Der Unbekannte

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Kapitel 1 - Der Unbekannte

Katsuki POV.

Ich atmete schnell, während ich mich in den Eingang eines kleinen Hauses in einer Seitengasse drückte. Schon hörte ich, wie die ganzen Mädchen an der Gasse verbeirannten, während sie meinen Namen schrien. Erleichtert ließ ich die Schultern hängen und spähte nach draußen, ob auch wirklich niemand mehr zu sehen war.

Vielleicht war es doch nicht die beste Idee, nach dem Gespräch mit meinen Eltern, wütend aus dem Schloss zu rennen. Besser wäre gewesen, mich einfach auf meinem Zimmer einzuschließen. Es war eine Kurzschlussreaktion. Immerhin war es nicht gerade verwunderlich, nach dem, was meine Eltern mir erzählt hatten.

Heute war mein 18. Geburtstag. Jeder würde sich an diesem Tag warscheinlich freuen, immerhin wurde man nicht jeden Tag 18 und galt ab da als erwachsen. Na ja, meine Eltern mussten mir aber natürlich alle Freude direkt beim Frühstück nehmen. Zerstören war das bessere Wort.

Denn sie erzählten mir die freudige Nachicht, dass sie mich tatsächlich verlobt hatten! Ja, richtig gehört. Verlobt. An sich war das ja noch nicht mal der schlimmste Part. Eigentlich hätte ich darauf vorbereitet sein müssen. Heutzutage war es üblich, dass sie Eltern ihre Kinder ohne vorher zu fragen einfach verlobten und daran gab es dann auch nichts zu rütteln.

Aber nun kamen wir zum schlimmsten Teil der ganzen Geschichte: Ich war nun offiziell mit Ochako Uraraka verlobt. Einer Frau. Einer verdammten Frau! Als sie mir das verkündet hatten, hatte ich regelrecht gespürt, wie mein Magen mehrere Purzelbäume gemacht hatten und mir davon fast übel geworden wäre. Sie war wohl die Tochter eines reichen Kaufmanns und damit perfekt für mich, den Prinzen - meinten zumindest meine Eltern -.

Doch das war definitiv nicht die Art von Hochzeit, die ich mir erträumt hatte. Kirishima hatte mich immer davor gewarnt, dass das passieren würde, wenn ich mich nicht outen würde, doch ich hatte ihn ignoriert. Ich hatte Angst davor, mich zu outen. Mich als Schwul zu outen. Das war ich nämlich. Und das wusste niemand, außer Kirishima. Ihm hatte ich es auch nur erzählt, als er sich selbst vor mir outete.

Vor einigen Jahren hatte ich meine Eltern regelrecht angefleht, dass ich nicht sowas wie eine Kammerzofe brauchte. Diese Frau, die etwa in meinem Alter war, war nämlich offensichtlich auch in mich verknallt, so wie jedes andere Mädchen, und ich musste schon immer die Tür abschließen, wenn ich mich umzog, damit sie nicht zwischen durch reinplatzte, um dann kurz erstarrt meinen Körper zu betrachten und dann ein "ups" zu murmeln, bevor sie die Tür wieder zuschlug. Doch das war offensichtlich mit Absicht gewesen.

Meine Mutter bestand trotzdem darauf, dass irgendjemand immer bei mir war, um mir zu helfen, und nach langer Disskusion, wurde Kirishima dann mein männlicher Beschützer, wie er sich immer nannte.

Ein Jahr später outete er sich dann vor mir als schwul. Er meinte, es käme ihm unfair vor, wenn ich mich unwissend vor ihm umziehen würde, wo er doch auf Jungs stand.  Kurzerhand hatte ich ihm auch gesagt, dass ich schwul sei. Trotzdem hatten wir nie was miteinander. Wir waren eher sowas wie beste Freunde, auch wenn das meistens nicht so rüber kam.

Seit Jahren ermutigte er mich nun, dass ich mich auch vor meinen Eltern outen sollte. Schließlich war es klar, dass ich sonst genau in so eine Situation kommen würde, wie ich jetzt war. Doch ich wehrte immer nur ab und meinte, dass sie das schon klären würde. Es war klar, dass sie mich nicht ausversehen mit einem gutaussehenden, heißen Prinzen verlobt hatten, sonder mit dieser Tusse und trotzdem - träumen durfte man ja noch.

Und jetzt musste ich in genau einem Jahr, an meinem 19. Geburtstag, diese Ochako heiraten und darauf hatte ich so gar keinen Bock.

Nachdem ich ein bisschen in den verwinkelten Gassen des Dorfes herum geirrt war, kam ich auf einem kleinen Platz zwischen ein paar Häusern heraus. Auf der Mitte des Platzes stand ein kleiner Brunnen, aus dem das Wasser aus dem Mund eines Fisches sprudelte. Die Häuser darum herrum sahen allesamt verlassen aus bis auf eins. Aus einem kleinen, unscheinbaren Haus, das zwischen diesen großen Häusern eingequetscht schien, leuchtete das Licht.

Ich entschloss mich dazu, das Risiko, dass ich entdeckt wurde, einzugehen und ging zum Brunnen. Dort spritzte ich mir etwas von dem kalten Wasser ins Gesicht. Das fühlte sich schon besser an!

Sich immer vor den ganzen Frauen verstecken zu müssen, war gar nicht so einfach und vorallem stressig. Nie konnte ich irgendwo hingehen, ohne halb überrannt zu werden. Manchmal wünschte ich mir wirklich ein ganz einfaches Leben.

Ich zuckte zusammen, als ich eine Tür quietschen hörte und drehte mich erschrocken um. In dem kleinen Haus, aus dem ich vorhin schon Licht gesehen hatte, trat ein junger Mann heraus. Er sah mich überrascht an, als hätte er nicht erwartet, hier auf jemanden zu treffen.

Er musste ungefähr in meinem Altern sein, vielleicht ein Jahr jünger. Außerdem hatte er zweifarbige Augen und Haare. Sowas hatte ich noch nie gesehen! Seine Haare waren perfekt in der Mitte geteilt und auf der einen Seite rot und auf der anderen weiß. Seine blaugrauen Augen huschten über mein Gesicht, bevor sie an meinen Augen hängen blieben.

"Oh.....Hey. Was machst du denn hier?" fragte er verdutzt und schloss die Tür hinter sich.

Scheiße! Wie konnte ich nur so unvorsichtig sein?! Auch wenn er ein Mann war, hätte ich mehr aufpassen müssen, dann wäre ich nicht entdeckt worden!

"Hey! Warte!" rief er, als ich mich schon zum Gehen wendete.

"Was?!" fragte ich angepisst und drehte mich wieder um.

Was wollte er jetzt? Ein Autogramm? Dass ich ihn küsste?

Ich musste zwar zugeben, dass er sehr gut aussah, aber ich küsste nicht irgendeinen dahergelaufenen Typen. Selbst wenn er gut aussah.

"Was machst du hier?"

Ich blinzelte verwirrt.

"Bitte was?" 

"Na..... Hier kommt eigentlich niemand her. Also, was machst du hier?"

Ich drehte mich etwas mehr zu ihm. Wusste er gar nicht, wer ich war? Erkannte er mich nicht? Aber das war geradezu unmöglich! Jeder hier kannte mich!

"Ich.... hab mich mehr oder weniger verlaufen und bin dann hier gelandet......" erklärte ich langsam.

Er nickte.

"Soll ich dir zeigen, wie du wieder auf die Haupstraße kommst? Ich glaube, von da aus findest du schneller wieder zurück."

"Ähm......"

Völlig perplex starrte ich den Rotweißhaarigen an. Es war mir noch nie passiert, dass mich jemand nicht erkannt hatte. Wer war er, dass er mich nicht kannte?

"Nein, ich.....denke, das musst du nicht tun, aber..... Sag mal, wer bist du?"

Er sah mich verlegen lächelnd an.

"Mein Name ist Shoto Todoroki. Aber wieso fragst du?"

Ich ging etwas näher auf ihn zu und sah ihn mir von oben bis unten an.

"Warum.......?"

"Was warum?" fragte er verwirrt.

"Warum hast du mich nicht erkannt? Oder tust du nur so?"

"Was? Ich weiß jetzt nicht, wovon du redest. Bist du vielleicht auf den Kopf gefallen?"

"Na hör mal! Weißt du eigentlich, mit wem du hier gerade redest?"

Er legte den Kopf schief und sah mich fragend an.

"Nein.... Oder haben wir uns schonmal gesehen? Ich glaube nicht....."

"Also wirklich! Ich bin Katsuki Bakugou, Sohn von Mitsuki und Masaru Bakugou. Der Prinz von diesem Reich! Und du willst mir sagen, du hast mich nicht erkannt hast?"

"Oh!"

Er rieb sich den Nacken und sah verlegen drein.

"Nein, das hab ich wirklich nicht gewusst...."

1216 Wörter

365 Tage |BakuTodo|Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt