Kapitel 3

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Aus einer anderen Perspektive heraus beobachtete der Zauberer interessiert das Geschehen. Dieses ganze Szenario, das sich jetzt schon seit der Scheidung ihrer Eltern hinzog, war mehr als amüsant gewesen und erreichte so langsam aber sicher seinen Höhepunkt.

Das Mädchen war faszinierend entschlossen und hoffnungsvoll gewesen. Kaum eine Träne hatte sie bis zu diesem Moment vergossen, der sich ihm nun bot. Außer vielleicht nach dem Streit mit ihrer gefühlskalten Mutter.

Erstaunlich stur und standhaft war sie geblieben, hatte sich aus jedem Tief wieder befreit und tapfer gekämpft, wie eine Löwin. Er hatte fast alles an ihr gesehen. Ihr Glück, bevor ihre Familie zerbrach, die Trauer als es geschah, die Wut, den Hass, die Enttäuschung gegenüber ihrem Vater, das anfängliche Mitleid für ihre Mutter, welches sich schnell verflüchtigte und in die absolute Leere übergegangen war, die sie bei ihrem Auszug aus ihrem Elternhaus zur Schau getragen hatte.

Der Zauberer schmunzelte. Auch wie die kleine Kämpferin sich erholte, hatte er beobachtet und den darauf folgenden neuerlichen Fall. Die tiefe Verzweiflung, die sie nun so geschwächt und hilflos zurückließ, war für ihn sein persönlicher Höhepunkt.

Seine Kämpferin hatte schmerzlich erfahren müssen, was ihm seit Jahren klar war. Kein Happy End in Sicht. Und nun entwickelte sogar sie einen so starken Wunsch, dass sie ihn unterbewusst zu sich rief. Er konnte sich nicht entscheiden, ob er glücklich oder enttäuscht darüber sein sollte, dass sie gebrochen war.

Da sie sich nun aber so hingebungsvoll in den Schlaf geheult hatte und er das alles hatte beobachten können, wollte er mal nicht so sein. Irgendwie hatte er ja doch ein bisschen Mitleid und erkannte etwas von sich selbst in der Kleinen wieder, was ihn überraschte.

Früher hatte er auch Hoffnungen auf ein schöneres Leben nach eigenen Vorstellungen gehabt. Mittlerweile fügte er sich nur noch seinem Schicksal. Was sie wahrscheinlich auch tun würde, sobald sie ihn zu Gesicht bekam. Eigentlich waren sie sich ziemlich ähnlich. Er würde sie wohl nie vergessen können.

Nach diesen ganzen intensiven Momenten mit ihr, würde er auch nach Erfüllung ihres Wunsches noch nach ihr sehen, das nahm er sich fest vor, bevor er ihrem drängenden Rufen endlich folgte.

Mit Hilfe seiner Magie nahm er in ihrem Wohnzimmer vor der Couch Gestalt an, auf der seine Heldin lag und fest, aber unruhig schlief. Sobald er allerdings eingetroffen war, rührte sie sich langsam, als hätte sie seine Anwesenheit gespürt. Der Zauberer konnte sich ein leichtes Grinsen nicht verkneifen. Ein kleiner Hauch von Triumph überkam ihn, als sie sich langsam erwachend ihre müden Augen rieb.

Zunächst schien sie nicht wahrzunehmen, dass er überhaupt da war. Ihre schläfrigen und vom Weinen geröteten Augen blickten glasig durch ihn hindurch, wurden aber schlagartig wieder klar, als ihr Hirn begriff, dass da ein Fremder in ihrer Wohnung vor ihr stand. Aufgebracht sprang sie von ihrer Couch und starrte ihn mit einer Mischung aus Faszination und Misstrauen an.

„Wer bist du?" 

Another Nameless Dandelion StoryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt