05. 'Cause I've Been Here Before

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~ Tokio, 01. Januar 2015 ~

Neujahr. Zeit das alte Jahr abzuschließen. Ein mehr als beschissenes Jahr. Jedenfalls für mich. Da wäre es mir sogar lieber gewesen, wenn ich mir das Knie erneut verletze. Erst die Trennung von Nishinoya. Dann der Tod meines Vaters. Die Zeit war hart. Ich habe einen großen Teil des Schmerzes immer hinter einer Maske versteckt. Lächelnd. Witze gemachen. Vorgegeben glücklich zu sein. Jedenfalls, wenn ich von Menschen umringt war. Es klappte überraschenderweise jeden Tag aufs Neue. Doch, wenn ich allein war, konnte ich den Druck nicht standhalten. Die Maske fiel. Und ich versank in Trauer und Sehnsucht. Jedes Mal aufs neue merkte ich, wie einsam ich eigentlich war. Um mich herum hatte gefühlt jeder jemanden. Nur ich selbst blieb auf der Strecke. Doch bereits ein paar Stunden später setzte ich mir wieder meine Maske auf. Darauf bedacht mir nichts anmerken zu lassen. Es dauerte Wochen. Monate. Bis ich beides irgendwie verarbeiten konnte. Dank Hina und Kuroo. Mittlerweile ziert ein drittes Tattoo meine Haut. Entlang der Wirbelsäule. 'Life doesn't allow you to be weak'. Dieses Motto musste ich am eigenen Leib spüren. Mehrfach. Aber es erinnert mich daran. Nicht mehr schwach zu sein. Egal was kommt. Das Leben ist eben hart. Und das neue Jahr kann an sich nur besser werden.

Für heute habe ich mir eine kleine Auszeit gegönnt. Von allem und jedem. Einfach etwas Ruhe. Zeit für mich allein. Daher bin ich in der Stadt unterwegs. Laufe durch die Straßen, ohne irgendein Ziel. Bin versunken in meinem Gedanken und denke viel zu viel. Alles könnte doch so einfach sein. Aber ich interpretiere zu viel in Dinge hinein. Zwischen Wirklichkeit und Wahrnehmung liegt ein Gefühlschaos. Ein Chaos ohne Aufklärung. Wie zum Beispiel die wieder aufkommenden Gefühle für Kuroo. Die mich mehr als verwirren. Warum jetzt auf einmal? Jahrelang waren keine romantischen Gefühle mehr für den Kater da. Und ein einziger Moment ändert das? Einen Augenblick, wo ich seinen Halt einfach gebraucht habe. Dabei hat er doch jetzt eine Freundin. Jedenfalls weiß ich, wie sich Kuroo damals gefühlt hat. In der Zeit, als ich noch mit dem Libero zusammen war. Aktuell gehe ich diesen inneren Konflikt so gut es geht aus dem Weg. Obwohl ich weiß, dass es mich einholen wird.

Hina hingegen hat schnell bemerkt, was los ist. Sie hat mich wortwörtlich durschaut. Mit einem einzigen Blick. Aber selbst sie konnte mir dieses Mal keinen Rat geben. Wie denn auch? Ich will wirklich nicht seine Beziehung zu Reyna zerstören. Soweit ich nämlich weiß, ist er glücklich mit ihr. Was er auch verdient hat. Also muss ich da wohl durch. Dafür versucht Hina mich aufzuheitern und abzulenken. Wenn ich so darüber nachdenke, weiß ich nicht, womit ich sie verdient habe. Ich meine, ich bin kein schlechter Mensch, aber auch nicht so gut, dass ich jemanden wie sie verdient hätte. Sie ist und war immer für mich da. Selbst dann, wenn ich mich selbst verlassen hätte. So gerne würde ich ihr etwas zurückgeben. Ein Vielfaches von dem, was ich von ihr bekommen habe. Aber das scheint mir unmöglich. Das einzige, was ich ihr geben kann, ist meine aufrichtige Dankbarkeit. Was, meiner Meinung nach, viel zu wenig ist.

„Da hab ich das verschwundene Kätzchen doch endlich gefunden", reißt mich die Stimme von Kuroo aus den tiefen meiner Gedanken. Erschrocken hebe ich meinen Kopf. Blinzle den Kater irritiert an. „Schau mich nicht so an wie ein verschrecktes Kätzchen." Leicht lege ich meinen Kopf schief. Brauche erst einmal einen Moment, um das Geschehene und Gesagte zu verarbeiten. Geistig bin ich immer noch in meinen Gedanken. „Du kannst dich nicht einfach verschwinden. Wir suchen dich schon die ganze Zeit." Damit kann er nur Hina, Reyna und sich selbst meinen. Aber warum sollten sie mich suchen? Wegen was? „Ich hab euch gesagt, dass ich draußen spazieren gehe." „Ja, vor drei Stunden", antwortet er mir, „Und auf Anrufe hast du auch nicht reagiert."

Schnell hole ich mein Handy raus und schalte es an. Tatsächlich unzählige verpasste Anrufe. „Was ist denn los?", erkundige ich mich, „Ich bin alt genug, um mich allein in der Stadt aufzuhalten." „Hast du es etwa vergessen?" Nachdenklich betrachte ich meinen Gegenüber. Was könnte ich vergessen haben? Mit seinem typischen Grinsen schüttelt er amüsiert den Kopf. „Du wirst ganz schön vergesslich, Kätzchen", neckt er mich, „Wir wollten doch gemeinsam zum Schrein." Natürlich! Das habe ich ja wirklich komplett vergessen. „Na, jetzt aber los. Ich gebe den anderen beiden gleich Bescheid, dass ich dich gefunden habe." Kuroo schnappt sich mein Handgelenk und zieht mich hinter sich her. Augenblicklich jagt ein Schauer durch meinen Körper. Ein angenehmes Kribbeln breitet sich aus. Mein Herzschlag beschleunigt sich. Schickt das Blut schneller durch meine Adern. In meine Wangen, die eine leichte Röte annehmen. Zum Glück kann ich das auf die niedrige Temperatur schieben. Aber warum muss ich mich auch wieder in ihn verlieben? Was fällt meinem Herzen dabei ein? Jahrelang war doch nur Freundschaft zwischen uns. Verdammter Kater. Verdammte Hormone. Verdammte Gefühle!

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