Kapitel 2

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POV: Maik

Der nächste Morgen

Ich werde schon früh vom Klingeln meines Handys wach. „Ich habe doch gar keinen Wecker gestellt." murmele ich leise, während ich mich verschlafen zu meinem Handy drehe. Es ist Tschick.. soll ich rangehen? In letzter Sekunde drücke ich auf den grünen Hörer, um ran zu gehen.
T: Tschick M: Maik
M: Was willst du? Ich schlafe..
T: Du musst kommen... JETZT! Außerdem, wieso schläfst du, du redest doch gerade mit mir.
M: Warum sollte ich jetzt kommen? Und warum ich eigentlich schlafe? Es ist fünf Uhr am Morgen, natürlich schlafe ich da, aber natürlich musstest du Arsch mich wecken.
T: Selber Arsch. Jetzt komm einfach her, es ist wichtig...
Ohne dass ich antworten kann legt er auf und lässt meine Frage unbeantwortet. „Soll ich jetzt wirklich aufstehen oder einfach nochmal schlafen?" frage ich mich und greife kurzer Hand zum Lichtschalter, um das Licht anzumachen. Ich stehe auf, ziehe mich um, greife nach dem letzten Stück meiner mittlerweile kalten Pizza und verlasse die Wohnung. Es ist noch dunkel draußen und die sperliche Beleuchtung der Straßenlaternen weist mir den Weg zu Tschicks Haus, vor welchem ein alter Mann auf mich zu warten scheint. Ist das Tschicks Onkel? Langsam und bedacht guckt der Mann auf mich zu und sagt irgendwas auf russisch. Die Haustür hinter ihm öffnet sich und Tschick kommt raus. Den Mann stellt er mir als seinen Onkel vor, er scheint auf Grund seiner Homosexualität in Russland verfolgt zu werden und wird die nächsten Tage bei Tschick und seinem Bruder leben. Vorsichtig sage ich: „Ich habe ihn mir irgendwie anders vorgestellt, du weißt schon... die Hosen, von den du mir letztes Jahr erzählt hast und so..." Plötzlich beginnt Tschick, aus mir unerklärlichen Gründen, zu lachen und stammelt kaum verständlich: „Alter, ich habe dich verarscht, als ob der wirklich solche Hosen tragen würde." Genervt rolle ich mit den Augen und frage: „Was ist jetzt? Wieso sollte ich um fünf Morgens zu dir kommen?" Tschick zuckt mit den Schultern: „Nur so, mir war langweilig, also dachte ich, dass ich dir meinen Onkel jetzt vorstellen kann und er uns ein paar Geschichten aus Russland erzählen kann..." „Aber ich spreche doch gar kein russisch.." klage ich in die grinsende Fratze von Tschick, welcher nur mit einem trockenen: „Aber Englisch!" entgegnet. Murrend folge ich den beiden in die kleine, süffige Wohnung, die wohl seitdem die Jungs dort wohnen nicht mehr aufgeräumt wurde. Tschick springt auf das alte Sofa, aus dem jederzeit auch die letzte Feder aufspringen kann und erklärt mir: „Mein Bruder ist noch bei Freunden, er wird morgen oder so wieder kommen." Nun wendet er sich an den Mann, der sich auf dem verstaubten Sessel niedergelassen hat: „Please speak english, Maik doesn't understand you, if you don't." Sein Onkel nickt und fängt an zu erzählen, während ich mich auf die Tischplatte eines Esstisches setze. Er redet eine, zwei, fast drei Stunden ununterbrochen über seine Kindheit , sein Outing, die Verfolgung seines Partners und dessen Tot durch einen Angriff von einer Gruppe homophober Leute.
In zwischen ist es nach acht und ich könnte sofort wieder schlafen. Nachdenklich schaut Tschick mich an und sieht nicht so recht danach aus, als wüsste er, was er sagen soll. Auf einmal springt er vom Sofa auf, welches ein lautes knarren von sich gibt und fängt an, so schnell zu reden, dass ich ihn nicht verstehe. Ich unterbreche ihn, indem ich laut und deutlich sage: „HEY! Slow down, man versteht kein Wort..." Er setzt erneut zum Reden an, do sein Onkel unterbricht ihn und sagt etwas auf russisch. Tschick nickt verständnisvoll, greift nach meinem Arm und zieht mich ohne ein weiteres Wort hinter sich her aus der Wohnung. Auf der Straße kommen wir zum Stehen und er setzt nochmal zum reden an: „Also, mein Onkel will schlafen, wollen wir zu dir gehen und zocken?" Leise gebe ich ein: „Ok, ich würde aber eigentlich auch nochmal schlafen wollen.." zurück und glücklich greift Tschick wieder nach meinem Arm und schleift mich die Straße runter, in Richtung unseres Wohnkomplexes.

Was ist nur mit ihm? Gestern war er noch auf Abstand fixiert und jetzt das? Soll ich ihn fragen? Wie soll ich das finden? Irgendwie ist diese ‚Nähe' schön, aber was hat das zu bedeuten? Hat er mit seinem Onkel gesprochen? Weiß dieser mehr als ich? Lie... liebt er mich? Nein.. nein Maik, denk sowas nicht, ja, Tschick ist schwul, aber er steht doch nicht deswegen gleich auf jeden x-beliebigen Typen... auch wenn es irgendwie schön wä.. was denke ich da schon wieder? Ich weiß doch nichtmal, was ich fühle und dieses Denken lässt mich immer mehr denken, dass ich nicht wirklich so straight bin, wie ich zuvor dachte.. Soll ich ihn nochmal fragen? Fragen wie er es herausgefunden hat? Nein - nein, das sollte ich besser nicht, er wird wieder auf Abstand gehen, das will ich nicht.

Tschick X MaikWo Geschichten leben. Entdecke jetzt