Interview langjährige Veganerin

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Vorbereitung

Wir wollten das Interview zuerst mit Herrn S organisieren, der zugleich Arzt und Veganer ist. Weil dieser aber sehr ausgebucht war stellte sich glücklicherweise seine Frau, Frau F, zur Verfügung. Wir freuten uns, dass wir für die VA so eine erfahrene Veganerin interviewen durften. Wir waren gespannt auf ihre persönlichen Erfahrungen mit der veganen Ernährung. Ausserdem werden wir wahrscheinlich zu den Aspekten Identität und Sozialisation, Wirtschaft und Ökologie eine Bereicherung haben. Am Tag des Interviews besprachen wir nochmals unser methodisches Vorgehen und vereinbarten: N tippt die Antworten direkt ins Worddokument ein, F stellt die Fragen und macht schriftliche Notizen und M nimmt das Interview auf und hört Frau Fortuna aktiv zu.

Personenvorstellung

Frau F ist 64 Jahre alt und hat italienische Wurzeln. Bereits als Kind lebte sie vegetarisch. Nun lebt sie seit 30 Jahren mit ihrer vierköpfigen Familie vegan. Der erste Veganer der Familie war Ihr Mann, S. Er lebte als mittelloser Student von Produkten, die von Spitälern und Läden weggeworfen wurden. Dadurch entdeckte er für sich die vegane Ernährung. Er sagte uns, er fühlt sich mit 60 Jahren vitaler, als mit 20 Jahren. Frau Fortuna hatte gesundheitliche Beschwerden (Zystitis) und kam durch Recherchen darauf, dass diese evtl. von Milchprodukten verursacht worden waren. Daraufhin stellte sie ihre Ernährung schrittweise um. Sie war vor, während und nach der Schwangerschaft ihrer zwei Kinder vegan. Von Ihrer Familie kamen viele Vorwürfe, es kam sogar zu einem Familienbruch. Ihre Kinder sind bis heute gesund und leben aus Überzeugung vegan.

Interview


„Vielen Dank, dass Sie sich zu diesem Interview bereit erklärt haben."

„Sehr gerne."

„Was waren Ihre Beweggründe, um vegan zu leben?"

„Ich bin für den Tierschutz und habe nie Fleisch gegessen, weil bereits meine Mutter Vegetarierin war. Wegen meiner gesundheitlichen Probleme (Zystitis) habe ich mich ausführlich über die Ernährung informiert, vor 30 Jahren war das viel schwieriger als heute. Dann habe ich meine Ernährung umgestellt und fühlte mich danach viel besser. Ich habe vor ein paar Jahren einen Film über schlechte Viehhaltung gesehen, welcher mich in diesem Ernährungsstil bestärkt hat. Er war schrecklich, massenweise Tiere ganz eng zusammengepfercht die nie das Tageslicht sehen, drei Wochen alte Kälber werden von den Müttern getrennt, die Tiere erhalten Abfallprodukte zum Essen und bekommen für kleinste Wundern Antibiotika."

„Können Sie uns die häufigsten Beweggründe von Veganern nennen?"

„Viele Menschen machen es wegen der Gesundheit, heutzutage gibt es viel mehr Allergien, immer mehr Menschen erkranken an Diabetes, Arthrose etc. Diese Krankheiten werden zu einem grossen Teil durch Milchprodukte, denn Milchprodukte verursacht eine Säure im Blut, welche die Knochen kaputt macht. Auch der Tierschutz ist ein grosses Thema, schlechte Viehhaltung kommt oft vor und dies kommt vermehrt an die Öffentlichkeit. Ausserdem wird der vegane Lebensstil oft durch viele Medien publiziert. Ebenfalls sehen viele das mittlerweile imposante Angebot an veganer Ernährung in den Läden, vor allem in Italien sind dadurch viele Menschen zu der veganen Ernährung übergegangen. Dort gibt es bei fast jeder Gelateria vegane Glaces. Das verleitet einige dazu, es auszuprobieren. Von diesen Personen wechseln dann einige zur vegetarischen oder veganen Ernährung. Ein anderer wesentlicher Grund ist das soziale Umfeld, hat man da einen Veganer wird diese Ernährung oft empfohlen und manche probieren es aus. Von meiner Tochter haben einige Freundinnen zur vegetarischen oder veganen Ernährung gewechselt, die meisten aus ihrem Umfeld haben ihren Konsum des Fleisches und Milchprodukte deutlich reduziert."

„Wie lief Ihre Ernährungsumstellung ab und wie lange dauerte sie?"

„Ein Jahr lang. Ich ass sehr gerne Käse und konnte mir nur schwer vorstellen, ohne Käse auszukommen. Darum machte ich es so, dass ich immer weniger Käse ass und reduzierte die diversen Sorten und die Menge. Es soll nicht zu schnell gehen, denn wir müssen psychisch gut funktionieren und dürfen uns nicht selber strafen. Zum Schluss habe ich nur noch ganz wenig Käse gegessen. Anfangs war es schwierig. Vor 30 Jahren gab es all diese Ersatzprodukte, spezifische Kochbücher etc., die es heutzutage auf dem Markt gibt, nicht. Darum musste ich alles selber zubereiten. Ich stellte Kokosmilch, Reismilch und Mozzarella etc. selber her. Für die Kinder kaufte ich nach dem Stillen Sojamilch, die gibt es seit ca. 20 Jahren. Mein Mann hat betreffend Umstellung einige Praxisbeispiele, er hat Patienten in vegane Kliniken nach Polen oder auch Indien geschickt. Viele kamen nach drei Wochen vorzeitig zurück oder sie gingen während der Kur regelmässig in die Stadt um Fleisch etc. zu konsumieren. Ernährung ist eine Kopfsache, wir müssen dazu bereit sein und wissen, warum wir was essen und was nicht."

Veganismus und VegetarismusWo Geschichten leben. Entdecke jetzt