Irgendwie fühlt es sich so an, als würde die Zeit still stehen, denn je weiter ich Tj gehen sehe, desto enger wird mein Brustkorb und desto schwerer werden meine Augen. Sein Körper bewegt sich irgendwie in Zeitlupe. Wie er die Hand dieser Schwarzhaarigen hält, den Baseballschläger schwingt und diese Teenager ihm folgen. Eine eigene Bande, die ihm folgt, fast wie Entenkinder.
Ich lasse mich auf den Boden fallen. Meine Knie berühren den Asphalt und merken deutlich, dass dieser kein Stück für mich nachgibt. Pietro's Worte schallen noch immer in meinen Ohren.
Wir treffen uns am Brandenburger Tor.
Ich will irgendwie gar nicht genau wissen, was er mir dann alles erzählen wird, und gleichzeitig bin ich so wissensdurstig, dass ich es kaum abwarten kann.x
Am nächsten Abend, zum Glück muss ich nicht arbeiten, sondern nur Phil, setzt er mich in der Nähe vom Brandenburger Tor ab. Als ich ihm von Pietro erzählt hab, hat er mich nur misstrauisch angesehen. Er traut keinem, aber er traut generell keinem einzigen Menschen auf diesem Planeten. Er vertraut nur sich selbst - manchen Menschen hilft das.
Andere hingegen bleiben aus genau dem Grund für immer alleine.Der Wind ist kalt und die Sonne längst verschwunden als ich dort ankomme. Ich habe meine Jacke bis zum Kinn hochgezogen und die Hände in den flauschigen Taschen vergraben. An meinem Rücken spüre ich die Waffe, die ich hinten im Hosenbund sitzen habe, und all meine Narben erinnern mich jeden Morgen daran, dass mein Job jeden Tag bloß ein Spiel mit dem Teufel ist. Die etlichen Male, die ich entweder in meiner Ausbildung oder danach verletzt, geschlagen oder angeschossen wurde, kann ich gar nicht mehr nachzählen. Man sollte meinen, dass sowas hier nicht passiert, aber das ist eine Großstadt. Hier passieren Dinge, die man niemals im Leben sehen möchte.
Gänsehaut scheucht die Haare auf meinen Armen auf, als ich nach 20 Minuten warten eine Gestalt am Ende des Platzes entdecke, die stark nach Pietro aussieht. Gleicher Gang, Kapuzenpulli, Hände in den Taschen und ein gestresster Blick von A nach B.
Im Licht einer Laterne erkenne ich dann auch endlich sein Gesicht, doch da hat er mich schon längst erreicht. Was ich sehe, das jagt mir allerdings noch mehr Angst und Bedenken ein.„Was ist mit dir passiert?" Ich strecke meine Hand nach ihm aus, doch die nimmt er sanft in seine und schiebt sie davon. Seine Haut ist warm, meine eisig.
Ich betrachte den Bluterguss um sein linkes Auge, die Kruste an seiner Nase, genau wie den Riss in seiner Unter- und Oberlippe und die Platzwunde auf seiner Stirn und seinem Kinn. Da ist eine Blessur, die ich an seinem Hals erkenne, die er aber zu verstecken versucht. Er sieht aus, als hätte ihn ein Dutzend kleiner Mörderpuppen überfallen.
„Nicht...", atmet er schwach aus. Seine Stimme klingt total zerkratzt. Mein Herz schmerzt, wenn ich ihn so sehe.
„War er das?"
„Komm, wir müssen ein wenig in Bewegung bleiben.", wendet er sich ab und schiebt meinen Körper an. Wir gehen über den Platz und eine Straße runter, die ich ganz gut kenne. Die Straße und unser Ziel ist jedoch das letzte, was mich gerade interessiert.
„War er das?", wiederhole ich. Keine Antwort. „Pietro?"
Ich sehe zu ihm. Er sieht weg, fast so als würde er sich für sein Aussehen schämen. Er atmet laut aus. Wirkt angespannt und total fertig. „Weißt du noch als du mein Erbrochenes weggewischt hast? Als du mir Essen in den Container gebracht und mit mir gesprochen hast, als ich jemanden gebraucht hab?", kurz linst er zu mir rüber, „Du hast mir geholfen dort drinnen nicht komplett aufzugeben."„Ich erinnere mich."
„Lass mich jetzt dir helfen."
„Wie könntest du mir schon helfen?", murmelt er. „Ich weiß ja nicht mal was du hier überhaupt machst."
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LIGHTNING | Buch 2 der Shadows-Reihe
FanfictionJade's Traum war's immer, eine waschechte Polizistin zu werden, doch als sie Tj kennenlernte, änderte sich dieses Vorhaben, denn er ließ sie dunkle Welten kennenlernen, in die sie lieber nie abgetaucht wäre. Jetzt, 6 Jahre später, ist sie tatsächlic...