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Gegen Abend wurde Changbin sich der Realität erstmals wirklich bewusst. Er war wieder einmal wach und saß in einer Position auf dem Bett, die an die Haltung eines Fötus erinnerte. Seine Bettdecke befand sich nicht mehr auf dem Bett - Changbin wollte gar nicht wissen, wo sie lag - und er umarmte seine Knie.

Sie zitterten - warum zitterten sie?

Changbin versuchte sich selbst zu überzeugen, dass Woojin und Seungmin vielleicht falsch lagen und die Symptome mit etwas anderem verwechselten. Aber jeder wusste, dass Elfen mit ihren Voraussagen immer richtig lagen. Sie hatten die unheimliche Fähigkeit, Menschen wie ein Buch lesen zu können und gerade jetzt hasste Changbin diese Fähigkeit.

Changbin würde seiner Mutter die Neuigkeiten bald mitteilen müssen, aber was dann? Sie würde ihn vermutlich ins Krankenhaus bringen, aber die Krankenhäuser hier waren nicht auf übernatürliche Krankheiten spezialisiert. Und er wollte lieber keine Behandlung von dort annehmen, wenn man bedachte, wie die Leute über ihn und seine Art dachten.

Er würde sterben.

Changbin war sich dessen bewusst. Aber nun stellte er sich die Frage: wann würde er sterben?

Normalerweise starben Dämonen-Hybriden, wenn sie Mitte dreißig waren, oder, wenn sie Glück hatten, gegen Ende ihrer Vierziger. Vielleicht lag es daran, dass Dämonen nicht dazu bestimmt waren, sich mit anderen Wesen fortzupflanzen und falls das der Grund war, warum war dann Changbins Mutter mit seinem Vater zusammengekommen?

Sie hatte Changbin wieder und wieder erzählt, dass sie sich in seinen Vater verliebt hatte, aber er konnte ihr das einfach nicht abkaufen. Wie konnte man sich in eine Person verlieben, ohne auf deren äußerliche Makel zu achten. Changbin kam es fast unmöglich vor und manchmal wünschte er sich, seine Mutter hätte ihn nie geboren.

Er würde sterben.

Woojin hatte auch erwähnt, dass er ungewollte Nebenwirkungen bemerken würde. Seine Augen waren bereits der Anfang. Sie waren nicht mehr so rot wie am Morgen und am Nachmittag, aber sie leuchteten noch immer.

Changbin widerfuhr etwas, dass so ähnlich war wie Krebs, auch wenn es kein Krebs war, denn übernatürliche Wesen konnten nicht daran erkranken. Sie hatten im Normalfall eigentlich gar keine gesundheitlichen Probleme, aber hier war er nun.

Seine Augen fielen auf das Handy neben seinem Rucksack und bevor er darüber nachdenken konnte, hatte er sich das Gerät geschnappt und Felix' Nummer gewählt.

Changbin wusste, dass es dumm war und dass er Felix nicht einfach so anrufen konnte. Es war mitten in der Nacht und zu dieser Zeit schliefen die Meisten schon. Die Chancen, dass Felix wach sein würde, waren verschwindend gering.

Hey, hier ist Felix. Wenn du das hier hörst, heißt das, dass ich gerade schlafe oder esse. Auf alle Fälle eines von beidem. Du kannst es später wieder versuchen oder mir eine Nachricht hinterlassen!"

Er seufzte. Er wurde zur Mailbox weitergeleitet, aber was hatte er auch anderes erwartet? Er wählte die Nummer erneut, so wie Mailbox-Felix angewiesen hatte.

Mailbox. Schon wieder.

Er konnte Felix' Handy nichtmal in seinem Zimmer hören, selbst, wenn er das wollte. Seine Fähigkeit, selbst die leisesten Geräusche zu hören, war etwas, das er tatsächlich an sich selbst mochte, aber jetzt nützte ihm nichtmal die etwas.

Okay, noch ein letztes Mal. Changbin versuchte erneut, Felix anzurufen (da er keine Nachricht hinterlassen wollte) und sein Herz machten einen Sprung, als der Anruf tatsächlich durchging.

„Äh...Hallo?", fragte Felix am anderen Ende der Leitung und Changbin hatte das Gefühl, dass der andere lächelte. Die Stimme des Australiers klang rau und tiefer als sonst. Er klang außerdem müde, was kein Wunder war, wenn man bedachte, dass Changbin ihn aufgeweckt hatte. „Changbin?"

hide; changlixWo Geschichten leben. Entdecke jetzt