Ganz in Weiss

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Die Braut betrat die Kirche. Augenblicklich verstummte der ganze Saal. Die Orgel begann zu spielen. Anmutig schritt die Braut durch den Mittelgang. Über den kunstvoll verzierten Teppich, vorbei an den kleinen Blumensträussen, die an den Sitzreihen befestigt waren, vorbei an den überwältigten Verwandten und Freunden. Stetig auf ihr neues Leben zugehend. Hinter ihr die freudig geröteten Gesichtchen der Blumenmädchen. Alle entzückt zur Braut aufschauend, sich wünschend, ebenfalls einmal eine solche Hochzeit feiern zu können. Die kleinen Finger sorgsam um den feinen Stoff der Schleppe geschlungen, darauf bedacht, den Stoff nicht zu zerdrücken. Der weisse Stoff des Brautkleides schwebte über dem roten Teppich. Feine Spitze schmückte das Kleid an Ärmeln und Dekolleté. Diamanten verzierten die Hochsteckfrisur – nicht echte, aber darauf achtete keiner. Strahlend schritt die Braut an den vor Glück weinenden Angehörigen vorbei auf ihren ebenfalls strahlenden Verlobten zu, der seine Zukünftige bereits sehnlichst erwartete. Sie stieg die letzten paar Treppenstufen herauf, liess sich ein letztes Mal als ledige Frau von ihrem Vater in die Arme schliessen und wandte sich dann dem Pfarrer und ihrem Verlobten zu. Der Kirchliche begann seine Rede. Die Braut senkte den Blick auf den weissen Blumenstrauss in ihren Händen, nur um ihn dann gleich wieder ihren zukünftigen Ehemann zuwenden zu können. Dann hielt Jenna, die Brautjungfer, eine Rede. Wunderschöne Worte. Niedergeschrieben, allein für ihre beste Freundin. Tränen glitzerten in den Augen der Braut, als sie ihre Rede beendete und Lara dafür dankte, hier eine Rede halten zu dürfen und diesen Moment als ihre beste Freundin miterleben zu dürfen. Ihren schönsten Tag noch schöner gestalten zu dürfen. Sie wünschte ihr und ihrem Verlobten alles Gute und alles Glück der Welt, dann verliess sie in ihrem blass-blauen Kleid das Podium. Der Pfarrer räusperte sich, selbst er war von dieser Rede ergriffen. Doch er hatte sich schnell wieder gefangen und begann mit dem Teil der Hochzeitsmesse, der ihm am liebsten gefiel, wegen der er überhaupt hatte Pfarrer werden wollen. Er sprach die Worte mit offenen Armen in den Raum und wartete sehnsuchtsvoll auf die Antwort, die er dem jungen Paar mehr als alles andere wünschte. Die Augen der Braut strahlten mit den Diamanten in ihrem Haar um die Wette als sie antwortete: „Ja, ich will.“

Wie bei jeder klassischen Hochzeit veranstaltete die Frischvermählten eine Party. Ebenfalls wie bei jeder klassischen Hochzeit wurde viel getanzt und gelacht. Und der Champagner floss in Strömen. Das Buffet war grandios und hin und wieder stellte sich die Frage, wer diese Hochzeit wohl finanziert hatte. Doch weder das Brautpaar noch deren engsten Freunde interessierte die Budgetplanung im Moment. Jetzt wurde gefeiert.
„Schenkst du mir diesen Tanz?“ Jenna kicherte, als wäre sie wieder ein Teenager. „Weil du es bist.“ Mason reichte ihr den Arm und seine Freundin liess sich von ihm aufs Parkett führen. Ein langsamer Walzer wurde soeben angespielt, sodass die Tanzkünste des Sportlehrers nicht herausgefordert wurden. Selbst ihm lag nicht jeder Sport, was er aber niemals zugeben würde gegenüber seinen Lehrerkollegen.
„Deine Rede war wunderschön“, murmelte er. Wie schon lange nicht mehr verlor sie sich in seinen moosgrünen Augen. „Aber eigentlich bin ich einfach nur froh, dass du wieder hier bist. Ich habe dich vermisst“, gab er zu. Jenna kuschelte sich in seine Halsbeuge. „Ich habe dich auch vermisst.“ Das Tempo des Tanzes nahm ein wenig zu. „New York ist weiter weg, als es auf der Karte aussieht.“ – „In einem Jahr bin ich zurück und dann bleibe ich hier, drehe nebenbei noch ein paar Filme, während du dein italienisches Restaurant eröffnest. Wie klingt das? Ich könnte dir ein Werbevideo drehen“, schlug sie vor. Er nickte gespielt lange nachdenkend. „Ja, doch, ich könnte mich eventuell dazu herablassen, es ab und an vorzuführen.“ Jenna lachte. „Du Idiot!“ Und dann verpasste sie ihm einen leichten Stoss in die Rippen wie in den alten Zeiten. „Solange ich dein Idiot bin“, lächelte er. „Das bist du“, beteuerte sie und hauchte ihm einen Schmetterlingskuss auf die Lippen.

Blanc ÉclatantWo Geschichten leben. Entdecke jetzt