro und hatte keine Zeit für so etwas. Er bewegte sich mit großen Schritten zur Tür und zog sie soweit auf, dass er durch sie hindurch in das große Zimmer konnte, was den Eingang von Raynes Gruppe bildete.
Er schaute sich im Raum um, konnte ihn weder auf oder unter der Holzspielburg, den Spielteppichen oder den Maltischen finden. Ein Blick durch die großen Fenster, die auf das Außenspielgelände gerichtet waren, verrieten ihm, dass er sich tatsächlich dort aufhielt.
Seufzend machte er sich auf den Weg zu der angelehnten Glastür und stieg hinaus in die wärmende Herbstsonne. Er sah Rayne weiter hinten neben einigen Büschen vor einer Rutsche, welche sich auf einem kleinen Berg befand, knien. Eine Erzieherin mit braunen welligen Haaren hockte neben ihm und lächelte, während er ihr etwas erzählte.
"Rayne."
Der kleine junge drehte sich halb zu seinem Vater um und lächelte mit strahlenden Augen. "Daddy!", schrie er, als er aufsprang und die winzigen Arme um die Beine seines Vaters schlang. "Was machst du denn hier draußen?", fragte Noah und schaute zu ihm herunter.
Ein stechender Blick der Erzieherin traf Noah und er strich Rayne durch das dunkelblonde Haar. "Er hat einige Marienkäfer gefunden und freigelassen", beantwortete sie an Stelle des 5-Jährigen.
"Genau! Sie waren so schön; ich wollte sie mit nach Hause nehmen. Aber Julie hat gesagt, ich muss sie nach draußen bringen, damit sie ihre Familie wieder finden können!", erzählte er nun begeistert und legte dann seine Wange an den Oberschenkel seines Vaters.