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Rau fegte der Sturm über das flache Land des Osthang-Rudels. Und mitten im Unwetter schrie sich eine zierliche Omega die Seele aus dem Leib. Nicole Evans lag mitten in den Wehen, die Geburt ihres Sohnes war bereits in vollem Gange. Baldwin, ihr Gefährte seit mittlerweile acht Jahren, saß angespannt neben ihr, nicht weniger mit der Situation überfordert als seine Frau. Es war ihr erstes Kind, lang ersehnt und freudig erwartet.

Als Frau des Rudelführers war Nicole mit ihren 27 Jahren eine ältere Mutter, hatte sie schon immer Probleme mit ihrer Fruchtbarkeit gehabt. Dementsprechend wenig verwunderlich war es, das sie nur ein Kind in sich trug, als sie dann endlich schwanger war. Normalerweise erwartete eine gesunde Wandler-Frau zwischen zwei und drei Kindern, doch da sie einen Alpha erwarteten, würde dies kein Problem darstellen.

"Du schaffst das mein Schatz!", ermutigte Baldwin  seine Gefährtin dazu, noch einmal alles zu geben. Seine große Hand lag dabei schützend auf ihrem Babybauch, so lange, wie er mich da sein würde. Die Höhle in der sie vor dem Sturm untergekommen waren stellte keine sonderlich gemütliche Lösung dar, die Wehen hatten sie auf dem Rückweg von ihrem Spaziergang überrascht und durch das Unwetter würden sie es nicht unbeschadet heim schaffen.

Nun saß Baldwin mit dem Rücken an die Wand gelehnt auf dem kalten Boden, Nicole auf seinem Schoß damit die Geburt nicht noch zusätzlich behindert werden würde. Die zierliche Blondine schrie erneut, presste mit aller Kraft. Über den nackten Unterleib hatte sie die Jacke ihres Mate gelegt bekommen.

Endlich gab der größte Widerstand nach und Nicole spürte wie der Kopf ihres Kindes ins Freie stieß. Erleichtert schnaufte sie, atmete kurz durch, bevor die nächste Wehe kam. Dabei fluchte die gebürtige Französin immer wieder in ihrer Muttersprache, sodass sie niemand mehr verstand.

Dann endlich, nach sechs Stunden von Wehen geplagt, war er da, ihr erstgeborener Sohn Silvain Evans. Nicole hatte darauf bestanden, ihrem Kind einen französischen Namen zu geben, womit Baldwin keine Probleme hatte. Er liebte es wenn seine Mate in einer Sprache redete, die er selbst zwar für sie gelernt hatte, aber nicht fließend verstand. Außerdem war er sich sicher, irgendwann würde ihnen das Schicksal einen weiteren Welpen schenken. Doch jetzt würden sie erst einmal genug mit ihrem einen Kind zutun haben, denn junge Wandler waren Volker Energie und mit ihren zwei Gestalten schwer wieder einzufangen. Bei den meisten von ihnen zeigte sich ihr Wolf mit dem zweiten oder dritten Lebensjahr.

"Er ist wirklich wunderschön.", murmelte Baldwin, jetzt schon him und weg von seinem kleinen Mann, welcher noch voller Schleim und ganz knittrig war. Mühsam rappelte Nicole auch auf, wurde sogleich von ihrem Mann gestützt. Vorsichtig nahm der Alpha sein Kind in die Arme, drückte es warm und sicher an seine Brust, damit seine Gefährtin auch verwandeln konnte. Das war wichtig um die Nabelschnur zu durchtrennen und die Heilung eventueller Geburtsverletzungen zu fördern.

Vertrauensvoll schmiegte sich wenig später ihre beigefarbene Wölfin an den großen starken Mann, welcher ihr lächelnd die weichen Ohren kraulte. Zärtlich begann die Omega ihrem Sohn über das kahle Köpfchen zu lecken und ihn zu säubern. Mit dem Brustkorb lag sie über den Beinen ihres Mates, das Hinterteil in die Höhe gestreckt um zum Schluss die Plazenta und Nabelschnur zu gebähren. Hechelnd wedelte sie mit dem Schwanz, versuchte die letzten Wehen zu veratmen. Typisch für die meisten Omegas war auch sie sehr schmerzempfindlich. Doch wenn sie dafür eigene leibhaftige Kinder haben konnte, würde sie diesen Schmerz auch noch ein weiteres Mal auf sich neben, da war sie sich sicher.

Eine Stunde später machten sie sich dann auf den Heimweg. Der Sturm war abgeklungen und Nicole von der Geburt hungrig. Erschöpft hing sie in Baldwins Armen, war noch zu schwach um selbst zu laufen. Ihren Sohn hatte sie neben sich in einem improvisierten Tragetuch hängen, umgebunden um den Oberkörper ihres Mannes. Für den Alpha war es kein Problem seine beiden Liebsten zu schleppen, sodass sie schnell vorankommen und bald darauf sahen sie auch schon das Dach des Rudelhauses, wo sie herzlich empfangen wurden.

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Das laute Gelächter eines Kindes hallte durch das geräumige Wohnzimmer des Königshauses, in dem der Rudelführer mit seiner Familie und seinen Betas lebte. Alle anderen Wandler waren im Rudelhaus nebenan untergebracht.

"Mami, fang mich!", rief Silvain mit der kindlichen Stimme eines Vierjährigen und flitzte davon, um sich hinter der großen Couch zu verstecken, auf dem seine Mutter saß. Nicole wollte zu gern mit ihrem Sohn spielen, doch ihr dicker Bauch ließ das nicht mehr zu. Sie war bereits in der 39. Woche, stand also kurz vor ihrer zweiten Entbindung. Diesmal sollte es ein Mädchen werden, laut ihrem Arzt eine Delta. Mit ihrem Bruder als Alpha würde sie in der Schule also sicher keine Probleme bekommen.

Ächzend erhob die blonde Frau sich um ihrem Welpen etwas zu Essen zu machen, in der Hoffnung, ihn damit ruhig zu bekommen, bis sein Vater wieder Zuhause war und sich um ihn kümmern konnte. Schon den ganzen Tag über freute sie sich auf einen heißes Bad wenn ihr Großer endlich schlief. "Wohin gehst du Mami?", folgte Silvain der Wölfin auf Schritt und Tritt in Richtung Küche. Behände kletterte er auf den grünen Hocker, der eigens für ihn für aufgestellt worden war. Denn obwohl er als Alpha das Mindestmaß von 1,85m garantiert überschreiten würde, so war er eben doch erst vier Jahre alt. Trotzdem wollte er überall mit dabei sein und das machen was für Erwachsenen auch taten.

Schnell rührte Nicole einen einfachen Zeit für Pfannkuchen an. "Silvain mein Schatz, magst du mir ein paar Eier von den Hühnern holen?", wendete sie sich an ihren Sohn, der sofort begeistert nickte und von seinem Hocker rutschte um nach draußen zu rennen. Durch das Fenster beobachtete sie den Welpen dabei, wie er unbeholfen in den Hühnerstall kletterte und wenig später mit drei Eiern in den Händen durch die offene Terrassentür wieder herein kam. "Hier Mami!", rief er stolz. Lachend man Nicole sie ihm aus dem kleinen Händen um sie als letztes zu den anderen Zutaten in die Schüssel zu schlagen.

Während der Zeit in der Pfanne brutzelte horchte der kleine Alpha mit dem Gesicht an auf dem Bauch seiner Mutter nach sehr Schwester. Natürlich spürte auch er die Aufregung seiner Eltern und wollte mit diesem kleinen Wesen interagieren. "Si petit.", murmelte er immer wieder leise, bemerkte gar nicht, das er dabei ins Französische abrutschte. Das passierte ihm häufiger, was des öfteren belustigte aber niemals bösartige Kommentare einbrachte. Dafür war er dem Rudel viel zu sehr ans Herz gewachsen.

Überrascht hielt Nicole inne als sie spürte wie ihr Bauch hart wurde und im nächsten Moment ein Schwall Fruchtwasser ihre Hose durchnässte. Silvain schrie erschreckt auf und rannte zur Haustür. "Papa! Papa!" Sein Vater, der gerade erst aus dem Auto ausgestiegen war, zählte eins und eins zusammen und ließ die Beifahrertür in weiser Voraussicht offen. Dann rannte er ins Innere des Hauses und half seiner Frau aufzustehen. Ihren Sohn nahmen sie mit ins Krankenhaus, denn das konnte noch eine lange Nacht werden.

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Ich muss zugeben, ein bisschen stolz bin ich schon auf mich, das dieses Kapitel so lang geworden ist 😂

Die Leser, die von meinem Hauptaccount rübergekommen sind, werden bestimmt gemerkt haben, das ich hier einen anderen Schreibstil anstrebe. Er erschien mir einfach passender 🙈

Wann das nächste kommt kann ich nicht genau sagen, aber ich arbeite dran ;)

Unsteady / AlphaxOmegaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt