𝑇𝑟𝑎𝑢𝑒𝑟𝑓𝑒𝑖𝑒𝑟

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„Bist du fertig?", klopft meine Mutter an meiner Zimmertür an und streckt ihren Kopf hinein. Ich nicke und betrachte mich im Spiegel. Ein schwarzes Kleid, kein Make-Up und meine Haare fallen mit ihrer natürlichen Wellenstruktur über meine Schultern.

Heute ist die Trauerfeier für Sarah. Ich müsste traurig sein, komplett am Ende aber das bin ich nicht. Im Gegenteil. Ich bin glücklich und könnte Freudesprünge machen, da meine beste Freundin gar nicht Tod ist. Diese Freude darf ich niemanden zeigen, ich muss traurig erscheinen, denn niemand weiß, dass Sarah noch am Leben ist.


Die ganze Northside ist versammelt. Alle stehen still um ein Grab. Ein leeres Grab, denn Sarahs Körper hat man nicht gefunden, wie denn auch? Ich beobachte Ward. Er verdient diese Trauer mehr als irgendjemand auf der Insel. Seinetwegen sind Menschen gestorben, seinetwegen müssen andere Trauern.

Meine Mutter stupst mich mit ihrem Ellenbogen an und deutet mir zum Grab zu gehen. Ich laufe darauf zu und werfe eine Rose hinein. Ich stelle mich zur Seite, sodass sich die anderen auf die gleiche Weise von der Blondine verabschieden können.

„Du siehst nicht traurig aus.", flüstert Rafe neben mir. Er starrt währenddessen weiter auf den Grabstein seiner Schwester. Er ist wunderschön. Eine goldene Rose wird festgehalten von einem weißen Engel. „Ich hab mich schon von ihr verabschiedet.", ich blicke auf Cameron, er sieht traurig aus. Obwohl er Schwierigkeiten mit Sarah hatte und sie ihn verabscheute, war sie noch immer seine Schwester. „Kommst du auch zum Leichenschmaus?", fragt er mich mit ruhiger Stimme. Rafe ist ein Arschloch und ein Psychopath aber trotzdem tut er mir leid. „Natürlich.", beantworte ich seine Frage und lächle ihm aufmunternd zu.

Ward stellt sich plötzlich neben mich, „Danke das du gekommen bist, Alexandra.", Ich versteife und spanne mein Kiefer an. Ich sehe meine Eltern neben einem Baum stehen, „Entschuldigt mich.", laufe ich von den Camerons weg zu meinen Eltern.

„Auf Sarah, die nun auf uns herab blickt und über uns wacht.", hält Ward sein Sektglas in die Höhe und spricht ein Trost aus. „Auf Sarah."

Alle Gäste stehen verteilt im Garten der Camerons. Manche bei der Essensausgabe, manche beim Alkohol und die Mehrheit steht in kleinen Gruppen und redet. Ich sitze auf einen der Sofas, als sich Rafe neben mich setzt.

„Die habe ich ihn Sarahs Zimmer gefunden.", holt er ein paar Bilder aus seiner Jackentasche. Bilder, wo wir noch Kinder waren: wo wir zusammen in einer Badewanne sitzen, wo wir uns im Kindergarten gegenseitig angemalt haben, wo wir im Garten gespielt haben und wo wir kreuz und quer auf meinem Bett geschlafen haben.

Aber auch Bilder wo wir älter waren: wo wir in der Schule sitzen, wo wir bei John B. im Garten saßen, wo wir Surfen waren und als wir am Strand lagen. „Du kannst sie haben.", überreicht er sie mir. „Danke." Meine Augen füllen sich mit Tränen. Diese Momente hatte ich wegen dem ganzen Stress und Drama vergessen. Mein unbeschwertes und glückliches Leben habe ich verloren. Doch dieses jetzige Leben habe ich mir selber zuzuschreiben. Hätte ich mich an meine Eltern gehalten, wäre es nicht so wie es jetzt ist: Gefährlich und dramatisch. Doch ich habe es mir ausgesucht, ob es richtig ist oder nicht werde ich nicht erfahren. Dafür ist es zu spät.

„Aber dieses Bild will ich behalten.", betrachtet er das einzige Foto in seiner Hand. Darauf lachen Sarah und ich. Ich ziehe ihn in eine Umarmung und streichle über seinen Rücken, da sich Tränen in seinen Augen gebildet haben.

Ich löse mich wieder von ihm und plötzlich legt er seine Lippen auf meine.

„Was zum?" Sofort drücke ich Cameron von mir weg und starre in blaue Augen. Er entfernt sich von uns, „Warte JJ!"

𝐖𝐄 𝐍𝐄𝐄𝐃 𝐔𝐒-𝗢𝘂𝘁𝗲𝗿 𝗕𝗮𝗻𝗸𝘀Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt