Familienstreit

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Oh man …“ seufzte Hiccup und ich merkte, dass er seinen Blick von mir abgewandt hatte und nun über meine Schulter nach vorne sah. Ich wollte gerade fragen, was los sei, als ich eine allzu bekannte stimme hinter mir hörte.
„Astrid? Was ist hier los?!“ hörte ich die strenge und beherrschte Stimme meines Vaters hinter mir. Ich konnte es nicht fassen. Mussten sie ausgerechnet jetzt auftauchen? Warum konnte er mich nicht einfach in Ruhe lassen?! Ich seufzte und musste mir wirklich gut überlegen, was ich genau jetzt sagte. Denn jedes falsche Wort könnte von meinem Vater falsch verstanden werden. Ich sah Hiccup in die Augen. Ein Funken von Angst sah ich in ihnen und ich konnte es ihm nicht verübeln. Mit meinem Vater sollte man sich nicht anlegen.
„Ich sorge mich um den Sohn des Oberhauptes“ rief ich in einem beherrschten Ton über meine Schulter und würdigte meine Eltern keines Blickes. Wieso sollte ich es auch. Sie waren drauf und dran mir Hiccup wegzunehmen, was mir das Herz aus der Brust reißen würde. Aber ihnen war es egal. 
„Das ist nicht deine Aufgabe, Astrid!“ sagte mein Vater in einen noch strengeren Ton. Ein Funken von Wut konnte ich aus seiner Stimme vernehmen. Ich verstand es nicht. Wie denn auch, wenn meine Eltern mir Grundlos sagten, dass ich mir einen anderen Mann suchen sollte.
„Doch, das ist sie.“ Sagte ich noch beherrscht, stand entschlossen auf, drehte mich zu meinen Eltern um und schaute sie entschlossen an. Jetzt wollte ich ihnen mal zeigen, dass sie keine Chance gegen mich haben. Jedoch klappte das nicht so, wie ich das wollte. 
„Die Angelegenheiten der Haddocks gehen dich überhaupt nicht an!“ mischte sich jetzt meine Mutter wütend ein. 
„Doch! Das tun sie.“ Entgegnete ich ihr wütend, „Sie gehen mich sogar noch mehr an, als ihr denkt.“ Doch dieses Mal hatte ich den Bogen etwas zu weit gespannt.
„Du kommst jetzt sofort mit uns.“ Die Stimme von meinem Vater wurde immer drohender – kennt ihr den Ruf der Hoffersons? Sei immer Furchtlos? Sei immer die Beste? Schrecke nie vor etwas zurück? Nun ja, das mag ja nach außen erscheinen … doch mitten in der Familie galt dieser Ruf nicht. Glaubt mir, seid froh in einer Familie aufzuwachen, die nicht so viel Wert auf ihren Ruf legt. – 
„NEIN!“ schrie ich meinen Vater an und er konnte es überhaupt nicht leiden, wenn ihn jemand wiedersprach. 
„Astrid …!“ meine Mutter sah mich warnend an. In den Moment kam die Gang wieder mit den Sachen für die Medizin und brachten sie in das Haus der Heiler. Ich wendete mich von meinen Eltern ab und kniete mich wieder zu Hiccup hin, der die ganze Zeit schweigend alles mitbekam. Mir war es sehr unangenehm, dass Hiccup zeuge dieses Streites war. Ich durfte nicht schwach erscheinen.
„Komm Hiccup, wir sollten reingehen.“ Sagte ich beherrscht und wollte ihm gerade hoch helfen, als mein Vater mich unsanft am Arm packte und mich von ihm wegzerrte.
„Lassen Sie sie los!“ sagte Hiccup wütend zu meinem Vater.
„Du hast hier nichts zu sagen!“ gaffte mein Vater ihn an und zerrte mich weiter weg. Ich versuchte mich aus seinem Griff zu befreien.
„Was ist hier los?!“ ertönte die tiefe Stimme von dem Oberhaupt.
„Lass mich los“ Ich versuchte mich immer noch loszureißen und schaffte es auch. Hiccup stand auf und stellte sich vor mich. Normalerweise war es anders rum … glaubt mir … das war wirklich eine ausnahme … 
„Es reicht!“ rief Stoik dazwischen und trat zwischen meine Eltern und Hiccup und mir, „Hiccup! Geh rein, sofort! Und Astrid! Geh nachhause mit deinen Eltern.“
„Nein …“ sagte Hiccup und schüttelte seinen Kopf. Ich hatte mich mittlerweile neben Hiccup gestellt.
„Hör, was das Oberhaupt sagt. Komm jetzt.“ Meldete sich mein Vater wieder zu Wort, doch ich wollte nicht zu ihm. Ich wollte bei Hiccup bleiben, ich konnte ihn jetzt nicht alleine lassen. 
„Nein! Hiccup muss versorgt werden.“ Gab ich das Argument.
„Das können sie Anderen machen. Du gehst jetzt mit deinem Vater.“ Sagte Stoik. Ich konnte nicht fassen, was er da sagte. Wusste er denn nicht, was in unserer Familie los war? Ha, natürlich nicht. Niemand wusste davon, außer Hiccup. 
„Nein! Vater bitte …“ flehte Hiccup seinen Vater an, doch dieser brachte ihn mit seinem Blick zum Schweigen.
„Nein.“ Sagte Hiccup bestimmt, nahm meine Hand und rannte mit mir fort in den Wald. Jetzt kam mir die Idee, einfach abzuhauen und alles hinter mir zu lassen, sehr einladend. Er rief Toothless, der auch gleich kam. Wir setzten uns schnell drauf und flogen hoch. 
„Hiccup, aber was ist mit deiner Wunde?“ fragte ich ihn besorgt. 
„Das ist jetzt völlig egal! Wie konnte es dein Vater erlauben, dich so zu packen?!“ fragte er aufgebracht, doch ich hörte seine Wut gegenüber meinem Vater in seiner Stimme. 
„Er ist mein Vater …“ gab ich nur zur Antwort. Unglücklicherweise reichte das auch als Antwort. Der Vater hat immer die Befehlsgewalt über seine eigenen Kinder, somit durfte er sie behandeln, wie er wollte. Und mein Vater war nicht gerade jemand, der sanft mit mir umging … ganz im Gegenteil. Manchmal lag ich als kleines Kind weinend in meinem Bett und versuchte die Schmerzen zu unterdrücken, die er mir am Tag verpasst hatte, weil ich mal wieder nicht seine Erwartungen erfüllt hatte und nicht gut genug war … das schlimme daran war, dass ich das auch noch glaubte, was mir mein Vater da jeden Tag eintrichterte.
„Wir können ja trotzdem die Medizin herstellen. Ich weiß die Zutaten noch.“ Wechselte ich das Thema, und das aus gutem Grund. 
„Ja, das sollten wir, es tut höllisch weh. Wo müssen wir hin?“ sagte Hiccup und schaute nach unten.
„Am besten zu der Höhle, wo du Toothless gefunden hast. Ich denke, da dürften wir alle Zutaten her bekommen.“ Toothless flog zur Höhle und landete dort. Wir gingen von ihm runter und ich schaute mich um. Nach einer kleinen Diskussion willigte ich ein, dass Hiccup einen Teil der Zutaten holen konnte, und den anderen Teil ich. Ich fand es nicht so prickelnd, doch er ließ mir mehr oder weniger keine andere Wahl. Stormfly kam mir noch zur Hilfe und zusammen brachten wir dann schließlich alle Zutaten zusammen und ich zerrieb sie zu einer äußerst bescheiden aussehenden und riechenden Salbe zusammen. Wir setzten uns an das Ufer des Sees, während ich noch die Salbe vorbereitete. Hiccup zuckte wieder vor Schmerz zusammen und ich musste mich wirklich beeilen. 
„Öffne deine Rüstung und leg dich hin.“ Befahl ich ihm und er tat, was ihm befohlen wurde. Er öffnete seine Rüstung und krempelte sein Hemd hoch, sodass seine Wunden zum Vorschein kamen. ‚Das werden sicherlich Narben‘ dachte ich, als ich ihm die Salbe großzügig auf seine Wunde schmierte. Hiccup entspannte sich und Atmete hörbar aus.
„Tut das gut.“ Seufzte er und richtete seinen Blick auf mich. Ich jedoch ließ meinem Blick nicht von seiner Brust, während ich sie noch einschmierte. 
„Ich würde sie nachher verbinden, wenn sie Salbe noch nicht komplett eingegangen ist.“ Sagte ich konzentriert.
„Das würde wahrscheinlich helfen, aber mit was willst du sie verbinden?“ Ich legte meine Finger an meinen Mund und ließ einen lauten Pfiff ertönen. Stormfly kam sofort zu mir gerannt, ich stand auf und kramte in der Tasche, die an ihrem Sattel befestigt war, bis ich schließlich einen Verbandsrolle raus fischte und sie ihm mit den Worten „Vielleicht damit?!“ präsentierte. 
Er schüttelte leicht lachend seinen Kopf und ich stimmte mit meinem Gelächter ein. Ich kniete mich neben Hiccup hin und bedeutete ihm sich aufzurichten. Stück für Stück legte ich ihm den Verband um seine Brust und machte ihn fest. ‚So, geschafft. Ein Problem weniger‘ dachte ich und half ihm sein Hemd wieder runter zu krempeln und seine Rüstung zuzumachen. Eine Weile saßen wir nur schweigend da, den Blick von den anderen abgewendet, bis Hiccup schließlich die Stille unterbrach und das Wort ergriff.
„… Hei Astrid …?“ fing er zögernd an und wir schauten uns an.
„Ja?“
„Ich habe … irgendwie Angst, zurück zu fliegen …“ sagte er und schaute nach unten. Ich sah ihn mitleidend an und nahm seine Hand. ‚Ich weiß, ich hauch‘. Ich wagte es nicht laut zu sagen, denn es würde ihn nicht wirklich ermutigen. 
„Wir sollten aber wieder zurück fliegen.“ Teilte ich ihm mit. Ich selber war nicht froh darüber, dass ich zu meinen Eltern zurück musste, um mir dann deren Standpauke anzuhören, doch was für eine Wahl blieb mir denn?! Es kam ja leider nie so, wie ich wollte, und damit musste ich mich abfinden. 
„Heute noch?“ grummelte Hiccup sichtlich unerfreut über meine Entscheidung.
„Ja.“ Sagte ich knapp, stand auf und hielt inne. Ich sperrte meine Ohren auf und lauschte. ‚Ich hab doch was gehört …‘ dachte ich, als ich leise stimmen vernahm.
„Was ist?“ fragte Hiccup, der noch immer auf den Boden saß. Ich bedeutete ihm nur, still zu sein und lauschte weiter. Nun waren die Stimmen näher und auch deutlicher zu hören. Mein Gesicht verdüsterte sich und ich sah ihn ernst an.
„Sie sind näher, als ich gehofft hatte.“ Sagte ich kontrolliert.
„Komm, wir verschwinden.“ Ich half Hiccup aufzustehen und wir gingen gemeinsam zu unseren Drachen.
„Soll ich bei dir mitfliegen, oder geht es mit deiner Wunde?“ 
„Es geht schon.“ Hiccup setzte sich auf Toothless Sattel und flog voraus, während ich mich auf Stormfly schwang und ihm folgte. Als wir über unseren Verfolgern flogen, wagte ich einen Blick nach unten und entdeckte meine Eltern mit Grobian. 
„Schnell weg hier! Bleib dicht ran an mir dran.“ Sagte Hiccup, als er auch die Verfolger unter uns bemerkte. Toothless nahm an Tempo zu und wollte gerade weiterfliege, als ich ihn aufhielt.

For the Dancing and the DreamingWo Geschichten leben. Entdecke jetzt