Die Realität

48 4 5
                                    

Der Regen war, wenn möglich, noch stärker geworden und ein dichter Nebel hatte sich über den Wald gesenkt.

Doch ich merkte die Nässe kaum, die durch meine Kleidung drang. Ich war schrecklich wütend. Nicht nur auf meine Eltern, sondern auch auf diese ganze blöde, verkorkste Welt. Warum konnte mir einfach niemand glauben?

Diese Frage hatte ich in letzter Zeit so oft wiederholt, dass ich mich jetzt zurück nehmen musste, um sie nicht laut herauszuschreien.

Den einzigstens Trost konnte ich mir jetzt nur noch von den Elfen erhoffen. Ich hatte ein paar gute Freunde unter ihnen in den letzten Monaten gefunden, mit denen ich Neuigkeiten aus unseren verschiedenen Welten tauschte.

Wenn es um das Verhalten der Elfen ging, dann widersprachen sich die Bücher stark. Die einen sagten, dass Elfen ein bösartiges und hinterhältiges Volk waren, die einem, sobald man ihnen den Rücken zu wandte, ein Messer in den Rücken jagten, die anderen sagten, dass sie das weiseste und friedvollste Volk überhaupt waren.

Meine eigene Meinung stimmte mit keiner Ansicht überein. Die Elfen waren trotz der äußerlichen Unterschiede und der durch ihre Körpergröße gegebenen Grazie und den vorsichtigeren Bewegungen, nicht viel anders als wir Menschen. Es gab dicke, schmale, dumme, schlaue, hübsche und auch hässliche Elfen.

Auch wenn ich über die meisten Beschreibungen des Volkes in Büchern nur lächeln konnte, orientierte ich mich gern an den Erzählungen. Natürlich waren es meistens Fantasy Romane, die auf eine herzzerreißende Romanze hinaus liefen und sich nur am Rande mit der Thematik beschäftigten und nicht tiefer reichten.

Das einzig wirklich gute Buch, was ich bis jetzt entdeckt hatte, war "Die Mythologie der Elfen", von Samuel F. Ellyll. Dieses Buch schien genau auf dem zu beruhen, was ich erfahren hatte. Und allein schon anhand dieses Buches war die Realität der Elfen besiegelt. Es gab noch mehr Menschen auf dieser Welt, die dieses sonderbare Volk kennen gelernt hatten und mein Ziel war es diesen mysteriösen Samuel F. Ellyll zu finden.

Vielleicht kannte dieser Mann noch mehr Menschen, die an die Existenz der Elfen glaubten und er würde mir bestimmt noch mehr erzählen können, als ich bis jetzt wusste. Doch es gab einen kleinen Haken an der ganzen Sache. Egal, wo und wie viel ich recherchiert, diesen Mann schien es nicht zu geben. Ich hatte jeden gefragte, den ich kannten, ob sie wussten, wer dieser Mann war, aber zugegebenermaßen kannte ich nicht sehr viele Leute.

Meine Eltern hatte, sobald sie hörten, über was Samuel schrieb, aufgehört mir bei meiner Suche zu helfen. Ich war jedoch niemand, der schnell aufgab. Ich würde diesen Autor finden und ich würde auch beweisen, dass Elfen existierten.

Ich plante das alles schon Monate lang, genau gesagt seit dem Tag, an dem ich von den Elfen erfuhr. Sobald ich genug Geld gespart hatten, würde ich mich auf die Suche nach Samuel machen. Wenn es nötig wäre, würde ich sogar meine Eltern zurück lassen, aber das war etwas, dass ich durchsetzen wollte, nein, durchsetzen musste.

Keuchend blieb ich am Waldrand stehen und stützte mich auf meine Oberschenkel ab. In meiner Wut hatte ich nicht einmal bemerkt, dass ich schon fast zum Wald gerannt war. Ein Teil der Wut hatte sich mittlerweile auf dem Weg verflüchtigt und ich sah die Dinge wieder realistischer. Außerdem spürte ich das Brennen der Kerben auf meiner Handfläche, wo ich nach meinem Traum meine Fingernägel eingegraben hatte. Ich merkte plötzlich, wie dunkel es schon war und ich fing unwillkürlich an zu zittern. Was vielleicht auch daran lag, dass mir kaltes Regenwasser unentwegt in die Augen lief.

Im Dunkeln sah der Wald auf einmal nicht mehr so verlockend aus. Ich musste mit mir kämpfen, aber letztendlich war meine andere Option zurück ins Haus zu gehen und das ließ mein Stolz nicht zu.

An Autumn's TaleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt